Milliardär vs. Papst der Armen
Es mag Papst Franziskus nicht gefallen haben, was US-Präsident Donald Trump bisher so alles von sich gegeben hat. Doch das Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken hält Trump die Tür auf.
«Ich fälle nie ein Urteil über eine Person, ohne sie anzuhören», sagte Franziskus vor Kurzem. Nun treffen sich also im Apostolischen Palast im Vatikan zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und die eine vollkommen unterschiedliche Agenda verfolgen.
Auf der einen Seite der amerikanische Milliardär mit seinem goldglänzenden Trump-Tower. Auf der anderen Seite ein Argentinier mit Migrationshintergrund, der im Vatikan den Palast gegen ein schlichtes Gästehaus mit Blick in den Hinterhof getauscht hat. Hier ein Mann, der Menschen aus einigen islamischen Ländern die Einreise in die USA verwehren will. Dort ein Mann, der syrische Flüchtlinge von der griechischen Insel Lesbos mit in den Vatikan nimmt. Hier einer, der nicht selten mit seinem Reichtum prahlt. Dort einer, der als Patron der Armen und «Slum-Papst» gilt. Hier ein Mann, der einen Mauerbau plant. Dort ein Mann, der Brücken errichten will.
«Es ist das erste Mal in der Nachkriegszeit, dass für den Vatikan Washington zu einer problematischen Hauptstadt geworden ist», sagte Marco Politi, Autor mehrerer Vatikanbücher. Die sozial- und weltpolitische Auffassung der Regierung Trump und des Vatikans seien völlig entgegengesetzt, zum Beispiel beim Thema Migration und Umweltschutz. Der Kirchenstaat verfolge im Gegensatz zur US-Regierung eine vorsichtige Diplomatie.
Auch wenn die Kategorisierung in «good guy - bad guy», also zwischen Gut und Böse, die öffentliche Debatte bestimmt und sich kürzlich sogar in polemischer Straßenkunst auf einer Hauswand in Rom wiederfand: Sie reduziert den Besuch auf ein Klischee. Bisher stand die Beziehung von Trump und Franziskus allerdings unter keinem guten Stern. Vor allem seit dem Besuch Franziskus' in Mexiko, bei dem er 2016 den damaligen US-Präsidentschaftskandidaten wegen dessen Plänen, eine Mauer zu Mexiko zu bauen, kritisierte.
«Eine Person, die daran denkt, Mauern statt Brücken zu bauen, ist nicht christlich», so der Papst. Trump konterte: «Wenn der Vatikan vom IS angegriffen wird, was das Ziel der Terrormiliz ist, wird sich der Papst noch wünschen und dafür beten, dass Donald Trump Präsident ist.»
Nun ist Trump US-Präsident - und der Vatikan sich wohl bewusst, dass er die Großmacht Amerika mit ihren etwa 70 Millionen Katholiken auch für seine Ziele braucht. Der Republikaner Trump kann sich derweil neben dem 80 Jahre alten Papst als einer präsentieren, der mit dem populären Mann in Weiß gut kann. Franziskus und Trump wüssten beide, dass die USA die führende Weltmacht und der Vatikan eine führende moralische Rolle in der Welt hätten, erklärte John L. Allen Jr, Vatikan-Experte des katholischen Portals «Crux». «Es ist im Interesse aller, dass die beiden gut miteinander auskommen.»
Es gilt als ausgemacht, dass Franziskus Trump aufrufen wird, für den Frieden zu arbeiten. Dem Pontifex liegt zudem der Klimaschutz am Herzen - Trumps unternehmensfreundliche Politik entspricht da so gar nicht der Linie des Papstes. Auch Trumps Aufrüstungsabsichten sind das Gegenteil von dem, was Franziskus will.
Während sich die beiden einig sind, dass der islamistische Terror bekämpft werden muss, differieren sie umso mehr, wie das geschehen soll: mit Waffen oder mittels Bildung und Dialog? Die milliardenschweren Waffendeals, die Trump vor wenigen Tagen in Saudi-Arabien abgeschlossen hat, widersprechen zu 100 Prozent der Vatikan-Linie. Immerhin: Trumps Tochter Ivanka wird bei dem Besuch in Rom die katholische Hilfsorganisation Sant'Egidio besuchen, die sich besonders für Migranten und Schutzbedürftige einsetzt.
«Dem Papst geht es darum, die Fühler auszustrecken, herauszufinden, was für einen Kanal der Verständigung man finden kann», so Politi. Denn Trump ist auch für den Papst eine Schlüsselfigur. Denn vielen konservativen Katholiken in den USA ist Franziskus' «Modernisierungskurs» ein Dorn im Auge. «Viele amerikanischen Kardinäle sind enttäuscht (...) von einem Papst, der über Homosexuelle, Familie und Scheidung in einer Art und Weise redet, die weit von ihren Prioritäten entfernt liegt», sagte Massimo Faggioli, Professor für Religionsstudien an der Villanova-Universität in den USA. Bei Hardlinern gilt der konsumkritische Franziskus gar als «Marxist».
So unterschiedlich die beiden Männer auch sind. In einigen Punkten liegt Trump mehr auf Linie mit Franziskus als sein Vorgänger Barack Obama: Seine Partei steht traditionell auf der Seite der Abtreibungsgegner und die Rechte für Homosexuelle sind nicht die oberste Priorität der Republikaner. Und beide sind bei ihren jeweiligen Anhängern so beliebt, weil sie eine einfache Sprache sprechen und vom «einfachen Volk» und nicht der «Elite» stammen. Vielleicht finden sie an diesem Mittwoch eine gemeinsame Sprache - oder es bleibt bei einer symbolhaften Begegnung.