Kommentar des Tages

Türkei-Referendum: Endlich Schluss mit dem Kuschelkurs

Wolfgang Kollmer
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17. April 2017

(Bild 1/2) ©Michael Kappeler/dpa

Wolfgang Kollmer, der Redaktionsleiter der Mittelbadischen Presse, kommentiert den Ausgang des Referendums in der Türkei am Sonntag. Die Abstimmung war mit einer knappen Mehrheit für eine Verfassungsänderung hin zu einem präsidentiellen System und damit zu mehr Macht für Staatschef Erdogan ausgegangen. 

Seit Sonntag steht fest, was viele Jahre als Fantasterei eines Größenwahnsinnigen abgetan wurden: Die Türkei bricht mit der säkularen, aufgeklärten, westlich ausgerichteten Politik der kemalistischen Republik und wählt ein chauvinistisch-islamistisches Potentatentum à la Turkmenistan. 

Eines muss man Recep Tayyip Erdogan dabei lassen: Er hat in den letzten 15 Jahren auf extrem rabiate und hartnäckige Weise bewiesen, dadss er auch mit größten Widerständen fertigwerden kann. Er hat die AKP zu einer Machtmaschine mit ihm als Motor umfunktioniert, die das allmächtige Militär und die säkulare Führungsschicht ausgebootet hat. Und den Putsch im vergangenen Jahr, so es denn einer war, hat der Demagoge eiskalt ausgenutzt, um seine einstigen Mitstreiter gegen die kemalistische Republik, die Gülen-Anhänger, loszuwerden. 

Er hat hemmungslos auf der national-chauvinistischen wie auf der islamistisches Klaviatur gespielt, hat polarisiert und das Land dabei zutiefst gespalten. Wie tief, hat am Sonntag seine hauchdünne Mehrheit von knapp 52 Prozent gezeigt. Wohlgemerkt nach einem extrem unfairen Wahlkampf, in dem das Nein-Lager systematisch unterdrückt worden war.

Ohrfeige für Erdogan

Für Erdogan eine schallende Ohrfeige. Deshalb wir er seine schmale Machtbasis jetzt schnell und rücksichtlos ausbauen. Für die Opposition wird es noch ungemütlicher werden. Überhaupt für alle Türken: Der neue Sultan wird jetzt die letzten Demokratiereste tilgen - gegen die Hälfte der Bevölkerung! Denn nur wer für ihn ist, zählt zum Volk (Populisten aller Länder...)

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Und genau hier gilt es für Deutschland und die anderen EU-Staaten, den Hebel anzusetzen, zuvorderst durch zivilgesellschaftliche Maßnahmen den Kontakt zur urbanen, prowestlichen Bevölkerung in den Städten zu halten. Ihnen muss unsere Solidarität gehören. 

Und so paradox sich das in dieser Situation auch anhört: Gerade deshalb muss Deutschland den Visazwang wieder aufheben, auch als Beitrag zur Befriedung der aufgehetzten türkischen Gemeinden in Deutschland. 

Tschüss EU!

Dass die Türkei sich am Sonntag von einer EU-Mitgliedschaft verabschiedet hat, versteht sich von selbst. Todesstrafe hin oder her. Aber auch eine von Ankara geforderte Vertiefung der Zollunion sollte mindestens von Gegenleistungen abhängig gemacht werden. Wieso nicht den Flüchtlingsdeal in die Verhandlungsmasse mit hineinnhemen?

Und eines sollte ab sofort auch passé sein: Jedwede Hilfsgelder aus deutschen und EU-Tüpfen, die bisher in Milliardenhöhe geflossen sind. Ab jetzt muss gelten: keine Nahung mehr für den Machthunger des Berserkers vom Bosporus.

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