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Burkhard Lischka: Auftrittsverbote würden Erdogan nützen

Stefan Vetter
Lesezeit 3 Minuten
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13. März 2017

SPD-Innenexperte Lischka: "Ankara muss klar sein, dass Deutschland das Referendum mit großer Sorge sieht und dass unsere Behörden Auftritte von  türkischen Politikern sehr penibel unter Sicherheitsaspekten prüfen. Aber es bleibt auch dabei, dass wir das Gespräch mit der Türkei suchen." ©dpa

Während die niederländische Regierung Erdogan die rote Karte zeigt, dürfen türkische Politiker in Deutschland grundsätzlich  Wahlkampf für den Diktator  machen. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Burkhard Lischka (Foto), sieht trotzdem keinen Anlass für einen Kurswechsel gegenüber Ankara. Warum, erklärte er der Mittelbadischen Presse.

Herr Lischka, muss Deutschland seine liberale Haltung im Umgang mit der Türkei angesichts der eskalierenden Ereignisse in unserem Nachbarland jetzt nicht korrigieren?

Lischka: Sie sprechen zu Recht von einer Eskalation, die alle beunruhigen muss. Das ist ein Konflikt zwischen Bauch und Verstand. Mir persönlich widerstrebt es, dass türkische Regierungspolitiker außerhalb ihres Landes für ein Referendum werben, mit dem die Demokratie ausgehöhlt wird. Und viele Bürger in Deutschland würden es sicher auch gern sehen, wenn Berlin mal so kräftig auf den Tisch haut, das er zerbricht. Nur was kommt danach? Die Probleme werden jedenfalls nicht so schnell verschwinden, wie der Tisch zusammengebrochen ist. Niemand kann ein Interesse daran haben, alle Gesprächsfäden  mit der Türkei zu kappen.

Das klingt eher nach Duckmäuserei.

Lischka: Nein, aber die Türkei ist, ob wir es wollen oder nicht, ein Schlüsselland, weil es zwischen den europäischen Außengrenzen und den Kriegsländern Syrien und Irak liegt. Ohne die Türkei würden diese Krisen noch viel näher an uns heranrücken. Stichworte Terror und Flüchtlinge. Ohne die Türkei können diese Probleme schon gar nicht gelöst werden.      

Also keine Solidarität mit den Niederlanden?

Lischka: Wichtig ist, eine klare Haltung zu zeigen. Ankara muss klar sein, dass Deutschland das Referendum mit großer Sorge sieht und dass unsere Behörden Auftritte von  türkischen Politikern sehr penibel unter Sicherheitsaspekten prüfen. Aber es bleibt auch dabei, dass wir das Gespräch mit der Türkei suchen. 

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Besteht nicht die Gefahr, dass jetzt noch mehr Politiker aus der Türkei in Deutschland auftreten, wenn andere EU-Staaten die Schotten dicht machen?

Lischka: Nein, das glaube ich nicht, zumal es ja auch in Deutschland zu wohl begründeten Absagen von türkischen Wahlkampfveranstaltungen gekommen ist. Das muss immer wieder im Einzelfall entschieden werden. Ein generelles Redeverbot für türkische Politiker würde viele hier lebenden Türken erst recht der Propagandamaschinerie Erdogans zutreiben.

Aus der Union kommt die Forderung, die doppelte Staatsbürgerschaft abzuschaffen. Ist das ein Mittel, um gegen Erdogan Flagge zu zeigen?

Lischka: Was der Doppelpass mit dem aktuellen Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei zu tun haben soll, erschließt sich mir überhaupt nicht. Die Abschaffung  des Doppelpasses würde kein einziges Problem lösen. Vielmehr kämen neue hinzu. So würden wir damit auch türkischstämmige Mitbürger ausgrenzen, die mit Erdogan  nichts am Hut haben. Mit der SPD wird es keine Abschaffung des Doppelpasses geben.

Erst in der vergangen Woche wurde einem Politiker der Linken ein Besuch der in der Türkei stationierten Bundeswehrsoldaten verweigert. Wäre es da nicht besser, unsere  Soldaten abzuziehen und damit ein Zeichen zu setzen, dass sich Deutschland nicht alles von Ankara bieten lässt?

Lischka: Solche Besuchsverweigerungen gab es schon im vergangenen Jahr. Und schon damals wurde über eine Verlagerung der Bundeswehr diskutiert. Ich setzte auch hier weiter auf die Nutzung diplomatischer Kanäle. Aber wenn das alles nichts nützt, muss der Abzug der Bundeswehr aus der Türkei eine Option sein.

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