Eine kluge Entscheidung
Die Anhänger des hoch umstrittenen Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada können aufatmen: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe legt dem Vertrag keine größeren Steine in den Weg. Zumindest bis auf Weiteres. Das ist zunächst einmal eine gute Botschaft für Sigmar Gabriel. Der Bundeswirtschaftsminister hat sich wie kaum ein anderer Politiker in der EU für dieses Abkommen ins Zeug gelegt. Auch gegen große Widerstände in seiner eigenen Partei. Den Sozialdemokraten ist es deshalb mit zu verdanken, dass Schlüsselfragen etwa beim Verbraucherschutz sowie den Sozial- und Umweltstandards so stark im öffentlichen Fokus standen wie bei keinem anderen Vertrag dieser Art zuvor.
Ob die komplexen Bestimmungen mit den Anforderungen des Grundgesetzes vereinbar sind, ist nach der jüngsten Karlsruher Entscheidung zwar noch nicht gesagt. Man denke nur an die sogenannten Investitionsgerichte, mittels derer Konzerne ganze Staaten verklagen können. Ein in demokratischer Hinsicht sehr problematischer Vorgang. In der Hauptsache wird das oberste Verfassungsgericht wohl auch erst in ein bis zwei Jahren entscheiden. Die Richter haben aber zugleich deutlich gemacht, dass ein Stopp des Abkommens zum jetzigen Zeitpunkt gravierende negative Auswirkungen auf das internationale Ansehen Deutschlands hätte. Und damit liegen sie richtig. Trotzdem dürfen sich die Ceta-Gegner über einen Teilerfolg freuen. So pocht Karlsruhe zum Beispiel auf demokratische Spielregeln bei Beschlüssen des Ceta-Ausschusses. Denn dieses Gremium könnte womöglich das Abkommen ohne Zutun Deutschlands nachträglich verändern.
Es ist also ein »Ja, aber«, das die obersten Richter der Berliner Politik auf den Ceta-Weg mitgegeben haben. Und das ist nach Abwägung aller Umstände eine kluge Entscheidung. Das eigentliche Forum für die weitere Debatte muss nun der Bundestag sein und nicht der Gerichtssaal.