Kehl

Kretschmann in der Höhle des Löwen

Christoph A. Fischer
Lesezeit 3 Minuten
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14. Oktober 2014
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Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ©Stephan Hund/Archiv

Die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen ist ein Streitthema zwischen den Landkreisen und dem Land Baden-Württemberg. Es geht dabei ums liebe Geld. Dies wurde gestern bei der baden-württembergischen Landkreisversammlung in der Kehler Stadthalle erneut deutlich.

Angesichts des heiß diskutierten Themas Flüchtlingsunterbringung muss sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann gestern bei der Landkreisversammlung in der Kehler Stadthalle wie in der Höhle des Löwen vorgekommen sein. Als er auf dem Podium saß, blickte er in die Augen hunderter Vertreter aus Landratsämtern, Kreistagen und Gemeinden – und diese erwarten mehr Hilfe bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylsuchenden (siehe auch Infokasten). Bevor Kretschmann seine Sicht der Dinge verkündete, erhob der baden-württembergische Landkreis-Präsident Joachim Walter (er ist Landrat in Tübingen) in seiner Rede zahlreiche Forderungen – auch im Bereich Schulpolitik. »Das Land muss laut Verfassungsbestimmung für Aufgaben, die die Landkreise für das Land durchzuführen haben, aufkommen«, erinnerte Walter.

»Wir Landkreise stehen vor der schier unlösbaren Aufgabe, Monat für Monat einer steigenden Zahl von Asylsuchenden, im Wege der vorläufigen Unterbringung, ein Dach über dem Kopf zu geben.« Der Wohnungsmarkt gebe kaum noch etwas her, so Walter. Daher hofften die Landkreise »auf die nun von Bund und Ländern in Angriff genommenen baurechtlichen Erleichterungen«. Kurzfristig allerdings müsse man Wohnraum anmieten – und das gehe ins Geld. Die Pauschalen, die das Land pro Asylbewerber zahle, seien bei Weitem nicht ausreichend (von ihnen muss ebenfalls die Gesundheitsversorgung bezahlt werden) und zudem nicht zielführend, da jeder Fall anders gelagert sei. 12 566 Euro stünden pro Asylbewerber für den Zeitraum von 18 Monaten zur Verfügung.
Von der Flüchtlingswelle stark betroffen ist auch der Ortenaukreis. Zum einen landen hier zahlreiche Asylsuchende: Am vergangenen Wochenende zum Beispiel kamen 33 neue Asylsuchende mit Zügen in die Ortenau. Sie wurden zur Landeserstaufnahmestelle nach Karlsruhe gebracht. 
Richtig schwierig wird es, wenn die Menschen später auf die Landkreise verteilt werden. »Der Ortenaukreis hat in diesem Jahr 975 Asylsuchende aufgenommen, und wir erwarten bis Jahresende 450 weitere«, sagte der Ortenauer Landrat Frank Scherer gestern. Für 300 dieser Personen sei derzeit keine Unterkunft gesichert, führte Scherer aus. »Doch wir arbeiten daran und suchen nach Lösungen.« Notfalls müsse man auf Sporthallen zur Unterbringung ausweichen. Der Landkreis sei auch in Gesprächen mit den Kirchen bezüglich einer Nutzung kirchlicher Liegenschaften.

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Landkreistags-Präsident Walter machte gegenüber Kretschmann auch in Bezug auf die Schulpolitik die Position der Landkreise deutlich. Tenor: Berufliche Schulen sollen nicht unter Gemeinschaftsschulen leiden. Wo es bereits berufliche Gymnasien gebe – das sei mittlerweile vielerorts der Fall –  sei die Einrichtung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen keineswegs sinnvoll. Gemeinschaftsschulen dürften bei der regionalen Schulentwicklung nicht bevorzugt werden. Schon jetzt fordern die Landkreise außerdem, dass das Land der Übernahme von Kosten, die sich durch die Inklusion behinderter Schüler ergeben, nachkommt, wenn die entsprechende Schulgesetzänderung in den kommenden Jahren greift.

Die Mitglieder des Landkreistags Baden-Württemberg wählten gestern in Kehl auch ihr Präsidium. Der Tübinger Landrat Joachim Walter wurde als Präsident bestätigt. Vizepräsidenten sind weiterhin die Landräte Heinz Eininger (Esslingen), Frank Hämmerle (Konstanz) und Karl Röckinger (Enzkreis).

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