Hängepartie um AKW Fessenheim geht weiter
Wird das Atomkraftwerk in Fessenheim Ende 2016 doch nicht abgeschaltet? Äußerungen von Energieministerin Ségolène Royal und ein Parlamentsbericht lassen Zweifel am Ausstiegsfahrplan für den ältesten französischen Meiler aufkommen.
Es war eine beiläufige Bemerkung von Frankreichs Umwelt- und Energieministerin Ségolène Royal am Sonntag, die Atomkraftgegner hellhörig werden ließ. Im Radio sagte Royal, sie wisse noch nicht, welche Atomreaktoren im Zuge der geplanten Energiewende vom Netz genommen werden. »Normalerweise wird das Fessenheim sein, das man abschaltet«. In der Tat müssten 2016 zwei Reaktoren stillgelegt werden, wenn der Europäische Druckwasserreaktor Flamanville bei Cherbourg ans Netz geht. Das Gesetz zur Energiewende, über das die Nationalversammlung jetzt berät, sieht vor, dass die Gesamtleistung des französischen Atomreaktorparks 63,2 Gigawatt nicht übersteigtund der Anteil des Atomstroms an der Energieerzeugung bis 2025 von derzeit 75 auf 50 Prozent reduziert wird.
»Die Auswahl der Reaktoren, die schließen werden, fällt nicht in den Bereich des Gesetzes«, betonte die Ministerin weiter. In der Tat steht die Schließung von Fessenheim nicht im Entwurf für das Energiewendegesetz, sie basiert nur auf einem Versprechen von Präsident François Hollande während des Wahlkampfs 2012.
Die Äußerungen riefen die Atomkraftgegner auf den Plan. Die Aussage von Royal sei »sehr doppeldeutig und heuchlerisch«, empörte sich André Hatz, Sprecher der Vereinigung »Stop Fessenheim«. Es sehe so aus, als ob hinter den Kulissen ein Deal laufe: »Man versucht, uns Sand in die Augen zu streuen. Im Moment haben wir überhaupt keine Sicherheit, dass Fessenheim 2016 abgeschaltet wird.«
Ein gestern bekannt gewordener Parlamentsbericht nährt noch mehr die Zweifel der Atomkraftgegner, dass es der sozialistischen Regierung und dem staatlichen Stromkonzern EDF mit der Schließung von Fessenheim nicht ernst ist: Die Abgeordneten Hervé Mariton und Marc Goua empfehlen in dem Bericht für den Finanzausschuss, das Aus für Fessenheim aus Kostengründen zu verschieben. Sollten die beiden 1977 und 1978 in Betrieb genommenen Reaktoren abgeschaltet werden, würde das mindestens fünf Milliarden Euro kosten. Allein der Kraftwerksbetreiber EDF könnte auf nahezu Milliarden Euro Schadenersatz klagen. Bei einer Schließung wären 2000 Arbeitsplätze betroffen.
Royal widersprach gestern den Zahlen in dem Parlamentsbericht. »Die Schließung wird nicht fünf Milliarden Euro kosten«, sagte sie. Sie werde die Entscheidung »im allgemeinen Interesse des Landes« treffen und »nicht Erpressungsversuchen nachgeben, die auf verrückten Berechnungen beruhen«.