Interview des Tages

Für Kerner gehören Pannen zum Fernsehen dazu

Cornelia Wystrichowski
Lesezeit 6 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
12. August 2017

»Junge Leute gucken wirklich nicht mehr so viel lineares Fernsehen, aber sie schauen sich Sachen auf dem Handy an, bei YouTube, Amazon Prime, oder in den Mediatheken der Sender.« Johannes B. Kerner, Moderator der Sendung »Wir lieben Fernsehen«. ©dpa

Den 50. Geburtstag des Farbfernsehens in Deutschland feiert das ZDF mit einer vierteiligen Show-Reihe zur besten Sendezeit. Moderiert werden die Abende ab dem kommenden Donnerstag (20.15 Uhr)mit dem Titel »Wir lieben Fernsehen« von Johannes B. Kerner.
 

Alles so schön bunt hier: Am 25. August 1967 drückte der damalige Vizekanzler Willy Brandt vor laufender Kamera einen roten Knopf und gab damit den Startschuss für das Farbfernsehen in der Bundesrepublik. Zu den ersten Sendungen, die das Publikum in Farbe sehen konnte, zählten der Film »Cartouche, der Bandit« mit Jean-Paul Belmondo und die Show »Der goldene Schuss«. Das ZDF würdigt das Jubiläum mit einer vierteiligen Reihe. 

Herr Kerner, mit einer vierteiligen Show im ZDF feiern Sie den Beginn des Farbfernsehens in Deutschland 1967. Sie selber sind Jahrgang 1964. Was ist Ihre früheste farbige Fernseh-erinnerung? 
Johannes B. Kerner:
Das ist die Fußballweltmeisterschaft 1974. Das Finale war Deutschland gegen Holland, und ich weiß noch genau, was wir für einen Fernseher hatten, wie der Flokati im Wohnzimmer aussah und all das. Der Torwart der Holländer hatte ein knallgelbes Dress an, und endlich konnte man das Orange der Niederländer richtig sehen. Deutschland hat gewonnen, das heißt es ist eine gute Erinnerung.

Das Farbfernsehen hat sich nur langsam durchgesetzt. Anfangs besaßen nur etwa 6000 bundesdeutsche Haushalte einen Apparat, der die bunten Bilder zeigen konnte – die WM von 1974 gilt als Schlüsselereignis, das endlich den Durchbruch brachte.
Kerner:
Es wurde ja 1967 auch nicht von einem Moment auf den anderen an alles in Farbe gesendet, sondern vieles noch in Schwarzweiß. Später als Jugendlicher hatte ich selber noch eine Schwarzweiß-Kiste, so ein kleines Ding – das war damals, als man noch verbogene Kleiderbügel als Fernsehantennen benutzt hat.

Als das Farbfernsehen eingeführt wurde, ging es bekanntlich holprig los: Der damalige Vizekanzler Willy Brandt drückte auf einen großen Knopf, der aber nur eine Attrappe war, und versehentlich wurde das gesendete Bild schon deutlich früher bunt.
Kerner:
Die Szene, wie Willy Brandt bei der Funkausstellung in Berlin den Knopf drückt, wird bei uns in der Show natürlich ganz zentral vorkommen. Das Ganze zeigt, dass Pannen einfach zum Fernsehen dazugehören. Vor allem Sendungen mit Livecharakter wie etwa Nachrichten oder Sportübertragungen bergen die Gefahr, dass etwas schiefgeht. Wir wissen aus der Analyse von Quotenverläufen aber auch, dass die Zuschauer bei Pannen besonders aufmerksam sind und nicht umschalten, weil sie wissen wollen, wie es weitergeht. 

Es gab damals in der Bundesrepublik und der DDR unterschiedliche technische Farbfernsehsysteme. Die Zuschauer im Osten konnten deshalb das Westfernsehen nicht in bunt sehen und umgekehrt. Welche Rolle wird dieser Aspekt in den Shows spielen?   
Kerner:
Wir sind heute ja glücklicherweise ein vereinigtes Land. Aber wir haben eine teilweise unterschiedliche Geschichte, und es gab auch verschiedene Fernsehnetzwerke: ARD und ZDF im Westen, später auch das Privatfernsehen, und das DDR-Fernsehen im Osten. Das alles werden wir in der Show abbilden. Witzigerweise hatten beide Sendersysteme früher etwas, was es heute nicht mehr gibt: Sendeschluss. Es lief dann immer ein technisches Bild, und das war in der Bundesrepublik und in der DDR praktisch identisch. Da war die Einheit schon fast geschafft.

