Juliane Wolf: »Da gehört Überwindung dazu«
Als Juliane Wolf in den Flieger nach Rio de Janeiro zu den Paralympics steigt, hat sie ihre wichtigsten Sachen direkt bei sich: Die Schlägertasche und die Hallenschuhe müssen mit ins Handgepäck. »Wenn die weg wären, wäre das das Schlimmste.«
Für die Tischtennisspielerin der BSG Offenburg sind es die ersten Paralympics, nachdem sie die Qualifikation 2012 für die Spiele in London nur knapp verpasst hatte, obwohl sie 2011 Vize-Europameisterin geworden war. »Ich war damals zwar zu den Paralympics in der Weltrangliste weit oben, aber eben nicht zum Stichtag der Nominierung«, sagt die 28-Jährige.
Nach Platz zwei bei der EM 2015 und Rang drei bei der WM 2014 sowie jeweils den Vize-Titeln mit dem Team ist Wolf nicht mehr von den Paralympics wegzudenken. In der Weltrangliste ist sie Vierte. »Erste ist eine Chinesin, die über allem steht«, sagt Wolf über die Titelverteidigerin, »die Französin und die Norwegerin, die noch vor mir sind, habe ich aber beide schon mal geschlagen.«
Die Zielsetzung formuliert sie vorsichtig, in erster Linie wolle sie ihr bestes Tischtennis zeigen, »und wenn ich das auf den Tisch kriege, ist auch eine Medaille ein Thema.«
Eine Woche hatte Wolf Zeit, sich in Rio im Paralympischen Dorf einzuleben, bevor ihre Wettkämpfe mit dem Duell gegen die Ungarin Zsofia Arloy beginnen. Noch vor dem Abflug hatte Wolf gesagt: »Ich bin froh, wenn es los geht. Die letzten Tage habe ich immer mehrmals alles kontrolliert, ob ich auch nichts vergessen habe.«
Bei der BSG Offenburg wird man die Spiele gespannt verfolgen – und stolz sein auf die Worte, die Wolf über ihren Verein sagt. Obwohl sie schon mit acht Jahren anfing, Tischtennis zu spielen, registrierte sie erst 2009 mit 21 Jahren, dass sie aufgrund ihrer Zerebralparese auch im paralympischen Bereich spielen darf.
Weil sie damals in Karlsruhe studierte, lag es nahe, für die BSG Offenburg zu spielen. »Sie waren schon immer erfolgreich im Tischtennis und haben mich von Anfang an unterstützt und direkt zu den Deutschen Meisterschaften und zu internationalen Turnieren geschickt«, sagt Wolf dankbar, »deshalb werde ich ihnen auch immer treu bleiben.«
Im Nichtbehindertenbereich spielt Wolf, die mittlerweile in Frankfurt wohnt, in der Oberliga Hessen für den TTC Saalmünster. Der Unterschied zum Tischtennis bei den Paralympics ist groß. »Vor allem taktisch ist das anders. Man spielt auf die Behinderung, das heißt, wenn ich weiß, dass der andere rechts in der Bewegung eingeschränkt ist, muss ich den Aufschlag immer so spielen, dass es ihm wehtut. Da gehört am Anfang schon Überwindung dazu.«