Wirtschaft

Textilindustrie im Elsass wird weiter ausgedünnt

Jürgen Lorey
Lesezeit 3 Minuten
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01. Februar 2008
Foto: Archiv - Die Textilkonzerne leiden unter asiatischer Billigkonkurrenz und starkem Euro. Im Elsass muss die Firma DMC nun ein Werk schließen. 208 Arbeitsplätze werden abgebaut.

Foto: Archiv - Die Textilkonzerne leiden unter asiatischer Billigkonkurrenz und starkem Euro. Im Elsass muss die Firma DMC nun ein Werk schließen. 208 Arbeitsplätze werden abgebaut.

Die seit Jahren arg gebeutelte Textilindustrie im Südelsass muss einen weiteren schweren Schlag einstecken. Der Konzern Dollfus Mieg & Compagnie, kurz DMC, streicht in der Region 208 Arbeitsplätze und stellt in Colmar die Sportartikelproduktion komplett ein.
Mülhausen/Colmar. Logelbach, der Industrievorort von Colmar, war jahrhundertelang von der Textilindustrie geprägt. Damit ist bald Schluss. Denn die Weberei Hausmann, die von den Eltern des berühmten Barons Hausmann 1777 gründet wurde, schließt demnächst ihre Pforten. 80 Mitarbeiter, die derzeit an dem Standort vor allem Sportbekleidung und Veloursstoff für den französischen Mutterkonzern Dollfus Mieg & Compagnie, kurz DMC, herstellen, werden ihren Job verlieren. Die Schließung des in den 80er Jahren übernommenen Werkes ist Teil eines Notplans, den Konzernchef Jacques Boubal zur Neustrukturierung beschlossen hat. Neben der Schließung der Fabrik für Sportbekleidung in Logelbach werden weitere 128 Arbeitsplätze an den drei weiteren DMC-Standorten – bei SAIC Velcorex in Illzach und Saint-Amarin sowie bei Creative World in Mülhausen – gestrichen. Die meisten Entlassungen werden betriebsbedingte Kündigungen ohne Sozialplan sein, befürchtet Betriebsratsvorsitzende Graziella Stefana. Konkurrenzkampf Grund ist die harte Konkurrenz asiatischer Billiganbieter und der Höhenflug des Euro gegenüber dem Dollar sowie die sinkende Nachfrage nach Velours-Stoffen, sagt Konzernchef Boubal. DMC trifft dabei die ganze Wucht der asiatischen Textilimporte nach Europa, die in den vergangenen zwei Jahren um 65 Prozent angestiegen sind. Außerdem hat der Dollar in den vergangenen 18 Monaten ein Viertel seines Wertes gegenüber dem Euro verloren, während die Gewinnmarge für DMC bei 20 Prozent liege, sagte Boubal. Schwanke der Dollarkurs nur um zehn Eurocent, bedeute das sofort einen Millionenverlust beim Umsatz. Die Hiobsbotschafen von DMC reihen sich ein in eine ganze Reihe von schlechten Nachrichten, die die südelsässische Textilindustrie schon seit den 1970er Jahre schwer beuteln. Mülhausen war bis zum Ersten Weltkrieg eine bedeutende Industriestadt – bedeutender als damals Basel. 120 Kamine rauchten in der Blütezeit des »Fadens«, wie die Elsässer die Textilbranche nennen, über Mülhausen und verliehen der Stadt den Namen »Manchester des Festlands«. Jeder stand für eine Textilfabrik, die in der typischen roten Backstein-Bauweise enstanden waren. Heute sind diese Gebäude fast ganz aus dem Stadtbild verschwunden. Nur noch die ehemaligen Werkshallen der Heilmann, Koechlin & Cie, die in der Innenstadt die Schlumpfsche Automobilsammlung beherbergen, sowie das Areal der DMC sind übrig geblieben. Um zu überleben, setzt der Konzern auf zwei Standbeine. Zum einen auf die Diversifizierung im Freizeitbereich mit der Schaffung der Ladenkette »Loisir et Création«. Zum anderen sucht DMC für seinen Textilzweig einen finanzstarken asiatischen Partner. Zwei Kooperationsversuche mit einem chinesischen und pakistanischen Konzern scheiterten bislang. DMC könnte aufgrund seiner finanziellen Schwierigkeiten daher ganz einfach von einem seiner Konkurrenten, dem englischen Coats-Konzern, geschluckt werden. Dessen Aktionär, der Investmentfonds Guiness Peat, hat nämlich in der Vergangenheit nach und nach ein Viertel des Kapitals von DMC erworben.

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