Wirtschaft

»Primat der Politik wird aufgehoben«

Christoph A. Fischer
Lesezeit 3 Minuten
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26. Januar 2015

Sozialpädagoge Peter Meiwald (48) aus Westerstede bei Oldenburg ist seit 2013 Grünen-Bundestagsabgeordneter und umweltpolitischer Sprecher der Fraktion. ©Rainer C. Kurzeder

Die starken europäischen Länder müssten bei den geplanten Freihandelsabkommen auf substanzielle Nachverhandlungen bestehen, fordert der Grünen-Bundestagsabgeordnete Peter Meiwald im Gespräch mit der Mittelbadischen Presse.

Die Grünen im Bundestag kritisieren, dass durch die geplanten Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada (Ceta) und den USA (TTIP) »das Primat der Politik aufgehoben wird und man den Unternehmen noch mehr Macht gibt«. Dies sagte der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Peter Meiwald, bei einem Redaktionsgespräch mit der Mittelbadischen Presse in Offenburg. Deutschland müsse sagen »So nicht!« – sonst werde nicht nachverhandelt. Dazu scheine Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) aber nicht bereit – »und die SPD-Abgeordneten im Bundestag winden sich bei dem Thema«.

Meiwald betonte, dass es bereits ein internationales »Freihandelsregime«, die Welthandelsorganisation (WTO), gebe: »Da kritisieren wir schon immer, dass es zu wenige Sozial- und Ökostandards gibt und der Freihandel über alles gestellt wird – und jetzt soll es auch noch weitere Privilegien geben.« Der 48-Jährige wies auf die sogenannte regulatorische Kooperation in den geplanten Abkommen hin: »Dies bedeutet, dass Umweltgesetze – bevor sie auf den parlamentarischen Weg gebracht werden – mit Wirtschaftsverbänden abgestimmt werden müssen, da sie ja die wirtschaftliche Freiheit eines Unternehmens einschränken könnten.« Dies sei der Öffentlichkeit – im Gegensatz zu den Investorenschutzklauseln – noch zu wenig bekannt.

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Für Verbraucher bergen TTIP und Ceta Probleme, so Meiwald. Beispiel: »Auf Thunfischdosen darf heute der Hinweis ›delfinfreundlich gefangen‹ geschrieben werden.« Das helfe dem Verbraucher zu wählen, stelle aber nach amerikanischer Meinung ein unerlaubtes Handelshemmnis dar. Die Abkommen hätten zur Konsequenz, dass nur noch Hinweise auf eine mögliche Gefährdung des Verbrauchers erlaubt seien.
Neben den Freihandelsabkommen steht die Klimapolitik in Meiwalds Fokus: »Frau Merkel müsste zeigen, dass der Klimaschutz ein Thema für sie ist.« Aber statt zum Klimagipfel im September am Sitz der Vereinten Nationen in New York sei sie zum Bundesverband der Deutschen Industrie gereist. Deutschland sei leider kein Vorreiter beim Klimaschutz mehr: »Es regieren der BDI und die Gewerkschaft Bergbau/Chemie/Energie.«

Endlagersuche

Meiwald lobte die Kompromissbereitschaft Baden-Württembergs bei der Atommüll-Endlagersuche. »Wo Grüne an der Regierung beteiligt sind, gibt es Bereitschaft, sich zu kümmern« – weitere Beispiele seien Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Auch zum Thema Fracking (Herauspressen von Erdgas aus sehr tiefen Gesteinsschichten) hat Meiwald eine klare Meinung: »Fracking ist riskant und angesichts der CO2-Einsparziele widersinnig – es sollte in Deutschland verboten werden.« Die Gesetzesentwürfe aus Wirtschafts- und Umweltministerium zum Fracking in Deutschland liegen vor – bis zum Freitag hatten die Bundesländer und Verbände die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Der Entwurf sieht eine grundsätzliche Fracking-Erlaubnis vor.

Hintergrund

Ceta im Fokus

Die Grünen-Fraktion im Europa-Parlament kritisierte vor wenigen Tagen erneut die EU-Kommission wegen des Freihandelsabkommens Ceta mit Kanada. Die Abgeordnete Maria Heubuch legte eine Studie vor und sagte, der veröffentlichte Vertragstext verwässere europäische Verbraucherschutzstandards. »Doch Europas Bürger wollen keine Gentech-Pollen im Honig, kein milchsäurebehandeltes Fleisch und auch keine geklonten Tiere.« Immerhin werde das Verbot von Hormonen in der Fleischproduktion aufrechterhalten – im Gegenzug stimme die EU aber höheren Zollquoten für den Import von Fleisch zu. Dies schade den Landwirten in Europa. caf

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