Leichtathletik

Matthias Bühler: Leiden für den großen Traum

Michaela Quarti
Lesezeit 5 Minuten
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02. August 2016
Im Sommer absolviert Bühler seine Einheiten auf der Bahn im Schaible-Stadion in Offenburg.

Im Sommer absolviert Bühler seine Einheiten auf der Bahn im Schaible-Stadion in Offenburg. ©Ulrich Marx

Das Schlüsselerlebnis hatte Matthias Bühler vor vier Jahren. Damals war der Hürdensprinter aus Haslach erstmals Teil der olympischen Familie, durfte vor 80 000 Menschen in London starten, erlebte im Dorf Weltstars hautnah und war bei der Abschlussfeier wie alle Athleten frenetisch gefeiert worden. »Diese Gänsehautmomente haben mich motiviert, noch mehr an meine Grenzen zu gehen, um auch in Rio dabei zu sein«, sagt er entspannt im Schaible-Stadion in Offenburg.

Der Kinzigtäler hat sich tatsächlich zum zweiten Mal seinen olympischen Traum erfüllt, doch das Stadion mit dem Blick aufs Ortenberger Schloss ist nicht mehr sein Trainingsmittelpunkt. Bühler pendelt seit drei Jahren zwischen der Ortenau und Phoenix/USA. »Lerne von den Besten, trainiere mit den Besten« – das ist das Motto des World Athletics Center in der Sonora-Wüste. 

In den USA hat der Mann, der früher erst am Abend trainierte, seinen Tagesrhythmus umgestellt. Er spricht »von der härtesten Zeit meiner Karriere«. Morgens und nachmittags ist nun Training, danach Regeneration auf dem Gelände. Massage, Akupunktur, Kältebecken, Whirlpool. »Die Tage sind ausgefüllt, deshalb geht die Zeit in den USA auch brutal schnell um«, findet »Flying Maddis«, der in Phoenix bei Ernährungsberaterin Lisa zur Untermiete wohnt.

Wechsel zur TSG Weinheim
Im November stand Matthias Bühler am Scheideweg. »Ich war kurz davor, aufzuhören.« Mit der LG Offenburg (LGO) konnte er sich nicht mehr auf eine weitere finanzielle Zusammenarbeit einigen. Schon zuvor hatte Wilhelm Seigel, der ihn in die internationale Klasse geführt hatte, die Zusammenarbeit beendet. Danach hat Bühler von vielen Vereinen Absagen bekommen, gelandet ist er bei der TSG Weinheim. »Eine glückliche Fügung«, sagt er heute. »Der Verein gehört zum Olympia-Pool der Rhein-Neckar-Metropolregion. Da gibt es noch eine gute Unterstützung.«

Ab und an fährt er bei seinem Heimataufenthalt in den Olympiastützpunkt Mannheim, ansonsten darf er mit Genehmigung der LGO weiterhin in der Rüdiger-Hurrle-Halle und im Schaible-Stadion trainieren. Dort nimmt er sich selbst mit dem iPhone auf und schickt das Video zur Analyse nach Phoenix. Auch so funktioniert modernes Training.

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Viel Geld in den Sport investiert
Matthias Bühler bezeichnet sich selbst als »leidenschaftlichen Sportler«. Wobei die Leiden groß geschrieben werden. Der Haslacher hat für seine Karriere mehr als nur Zeit, Gesundheit und Freundschaften geopfert. »Finanziell habe ich alles, was ich habe, in den Sport investiert.« Nachdem der gelernte IT-Kaufmann Ende 2011 nach Differenzen um den Start bei der Militär-WM den Dienst in der Sportfördergruppe der Bundeswehr quittieren musste, ist er finanziell mehr oder weniger auf sich alleine gestellt. Von der Sporthilfe gibt es monatlich gerade mal 200 Euro. Schon im vergangenen Jahr sprach Bühler von einem fünfstelligen Verlust. »Nie«, sagt er und lässt seine Verbitterung angesichts seiner nationalen Erfolge deutlich raus, »hätte ich mir erträumen lassen, dass auf diesem Niveau so wenig Geld vorhanden ist«.

