Was taugt das erste Open-World-Spiel im Krieg-der-Sterne-Universum?
Während Star Wars in Film und Fernsehen erst nach dem spektakulären Verkauf der Rechte von George Lucas an den Disney-Konzern mit diversen Spin-Offs konsequent wirtschaftlich ausgeschöpft wird, werden Videospiele rund um Krieg der Sterne bereits seit Jahrzehnten produziert – angefangen von edlen Weltraum-Simulationen wie „X-Wing“ über Ego-Shooter à la „Dark Forces“ bis hin zum Rollenspiel „Knights of the Old Republic“ und diversen Multiplayerspielen. Oft haben diese Titel Videospielgeschichte geschrieben, aber manches Mal auch die Spielercommunity verärgert – mit schlechtem Gameplay oder ungeliebten In-Game-Käufen.
Nun ist mit „Star Wars Outlaws“ das erste Spiel zu Krieg der Sterne erschienen, das in einer offenen Welt spielt. Im Vorfeld gab es Geraune, weil Publisher Ubisoft bekannt ist für offene Welten, die wegen ihrer Spielmechanik nicht jedem gefallen, und auch hier wieder das inzwischen leider etablierte, aber von vielen gehasste Konzept der Season Passes und verschiedenen Editionen, bei der Spieler tief in den Geldbeutel greifen müssen für den vollständigen Spielgenuss, eingesetzt wird.
Andererseits ist die beauftragte Spieleschmiede Massive Entertainment bekannt für Qualität und hat jüngst mit dem Videospiel „Avatar: Frontiers of Pandora“ rund um das blaue Alien-Naturvölkchen ein beeindruckendes, episches Abenteuer abgeliefert. Was ist nun aus „Star Wars Outlaws“ geworden? Eine Melkmaschine, um den Fans das Geld aus der Tasche zu ziehen, oder eine würdige Premiere im Open-World-Genre?
Worum geht es?
Erzählt wird die Geschichte der sympathischen, aber erfolglosen Schmugglerin Kay Vess, die sich mit dubiosen Aufträgen auf einem heruntergekommenen Planeten im Outer Rim durchschlägt, bis sie zwischen die Fronten rivalisierender Verbrechersyndikate gerät. In diversen Missionen muss Kay eine Crew zusammenzubekommen, um mit einem ultimativen Coup ihren Hals aus der Schlinge zu ziehen.
Kay Vess (links) gerät als erfolglose Schmugglerin zwischen die Fronten dreier Verbrechersyndikate.
Foto: Ubisoft/Ubisoft
Zeitlich spielt „Star Wars Outlaws“ zwischen den Episoden 5 und 6. Der Todesstern ist zerstört, aber das Imperium hat zurückgeschlagen und die Allianz in die Defensive gedrängt. Nun versuchen kriminelle Syndikate, das Vakuum aus Recht- und Hoffnungslosigkeit für ihre sinistren Zwecke zu nutzen. Dabei arbeiten sie je nach Interessenlage mit oder gegen das Imperium.
Wie spielt sich Star Wars Outlaws?
Massive Entertainment hat die offene Welt mit allen gängigen Spielmechaniken ausgestattet, die zu erwarten sind – ohne dass eine von ihnen einen Wow-Effekt erzielt, andererseits enttäuschen sie aber auch nicht. Kay Vess schleicht und klettert durch imperiale Stützpunkte, setzt Gegner heimlich außer Gefecht oder liefert sich Feuergefechte. Mit einem Gleiter fegt sie über planetare Landschaften, im Weltall liefert sie sich Dogfights mit Piraten und TIE-Fightern.
All diese Elemente funktionieren flüssig, sind aber wenig komplex. Für das heimliche Ausschalten von Gegnern hat Kay Vess beispielsweise einen einzigen Move. Das Waffenarsenal ist ebenfalls überschaubar: Die meiste Zeit ballert sich Kay mit ihrem modifizierbaren Blaster durch die Missionen.
