Überzeugend – nur etwas teuer: Wir testen Nintendo Switch
Knapp zwei Monate vor der Veröffentlichung in Deutschland konnte die Mittelbadische Presse in München Nintendos neue Spielkonsole Switch ausprobieren. Der Konzern ist nach einigen schwachen Jahren auf den Erfolg des Systems angewiesen – kann das gelingen?
Nintendo will die Videospielwelt verändern – und das müssen sie auch. Denn bei dem japanischen Unternehmen kriselt es. Die letzte Heimkonsole Wii U floppte, derweil nutzen immer mehr Menschen das Smartphone als Spielgerät. Ein neues Konzept musste also her. Das Ergebnis heißt Nintendo Switch und kommt am 3. März auf den Markt. Die Mittelbadische Presse hatte am Dienstag in München schon vorab Gelegenheit, das ungewöhnliche Gerät zu testen.
Zu Hause oder unterwegs
Was also macht Nintendo nun anders? »Mit der Switch ist es egal, wo ich spielen will – es geht überall«, erläutert Pressesprecher Oliver Nickel beim Probespiel in München. Denn: Die Konsole kann zu Hause am Fernseher und unterwegs genutzt werden.
Das funktioniert deshalb, weil die eigentliche Spielkonsole ein mobiles Tablet-Gerät mit eingebautem Bildschirm ist. Zu Hause schiebt der Spieler das Tablet in eine mit dem Fernseher verbundene Docking-Station – und die Anzeige »switcht« auf den großen Bildschirm. Das geht auch umgekehrt. Der Wechsel von TV- zu Tablet-Modus geschieht in einer Sekunde. »Der Nutzer kann sein Spiel vom Fernseher lösen und es nahtlos mit nach draußen nehmen«, beschreibt es Nickel. Der Akku soll bis zu sechs Stunden halten.
Nimmt man die Konsole mit, lassen sich jeweils links und rechts vom Bildschirm zwei Bedienelemente anbringen. Nintendo nennt sie Joy-Con. Sie können auch vom Tablet losgelöst verwendet werden. In manchen Spielen können zwei Spieler gleichzeitig spielen, indem sie je einen Joy-Con in die Hand nehmen.
Rollende Murmeln fühlen
Die Joy-Cons können aber noch mehr – und sind vielleicht deshalb das eigentliche Schmankerl an der neuen Konsole. Denn in ihnen steckt ein Sensor, der die Handbewegungen des Spielers erkennt und ins Spiel überträgt – das dürften viele bereits von der Wii-Konsole kennen.
Zusätzlich schlummert in den Joy-Cons aber ein Vibrationsmotor, der erstaunliches leistet: In München demonstrierte Nintendo das mit einem Minispiel, in dem erraten werden muss, wie viele Murmeln in einer kleinen Schachtel rollen. Die Schachtel hält der Spieler in Form eines Joy-Con in der Hand. Die Murmeln werden indes vom Vibrationsmotor simuliert – und das fühlt sich verblüffend echt an. Kippt man den Joy-Con zur Seite, wird fühlbar, wie eine Murmel auf die andere kullert. Als wären da wirklich welche drin. Diese Technik hat Potential.
Preisliche Schmerzgrenze
Das Murmelspiel gehört zu einer Minispielsammlung, die bei Verkaufsstart erhältlich sein soll und an Familien gerichtet ist. Auch aufwendige Abenteuer-Spiele, darunter ein neues »The Legend of Zelda«, stehen im März im Regal. »Wir wollen Familien ebenso ansprechen wie klassische Gamer«, sagt Pressesprecher Nickel. Neben einem neuen »Super Mario«-Spiel sollen später auch Kassenschlager wie »Minecraft« und »Fifa« erscheinen.
330 Euro kostet die Switch, wenn sie am 3. März erscheint. Ein Spiel ist nicht dabei und kostet bis zu 60 Euro extra. Das ist verglichen mit den günstigeren Konkurrenzkonsolen Playstation und Xbox schon an der Schmerzgrenze. 50 Euro weniger für die Konsole würden sich besser anfühlen. Sieben Spiele gibt es zum Start – das ist auch noch etwas mager.
Auf die Spiele kommt es an
Trotzdem: die neue Hybrid-Konsole hinterlässt einen guten Eindruck. Das Tablet-Konzept hat viel Potential. Nintendo-Spiele in gleicher Qualität zu Hause spielen oder unterwegs – das ist verlockend. Und mit der vielversprechenden Bewegungssteuerung könnte Nintendo verloren gegangene Wii-Kunden zurück gewinnen.
Entscheidend sein wird das Spieleangebot der kommenden Monate. Nintendo hat starke Eigenmarken wie Super Mario und Pokémon, die weltweit beliebt sind. Titel solchen Kalibers braucht die Switch – regelmäßig und wohl dosiert. Dann ist das Gerät sein Geld wert.
Die Technik
Die Switch hat für mobiles Spielen einen 6,2-Zoll-Bildschirm mit 720p-Auflösung. Der Akku soll je nach Spiel drei bis sechs Stunden halten. Zu Hause kommt das Bild per HDMI-Kabel aus der Docking-Station zum Fernseher in 1080p. Online geht die Konsole über WLAN, bis zu acht Geräte lassen sich vernetzen. Es gibt kein DVD-Laufwerk, die Spiele kommen auf speziellen Speicherkarten. Der interne Speicher des Geräts ist 32 Gigabyte und lässt sich mit SD-Karten auf bis zu 2 TB erweitern. (ba)