Perlen der Ortenau

Hut-Spezialitäten aus Zell

Brigitte Gass
Lesezeit 4 Minuten
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16. Juni 2015
Die Produkte von Blumtritt & Söhne sind vor allem eines: Handarbeit. Produziert werden die Kostbarkeiten auch heute noch wie vor einem halben Jahrhundert.

(Bild 1/3) Die Produkte von Blumtritt & Söhne sind vor allem eines: Handarbeit. Produziert werden die Kostbarkeiten auch heute noch wie vor einem halben Jahrhundert. ©Ulrich Marx

Das, was in der Werkstatt der Hutschmuck-Manufaktur Blumtritt & Söhne in Zell a. H. aus Federn, Tierhaar und Rehfell entsteht, scheint heutzutage konkurrenzlos – und kommt weltweit im Souvenir- und Trachtenbereich zum Einsatz.

Was haben Anne Hathaway und ein Schützenverein gemeinsam? Sicher nichts, denken Sie? Von wegen. Beide tragen Federgestecke der Zeller Hutschmuckmanufaktur Blumtritt & Söhne. Die einen als Schützenfeder auf dem Hut, die andere ein kleines Gesteck als keckes buntes Accessoire am Revers. »Ich habe doch gleich gedacht, das ist von uns, als ich das Foto im Modemagazin ›Intouch‹ gesehen habe«, freut sich die Inhaberin Regina Erb noch immer über den prominenten Auftritt eines ihrer Gestecke.

Seit 1923

Produziert werden die fedrigen Kostbarkeiten auch heute noch wie vor einem halben Jahrhundert in reiner Handarbeit in den schon fast historischen Räumen in der Zeller Blumenstraße. Gegründet hat die Manufaktur Regina Erbs Großvater Franz Blumtritt, und zwar bereits 1923 im Sudetenland. Nach der Flucht in den Westen und dem Neustart Anfang der 50er Jahre in Friesenheim bezog er dann 1954 gemeinsam mit seinen Söhnen Walter und Siegfried sowie rund 20 Mitarbeitern das neue Produktionsgebäude in Zell. Heute arbeiten noch fünf Mitarbeiterinnen in der Manufaktur. Vier Heimarbeiterinnen liefern von außen zu.

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Auf der Werkbank vor Petra Hug liegt ein Traum aus weißen Federn. So vorsichtig wie flink sortiert sie den zarten gebleichten Putenflaum und bindet passende Federn zu kleinen Büscheln. Diese werden später mit zu Kringeln gebogenen grünschillernden Hahnenfedern den Hut eines Schützen verschönern. Bis zu 10000 Stück davon liefert Regina Erb davon pro Jahr aus, vor allem nach Nord- und Mitteldeutschland. Die flotten Schützenfedern biegt die Chefin übrigens selbst. »Abends vor dem Fernseher, das geht so nebenbei«, lacht Regina Erb, der die Freude über die natürlichen Rohstoffe, die sie verarbeitet, anzumerken ist. Begeistert zeigt sie das farbenprächtige Federkleid eines Goldfasans. »Wir verwenden kaum gefärbte Federn. Doch es wird immer schwieriger hochwertige Rohware zu bekommen«, erklärt Regina Erb, die das Geschäft mit dem Hutschmuck bei ihrem Vater von der Pike auf gelernt hat. Verarbeitet werden Federn von Puten, Gänsen, Hühnern, Perlhühnern oder auch vom Eichelhäher. »Natürlich achte ich beim Einkauf auf den Artenschutz und verwende nur Federn nicht geschützter Vögel«, erklärt Regina Erb.

Maria Lehmann ist gerade mit einer Spezialität von Blumtritt & Söhne beschäftigt, den Rehfell-Rosetten. Mit viel Fingerspitzengefühl und einem Tacker verwandelt sie quadratische Flecken aus Rehfell in Rosetten, die später, mit einem kleinen Filzstern mit Chromemblem versehen, die beliebte Schützenhutdekoration vervollständigen. »Rehfell-Rosetten in dieser Qualität sind außer bei Blumtritt nirgends zu finden«, freuen sich die beiden Frauen. Außerdem bilden sie die Grundlage für eine andere Spezialität, die Federkombinationen mit Rehfell.

Chinesisches Pferdehaar

Ebenfalls einzigartig sind die Gamsbärte des Unternehmens, die, genau genommen, gar keine sind. Sie sehen aber aus wie echte Gamsbärte und werden in Zell sozusagen »nachgebaut«. Und zwar aus chinesischem Pferdehaar, das zu Pinseln gebunden und nach einer Geheimrezeptur schwarz eingefärbt wird. Zum Schluss werden die Spitzen wieder gebleicht und das Büschel bekommt so den typischen Gamsbart-Look. »Die Gamsbärte sind unsere absolute Spezialität, die gibt es in dieser Färbung sonst nirgends«, erklärt Regina Erb. Ein Blumtritt-Gamsbart kostet etwa 40 Euro, für einen echten muss der Liebhaber bis zu 2000 Euro hinlegen.
Gefragt sind die Blumtritt-Kreationen übrigens weltweit. Speziell in Japan und Südamerika gibt es viele Liebhaber dieses traditionellen deutschen Accessoires. Per Online-Shop ordern aber auch Kunden aus den USA, Katar, Spanien oder Australien bei Regina Erb.  Neben dem handwerklichen Geschick ist in der Werkstatt von Blumtritt & Söhne jede Menge Kreativität gefragt. Pro Jahr entstehen etwa 20 neue Kreationen, die Trachten-, aber auch Designer-Damenhüte schmücken. Oder eben das Revers von Anne Hathaway.

Info

Franz Blumtritt & Söhne

Die Chefin: Regina Erb
Geschäftsbereich: Herstellung von Hutschmuck
Standort: Zell am Harmersbach
Mitarbeiter: Eine Vollzeit- und vier Teilzeitkräfte, vier Heimarbeiterinnen
Gründung: 1923

 

www.blumtritt.com

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