Brüssel/Berlin

Widerstand in deutschen Nachbarländern gegen Maut-Kompromiss

dpa
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02. Dezember 2016
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In Deutschlands Nachbarländern formiert sich Widerstand gegen die Pkw-Maut. 

In Deutschlands Nachbarländern formiert sich Widerstand gegen die Pkw-Maut.  ©dpa - Bernd Wüstneck

Nach der Zustimmung der EU-Kommission zu einem geänderten Modell der Pkw-Maut formiert sich Widerstand bei deutschen Nachbarstaaten. Die Niederlande wollen gegen eine Maut-Einführung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagen.

Das kündigte Verkehrsministerin Melanie Schultz van Haegen an. Österreich kritisierte den Kompromiss ebenfalls umgehend. Die Diskriminierung von Fahrern aus dem Ausland sei nun ein bisschen mehr verschleiert, aber immer noch da, sagte Verkehrsminister Jörg Leichtfried. Auch die Opposition in Deutschland attackierte die Pläne scharf. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigte die Maut als fair und gerecht.

Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens sagte der dpa: «Wie eine noch stärkere Besserstellung der hiesigen Autofahrer Diskriminierung abbauen soll, versteht wohl niemand.» Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: «Wenn die Bundesregierung die Dobrindt-Maut nicht stoppt, steht sie bei einer grün-mitregierten Regierung weit oben auf der Rücknahme-Liste.» Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer monierte: «Wenn jetzt manche Autofahrer weniger, aber keiner mehr zahlen soll, beglückt Dobrindt das Land mit einer Maut, die den Staat mehr kostet, als sie bringt.»

Mehrere Änderungen als Bedingung

Die EU-Kommission hatte unter der Bedingung mehrerer Änderungen grünes Licht für die Pkw-Maut gegeben. Demnach sollen inländische Autobesitzer weiterhin voll für Mautzahlungen entlastet werden. Besonders schadstoffarme Wagen sollen aber mehr Steuer-Entlastung bekommen, als sie Maut zahlen - insgesamt geht es um jährlich 100 Millionen Euro mehr als bisher vorgesehen. Außerdem sollen die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland neu gestaltet werden. Laut Dobrindt soll es bei dem erwarteten Ertrag von unter dem Strich 500 Millionen Euro pro Jahr durch die Maut bleiben.

Keine Bedenken wegen Benachteiligung von Ausländern

EU-Kommissarin Violeta Bulc hatte am Donnerstagabend nach einem Treffen mit Dobrindt gesagt, mit den Zusagen gebe es keine Bedenken wegen Benachteiligung von Ausländern mehr. Die Kommission legt das gegen Berlin eingeleitete Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht nun auf Eis. Unabhängig davon können EU-Mitgliedstaaten vor den EuGH ziehen. Die niederländische Ministerin sagte, möglicherweise würden sich auch Österreich, Belgien und Dänemark einer Klage anschließen.

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CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt begrüßte den Kompromiss, mit dem ihre Partei ein Wahlversprechen einhalte. «Vor allem kommt es der CSU darauf an, dass mit dem Verursacherprinzip Gerechtigkeit erreicht wird: Alle, die unsere Straßen nutzen, müssen dafür zahlen», sagte sie der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Der Autofahrerclub ADAC forderte, Mehreinnahmen einer Maut müssten langfristig gesichert sein und ausschließlich zweckgebunden in die Verbesserung der Infrastruktur investiert werden. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht noch einige Fragen offen. So sei unklar, inwieweit die Maut tatsächlich nennenswerte zusätzliche Einnahmen bringe. Rechtliche Auseinandersetzungen mit Nachbarstaaten sollten vermieden werden. Positiv sei eine stärkere Entlastung von Euro-6-Pkw bei der Kfz-Steuer. «Dadurch können zusätzliche Anreize für eine ökologisch vorteilhafte Flottenerneuerung entstehen.»

EU-Kommision zu Maut-Einigung mit Deutschland

Bundesverkehrsministerium zur Pkw-Maut

Kommt die umstrittene Pkw-Maut, wird das Gebühren-Netz auf deutschen Straßen noch engmaschiger. Bisher müssen Lastwagen ab 7,5 Tonnen Maut zahlen - und zwar auf den Autobahnen sowie 2300 Kilometern Bundesstraße. 2018 soll die Gebühr für Lkws auf das gesamte, 39 000 Kilometer lange Bundesstraßennetz ausgedehnt werden. Werden auch Pkw zur Kasse gebeten, wären nur noch Kleintransporter zwischen 3,5 Tonnen und 7,5 Tonnen sowie Busse mautfrei unterwegs.

Eine Nutzungsgebühr verlangt wird beispielsweise auch für Fahrten durch den Warnowtunnel in Rostock und den Herrentunnel in Lübeck.

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