Aus Phoenix, wo sich Athleten aus vielen Ländern tummeln, weiß er, dass in Frankreich oder Großbritannien  die finanzielle Hilfe besser läuft. »Deswegen fühle ich mich schon im Stich gelassen.« Ohne die großzügige Unterstützung seiner Eltern hätte er alle sportlichen Träume längst begraben müssen. »Meine Ersparnisse sind aufgebraucht.« Sich eine Wohnung leisten, ein Auto kaufen – davon ist er mit knapp 30 Jahren weit entfernt, stattdessen gibt er offen zu: »Es geht an die Nieren, wenn man immer wieder um die Existenz kämpfen muss.«
Manchmal kann Bühler selbst nicht begreifen, was er trotzdem geschafft hat. Sechsfacher deutscher Meister, bald zweifacher Olympia-Teilnehmer. Die Spiele in Rio werden bereits sein achtes internationales Großereignis sein. In Deutschland gilt er als »Meisterschaftsläufer«, international lief es noch nicht so gut. Er wartet weiterhin auf seine erste Endlauf-Teilnahme, auch zuletzt bei der EM in Amsterdam kam das Aus im Halbfinale nach 13,65 Sekunden. Im Rücken- und Schulterbereich hätten »die Faszien zugemacht«, klagte Bühler und versicherte dieser Tage: »Es ist alles wieder okay.« 

Ziel ist das Halbfinale
Das Ziel in Rio ist auf jeden Fall das Halbfinale. Dazu müsste er in den Bereich seiner Saisonbestleistung (13,44) laufen. Zuversichtlich stimmt ihn, dass seine Phoenix-Trainer Stuart McMillan und Dustin Imdieke vor Ort sein werden. »Für mich ist das optimal. Die kennen mich, die wissen, auf was sie achten müssen. Das ist für mich extrem wichtig«, sagt Bühler.  

Auch im Olympischen Dorf wird er auf Trainingskollegen treffen. Sprinter Mikel Thomas (Trinidad und Tobago) ist dabei, auch 200-m-Ass Ameer Webb (USA/19,85), dazu Wilfred Koffi, der nationale 100- und 200-m-Rekordler der Elfenbeinküste, der mit ihm in den USA sogar unter einem Dach lebt. Insgesamt 21 Athleten aus Phoenix haben sich für Rio qualifiziert – allerdings nicht der bekannteste von ihnen. Hürden-Weltrekordler Aries Merritt (USA), der erst im Herbst eine Nierentransplantation hatte, reichten 13,22 Sekunden nicht für Rio. 

Die Olympischen Spiele sind für Matthias Bühler nichts Neues. Er weiß von London, was auf ihn zukommen wird. Von Aufregung deshalb keine Spur. »Ich hab alles schon mal mitgemacht«, lacht er. Selbst der Zimmerpartner wird derselbe sein. Gregor Traber, Disziplinkollege vom VfB Stuttgart und so was wie der Rivale von der Rennbahn. »Wir verstehen uns super. Es ist wichtig, eine gute Atmosphäre zu haben, um ein bisschen von der Anspannung vor dem Wettkampf wegzukommen«, weiß der Wahl-Weinheimer.

Ziel bleibt die EM 2018 in Berlin
Zwei Wochen nach Rio wird Matthias Bühler 30 Jahre alt. Sportlich brennt das Feuer noch immer in ihm. »Es ist mein Herzenswunsch, bis zur EM 2018 in Berlin weiterzumachen«, sagt er. Doch bis dahin ist er auf die Großzügigkeit seiner Eltern angewiesen. Bis dahin hält ihm auch Lisa in Phoenix das Zimmer frei. 

Zur Person

Matthias Bühler

Geburtstag: 2. September 1986.
Wohnort: Haslach/Kinzigtal und Phoenix/USA.
Familienstand: ledig.
Beruf: IT-Systemkaufmann.
Disziplin: 110 m Hürden.
Verein: seit 2016 TSG Weinheim, davor LG Offenburg, TV Haslach.
Größte Erfolge: Deutscher Meister (2009, 2010, 2011, 2013, 2014, 2016); 11. WM 2015; 9. EM 2014; Olympische Spiele 2012. 
Bestzeit: 13,34 Sekunden.
Weltrangliste 2016: Platz 39 (13,44 Sekunden).
Olympischer Wettkampf: Vorlauf Mittwoch, 17. August (01.40 Uhr/MESZ); Halbfinale Donnerstag, 18. August (01.40 Uhr/MESZ), Finale Donnerstag, 18. August (03.45 Uhr/MESZ).

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