Linkes Lager ist ernüchtert
Sieger treten an Wahl-abenden immer ganz früh an die Mikrofone. Martin Schulz kommt an diesem Sonntag erst um 18.40 Uhr auf die Bühne des Berliner Willy-Brandt-Hauses, als die Konkurrenz längst vor die Kameras gegangen ist. Das Saar-Ergebnis liegt schwerer im Magen als die Curry-Würste, die die SPD-Genossen ihren Gästen anbieten. »Es gibt nichts zu beschönigen«, sagt der Kanzlerkandidat.
Kein Schulz-Hype
Vom Schulz-Hype ist schon seit dem Moment der ersten Hochrechnung in der SPD-Zentrale nichts mehr zu spüren. Der Merkel-Herausforderer versucht ihn trotzdem irgendwie aufrechtzuerhalten, mit einer Fußballerweisheit. Das geht in solchen Lagen bekanntlich immer. »Wenn man einen reinkriegt, muss die Mannschaft zusammenrücken und kämpfen«, sagte der 61-Jährige. Und fügt hinzu, dass er sicher sei, »das wir die nächsten Tore machen«. Nämlich in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Da brandet so etwas wie Beifall auf. Das Schulz dann hinzufügt, so wie jetzt der Amtsbonus für CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer gewirkt habe, werde er bei den nächsten beiden Landtagswahlen im Mai den SPD-Ministerpräsidenten nutzen, wirft eine Frage auf: Für wen arbeitet der Amtsbonus im Herbst bei der Bundestagswahl?
Schulz gratuliert Kramp-Karrenbauer schnörkellos für ihren Wahlsieg. Wie er das sagt, ist freilich auch eine Botschaft: Dieser Wahlabend ist aus seiner Sicht gelaufen, selbst wenn es die Grünen wider Erwarten doch noch in den Landtag schaffen sollten. Dass die Möglichkeit, wenn schon nicht für Rot-Rot dann doch für Rot-Rot-Grün bestehen könnte, hält viele Gäste der SPD-Wahlparty so lange aufrecht, wie die Hochrechnungen den Grünen noch Hoffnung auf einen Sitz im Parlament geben. Also etwa eine halbe Stunde. Es gibt auch Genossen wie Justizminister Heiko Maas, die die rot-roten Gedankenspiele im Saarland für die Ursache der Niederlage halten. »Lafontaine polarisiert halt bis weit in die SPD hinein. Das hat sicher nicht geholfen«, sagt der SPD-Landeschef.
Erheblicher Dämpfer
Mit der ersten Landtagswahl des Jahres bekommt der Traum von einem rot-rot-grünen Regierungswechsel nicht nur im Saarland einen erheblichen Dämpfer, sondern auch im Bund. Und die Möchtegern-Partner gehen schon aufeinander los. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagt, seine Partei sei im Soll gewesen, aber die SPD nicht. Wenn Martin Schulz wirklich einen Politikwechsel wolle, müsse er »das konkreter untersetzen«. Zum Beispiel solle er erklären, dass er keinesfalls in ein Kabinett Merkel eintreten werde. Linken-Parteichefin Katja Kipping wiederum sorgt sich um die Grünen. Das Saarland zeige, »dass ein Mitte-Links-Bündnis alle drei Partner braucht«, sagt sie. »Es ist ein falscher Weg, wenn einer draußen bleibt.« Für die Grünen reagiert Parteichefin Simone Peter mit einem Durchhalteappell: »Für uns heißt das jetzt, Gas geben für die nächste Wahl.« Einen gemeinsamen positiven Akzent hört man bei SPD, Grünen und Linken in Berlin: Die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung so hoch war und das Ergebnis der AfD so niedrig. Uwe-Karsten Heye, Ex-Regierungssprecher von Schröder, sagt: »Die Leute wehren sich gegen die AfD.«