In einer Folge der Show lässt Thomas Gottschalk für ein paar Minuten »Wetten, dass..?« aufleben. Ist das etwa der Testballon für ein Comeback der Kultshow?
Kerner
: Nein, es ist ein Teil unserer Show »Wir lieben Fernsehen – Die größten Fernsehmomente«. Da gehört »Wetten, dass…?« mit Thomas Gottschalk auch definitiv hin. Ich habe selber vor dem Fernseher gesessen und darauf gewartet, bis endlich die Eurovisionshymne ertönt. Thomas hat bei uns in der Sendung übrigens sehr viel Spaß gehabt. Ich habe zu ihm gesagt: »Hier hast Du für zehn Minuten Deine Show zurück«, und dann hat er gesagt: »Dann überziehe ich und mache mal gepflegt 30 Minuten daraus.« Die Verantwortlichen des ZDF haben aber eine klare Entscheidung getroffen und »Wetten, dass…?« zu den Akten gelegt. Mit einer Ausnahme – für »Wir lieben Fernsehen«.

- Anzeige -

In den Medien hat dieses Mini-Comeback einen großen Wirbel ausgelöst. Hat Sie das überrascht?
Kerner:
Nein, denn wenn man in der Branche arbeitet, dann weiß man, dass »Wetten, dass…?« einfach ein magischer Begriff ist, weil die Leute damit ihre Kindheitserinnerungen aus den 80er- und 90er-Jahren verbinden. Dass die Sendung später nicht mehr so das glänzende Licht war wie in ihrer Blütezeit, wird gerne verdrängt. 

Welche Rolle spielt bei Unterhaltungsshows das Thema Farbe? 
Kerner:
Eine große Rolle. Es gibt richtige Fachleute, die sich über die Wirkung der Farben Gedanken machen. Rottöne werden als warm empfunden, als heimelig – wenn das Rot nicht zu knallig ist. In Shows strebt man diese gewisse Heimeligkeit und Wärme immer an. Blautöne werden dagegen eher als kühl empfunden und mit Sport oder Nachrichten assoziiert. Ich selber gehöre in dieser Sache aber nicht zu den Experten – ich achte im Studio mehr aufs Rotlicht (lacht).  

Aber Sie als Moderator wissen doch bestimmt, welche Farben Ihnen am besten stehen?
Kerner:
Ehrlich gesagt nein. Ich definiere mich überhaupt nicht über mein Äußeres, und das, was ich sage, ist mir wichtiger als die Frage, wie ich aussehe. Allerdings hat die Einführung der HD-Technik eine Sache geändert: Ich rasiere mich häufiger mal vor der Sendung. Früher ging es bei mir auch, wenn ich mich mal einen Tag lang nicht rasiert hatte, aber jetzt sieht man noch die kleinsten Bartstoppeln, darauf muss man sich einstellen. 

Die Jubiläumsshow trägt den Titel: »Wir lieben Fernsehen«. Es gibt allerdings auch Leute, die beim Thema Fernsehen die Nase rümpfen und sagen, dass ihnen vieles zu seicht ist…
Kerner:
Ich glaube, dass zwischen dem wirklichen Leben und einschlägigen Aussagen in Umfragen eine Lücke klafft. Viele Leute, die behaupten, dass sie im Grunde nur Nachrichten gucken, sehen in Wahrheit doch viel mehr. Wir leben eben in einer immer älter werdenden Gesellschaft, und ältere Leute sehen einfach viel fern. 

Aber bei jüngeren Leuten bleibt der Fernsehapparat öfter mal aus. Macht Ihnen das keine Sorgen?
Kerner
: Nee, junge Leute gucken wirklich nicht mehr so viel lineares Fernsehen, aber sie schauen sich Sachen auf dem Handy an, bei YouTube, Amazon Prime, oder in den Mediatheken der Sender. Der Kuchen wird immer mehr auf viele verschiedene Endgeräte verteilt, aber es bleibt doch ein Kuchen. Ob sie »Der Quiz Champion«, »Wir lieben Fernsehen« oder andere Shows um 20.15 Uhr sehen oder irgendwann später in der Mediathek, ist mir egal. 

Bei welchen Sendungen machen Sie den Fernseher aus?
Kerner:
Ich bin nicht so ein Krimifan. Mein Leben ist spannend genug, ich brauche keine zusätzliche Aufregung. 

Zur Person

Johannes B. Kerner

Moderator Johannes B. Kerner blickt in der Show »Wir lieben Fernsehen« gemeinsam mit prominenten Gästen wie Thomas Gottschalk, Lothar Matthäus, Dieter Hallervorden und Mario Adorf auf zahlreiche Meilensteine in der Geschichte des Farbfernsehens zurück. Kerner kam 1964, drei Jahre vor der Einführung der bunten Fernsehbilder, in Bonn zur Welt und wuchs in Berlin auf. Nach einem abgebrochenem BWL-Studium machte er eine steile TV-Karriere: Bei Sat.1 moderierte er zunächst das Fußballmagazin »ran« und einen täglichen Talk, nach wechselnden Stationen präsentiert er beim ZDF derzeit verschiedene Unterhaltungsshows. Der Wahl-Hamburger ist mit einer ehemaligen Hockey-Nationalspielerin verheiratet, mit der er vier Kinder hat. Voriges Jahr gab das Paar seine Trennung bekannt.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.