Auf den Punkt gebracht

AOK kritisiert Intransparenz als Methode

Christopher Hermann
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
27. März 2017

(Bild 1/2) Für viele ist der Gang zur Apotheke selbstverständlich. Engpässe bei der Arzneimittelversorgung sind selten, aber wenn sie auftreten, kann es lebensgefährlich werden. ©obs/ABDA Bundesvgg. Dt. Apothekerverbände

In einer Kolumne für die Mittelbadische Presse schreibt Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, über die Probleme, mit denen Ärzte und Krankenhäuser aufgrund von Praktiken der Pharmaindustrie zu kämpfen haben.

Ist Ihre nächste Apotheke mehr als 15 Minuten von Ihrem Zuhause entfernt? Dann gehören Sie zu den sechs Prozent der Menschen, die einen etwas längeren Weg in Kauf nehmen müssen. Alle übrigen haben eine Apotheke mehr oder weniger vor ihrer Haustüre – mehr als jeder Zweite benötigt gerade einmal fünf Minuten zum Pharmazeuten seines Vertrauens. Allein das zeigt: Die Grundversorgung mit Arzneimitteln durch Apotheken vor Ort ist in Deutschland sehr gut. Wir wissen, wo wir unsere Medikamente bekommen können. Und wir wissen, dass wir sie bekommen: Selbst wenn ein verschreibungspflichtiges Medikament in der Apotheke einmal nicht vorrätig ist, kann es in 99 Prozent der Fälle am gleichen oder am Folgetag abgeholt werden.

Stark getrübt wird diese positive Bilanz allerdings durch Lieferprobleme bestimmter Arzneimittel, die meist unter Patentschutz stehen. Während sie im ambulanten Bereich immerhin punktuell auftreten, zeichnet sich in den Krankenhäusern ein teilweise dramatisches Bild. Aktuelle Zahlen des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker zeigen: In deutschen Kliniken waren im Jahr 2016 Arzneimittel zu 280 Wirkstoffen knapp. 30 von ihnen wurden von den Kliniken als versorgungskritisch eingestuft. Fehlen sie, müssen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Therapie ihrer Patientinnen und Patienten umstellen oder die Behandlung verschieben. Insbesondere bei schweren Krankheiten wie Krebs steigert dies das Leiden der Betroffenen in unnötiger Weise.

- Anzeige -

Was sich dagegen tun lässt? Derzeit nicht viel. Denn dass bestimmte Arzneimittel nicht zu bekommen sind, erfahren die Krankenhäuser bislang erst dann, wenn sie sie benötigen. Für die Patientinnen und Patienten ist dies zu spät. So offenkundig dieses Problem ist, so wenig tragen die Arzneimittelhersteller zu einer Verbesserung der Situation bei. Zwar versprechen sie, Lieferschwierigkeiten zentral beim zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu melden. Dieser Selbstverpflichtung kommen sie aber viel zu selten nach. So wusste das BfArM nur bei acht der oben genannten 30 versorgungskritischen Wirkstoffe über Lieferengpässe Bescheid. Das Prinzip der Freiwilligkeit hat hier eindeutig versagt.

Wann wieder verfügbar?

Die Folge ist eine massive Intransparenz zu Lasten der Patientinnen und Patienten. Heute kann niemand wissen, welche vielleicht versorgungsnotwendigen Arzneimittel gerade nicht mehr lieferbar sind, weshalb dies so ist und wann sie wieder verfügbar sein werden. Genauso unklar ist, welche Mengen welches Arzneimittels derzeit wo lagern. Allein diese Informationen gäben den Krankenhäusern wichtige Anhaltspunkte, um die Medikation ihrer Patientinnen und Patienten langfristig und nachhaltig zu planen.
Immerhin hat die Politik einen ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan und die Arzneimittelhersteller nun verpflichtet, Lieferausfälle an Krankenhausapotheken zu melden. Dabei darf es aber nicht bleiben. Bestände, Lieferbeziehungen und Lieferwege im Arzneimittelmarkt müssen durch die gesamte Lieferkette vom pharmazeutischen Hersteller bis zu den Patientinnen und Patienten für alle Beteiligten nachvollziehbar und sichtbar werden. Nur so ist die Arzneimittelversorgung auch in Krankenhäusern langfristig zu sichern.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.