Sigmar Gabriel ist der richtige Kanzlerkandidat
Zwei Redakteure, zwei Meinungen: Jeden Samstag stellt die Mittelbadische Presse in der Reihe "Pro & Kontra" zu einem kontroversen Thema zwei Positionen gegenüber. Ausbau der Rheintalbahn oder Nato-Einsätze - diskutiert wird, was polarisiert. An diesem Samstag lesen Sie: Christoph Fischer und Markus Fix über den SPD-Vorstizenden Sigmar Gabriel.
Pro von Christoph Fischer
Ein Mann von Format
Stellen Sie sich vor, es ist Bundestagswahlkampf, und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat keinen Kanzlerkandidaten. Das wäre ja wie Weihnachten ohne Tannenbaum, wie Tom ohne Jerry oder wie ein Sommer ohne Stechmücken – undenkbar! Natürlich sollte die SPD den Anspruch haben, den nächsten Bundeskanzler zu stellen, und da ist ihr Parteichef die erste Option – und die beste!
»Was ist mit Frank-Walter Steinmeier?«, werden Sie jetzt vielleicht fragen. Nun, der Außenminister holte unter denselben Voraussetzungen – Große Koalition mit Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier – im Jahr 2009 für die SPD nur 23 Prozent der Stimmen, das schlechteste Ergebnis der Partei im Bund. Steinmeier hatte seine Chance und hat sie nicht genutzt.
Parteichef Sigmar Gabriel hingegen wandelt sich gerade von einem Wankelmütigen zu einem, der nicht nur körperlich Format besitzt. Er kämpft mittlerweile mit ganzem Herzen für die soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Mit Verve setzt er sich für die Rettung der Kaiser’s-Tengelmann-Arbeitsplätze ein. Ein von manchen diskutiertes gesetzliches Renteneintrittsalter von 69 Jahren in ein paar Jahrzehnten nannte Gabriel jetzt »eine bekloppte Idee«. In der Sache hat der Niedersachse Recht – und die flapsige Ausdrucksweise wirkt im Gegensatz zu Merkels Art erfrischend.
Kontra von Markus Fix
Das Wasser des Eremiten
Sigmar Gabriel ist der einzige Genosse bei der SPD, der sich bereit erklärt hat, als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl zu ziehen – das macht ihn aber nicht zum richtigen. Nur weil weit und breit keine Alternative in Sicht ist, kann man ihn nicht als bestmöglichen Kanzlerkandidaten verkaufen. Da könnte der Eremit in der Wüste genauso gut sagen, am allerliebsten trinke er sandiges Wasser aus seinem Brunnen, nur weil er sich nicht eingestehen möchte, dass Cola oder ein kaltes Bier nun mal ganz einfach nicht zur Verfügung stehen.
Nein, Herr Gabriel ist nicht der richtige Kanzlerkandidat für die SPD, da man dem derzeitigen Bundeswirtschaftsminister eines ganz einfach nicht abnimmt: das Soziale. Zu selten stellt er sich hinter die Rechte und Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung, zu oft gibt er klein bei vor dem Wirtschaftsflügel der Union.
Für viele Wähler, die bei der kommenden Bundestagswahl eine soziale Partei wählen wollen, ist die SPD deshalb außen vor, da Sigmar Gabriel als eines der prominentesten Gesichter der Partei sich mit seinen Ansichten und Forderungen einfach nicht genug von der Union abhebt. Vielmehr macht er den Eindruck, dass Deutschland unter einem Kanzler Sigmar Gabriel genau so weitermachen würde wie bisher unter Kanzlerin Angela Merkel. Und wer das möchte, kann gleich die CDU wählen.