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Prestigekampf der Schwestern

Hagen Strauß
Lesezeit 4 Minuten
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31. Mai 2016

Wo geht es lang? Die ständigen Angriffe von CSU-Chef Horst Seehofer gegen die Kanzlerin haben dazu geführt, dass das System Merkel als Ganzes in Frage gestellt wird. ©dpa

Manche versuchen, den Konflikt zwischen CDU und CSU noch herunterzuspielen. Gleichwohl zeigt sich, dass das Verhältnis zwischen beiden Parteien nachhaltig gestört ist.
 

Berlin. CDU-Generalsekretär Peter Tauber war gestern darum bemüht, die Dinge nicht »künstlich hoch zu kochen«, wie er meinte. Die Wahl des Ortes für die gemeinsame Klausur von CDU und CSU am 24. und 25. Juni hänge schlichtweg davon ab, »ob man dort gut arbeiten und diskutieren« könne. Außerdem wisse er nicht, was Edmund Stoiber dazu bewogen habe, »zu diesem Urteil zu kommen.« Das CSU-Urgestein hatte erklärt, das Verhältnis der Schwesterparteien sei an einem historischen Tiefpunkt angelangt. Ist es wohl auch.
Jahrzehntelang lebten beide Parteien in einem sich gegenseitig befruchtenden Spannungsfeld; die CSU deckte die rechte und konservative Flanke ab, die CDU sorgte für die Modernisierung und die Positionierung in der Mitte. Doch dieses Muster funktioniert offenkundig nicht mehr, seit Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik auf offene statt geschlossene Grenzen gesetzt hat. Die ständigen Angriffe von CSU-Chef Horst Seehofer gegen die Kanzlerin haben dazu geführt, dass das System Merkel als Ganzes in Frage gestellt wird – erst jetzt dämmert vielen in der Union, dass die Ostdeutsche aus der CDU eine andere Partei gemacht hat. 
Was ist an der Union eigentlich noch konservativ, wieso kann auf einmal mit der AfD rechts von ihr eine neue Kraft entstehen, was doch niemals sein durfte? Das fragen nicht mehr nur jene, die schon lange mit dem Kurs der Parteichefin hadern. Die Auffassung, Merkel liege in der Flüchtlingsfrage falsch und sei auch sonst nicht mehr auf der Höhe der Zeit, scheint sich langsam in der Breite der Partei zu verfestigen. Zumindest glaubt das manch ein Abgeordneter als Stimmung in seinem Wahlkreis wahrzunehmen.
Inzwischen wird vieles diskutiert, was bisher unmöglich schien: dass die CSU zum Beispiel mit einem eigenen Spitzenkandidaten in die Bundestagswahl 2017 geht oder dass sie ein eigenes Wahlprogramm präsentiert. Genüsslich werden diese Gerüchte immer wieder aus Bayern befeuert. Es ist eine von Seehofer gewollte Politik der Nadelstiche gegen Merkel. Manch einer hält sogar eine bundesweite Ausdehnung der Christsozialen für nötig, in der Hoffnung, so die AfD zu marginalisieren. Auch auf die Gefahr hin, dass sich CDU und CSU am Ende dann eher gegenseitig kleinmachen. Soweit wird es aber wohl nicht kommen. »Dagegen spricht jegliche Vernunft«, heißt es zumindest aus der CDU.
Während man in der gemeinsamen Bundestagsfraktion nach wie vor »ganz gut« zusammenarbeitet, sind die Parteiführungen sich alles andere als grün. Bislang ist die Kanzlerin störrisch dabei geblieben, sich aus Bayern keine Diskussion aufzwingen zu lassen. So gut es eben geht. Auch wenn die Querschüsse und bisherigen Krisentreffen »Zeit und Nerven kosten«, wie einer aus der Regierung sagt. Das gegenseitige Misstrauen und der Frust über sinkende Umfragewerte führen jedoch dazu, dass mittlerweile selbst die Wahl eines Tagungsortes für die Ende Juni geplante gemeinsame Klausur der engeren Parteiführungen zur Prestigefrage wird. So soll laut »Spiegel« Seehofer Merkels Angebot abgelehnt haben, das Treffen in Berlin auszurichten. Auch habe ein zusätzlich angebotenes zweites Treffen nach der Sommerpause in München den CSU-Chef nicht umgestimmt. Im Gegenzug soll Merkel Nein zu Seehofers Vorschlag gesagt haben, den Friedensgipfel in Leipzig abzuhalten.
Vorgespräche dazu finden nun statt – wie bei einem kniffligen Treffen von sich nicht gerade wohlgesinnten Staats- und Regierungschefs. »An der CDU liegt es nicht«, betonte Tauber. Die Zusammenkunft sei als »Diskussionstreffen« geplant. Dabei gehe es aber nicht darum, schon Pflöcke für ein gemeinsames Wahlprogramm einzuschlagen. Seehofer ließ aus München wissen: »Klausur macht nur Sinn, wenn was Handfestes rauskommt.« Auch dürfe die Tagung »nicht irgendeine Wortakrobatik sein, sondern muss belastbar sein und eine Zukunftsvision enthalten«. Kaum vorstellbar ist freilich, dass danach alles wieder gut sein wird zwischen den Schwestern.

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