Eher unterdurchschnittlich erscheint die künstliche Intelligenz. Einerseits entdeckt sie Kay mitunter auf große Distanzen und macht ihr das Leben schwer. Aber im Test ist auch einmal passiert, dass wir uns direkt neben einem imperialen Offizier an einer Konsole zu schaffen machten, ohne dass er reagierte.
Wie abwechslungsreich ist das Missionsdesign?
In Star Wars Outlaws ist eine Menge geboten: Kay Vess muss begehrte Objekte aus hochgesicherten Arealen stehlen, Informationen sammeln, um an Schätze zu gelangen, technischen Krimskrams verschieben oder manipulieren, um weiterzukommen, andere Bewohner oder Kriminelle belauschen, ihren Gleiter und ihr Raumschiff ausbauen und und und...
In dem Spiel wird viel geklettert.
Foto: Ubisoft/Ubisoft
Andererseits schleicht und klettert Kay Vess die meiste Zeit durch halbwegs schlauchige Areale, die immerhin meist mehrere Möglichkeiten bieten, von A nach B zu gelangen. Es gilt jede Menge Schalter zu erreichen und zu sabotieren. Phasenweise ist das Gameplay doch sehr repetitiv.
Welche übergreifenden Spielmechaniken gibt es?
In „Star Wars Outlaws“ gibt es drei kriminelle Netzwerke. Wenn Kay Aufträge erfüllt, wirkt sich das auf ihren Ruf aus, der besser oder schlechter werden kann. Das hat Folgen für Preise bei Händlern, Aufträge und Areale, in denen sich Kay entweder frei bewegen kann oder wo ihr das Blasterfeuer um die Ohren fliegt. Es kann sich also lohnen, für eine Fraktion Aufträge zu erfüllen, die den Ruf verbessern, um dann durch die Basis der Bande zu schlendern und erst ganz zum Schluss ungesehen in einen Raum einzubrechen.
Die Ort und Landschaften sind schön und atmosphärisch gestaltet.
Foto: Ubisoft/Ubisoft
Sehr motivierend ist die neue Variante des Fähigkeitenbaums, die „Star Wars Outlaws“ anbietet: Kay lernt im Verlauf des Spiels mehrere Personen mit besonderen Fähigkeiten kennen. In dem Kay bestimmte Aktivitäten erfüllt, eignet sie sich diese Skills an und wird nach und nach stärker. Das funktioniert prima und ist schön eingebettet in den Spielverlauf.
Kommt echtes „Star-Wars-Feeling“ auf?
Ganz klares Ja! Am Anfang braucht es eine gewisse Zeit, aber spätestens wenn Kay Vess zum ersten Mal mit ihrem Raumschiff Trailblazer in der Ladezone eines imperialen Stützpunktes einschwebt und weißbehelmte Sturmtruppler an ihr vorbeimarschieren, bricht das Star-Wars-Fieber aus. Droiden und diverse Alienvölker, die bereits aus früheren Produktionen bekannt sind, sorgen für das richtige Flair.
Das Flair der Filme kommt vor allem dann auf, wenn die Geschichte in Stützpunkte des Imperiums führt.
Foto: Ubisoft/Ubisoft
Die Planetenlandschaften sind schön gestaltet, in den Siedlungen erzeugen gekonnt gesetzte Lichteffekte eine zwielichtige Atmosphäre. Aber ganz in der obersten Liga wie etwa „Horizon: Zero Dawn“ oder „Avatar: Frontiers of Pandora“ spielt „Star Wars Outlaws“ im Gesamteindruck dann doch nicht.
Viele Sympathien sammelt die Hauptfigur Kay Vess im Laufe des Spiels ein, die offensichtlich eine weiblich-woke Version des legendären Han Solo sein soll, der bekanntlich zu der Zeit, in der „Star Wars Outlaws“ spielt, in Karbonit eingegossen ist und eine eher eintönige Existenz führt.
Wer ist der heimliche Star des Spiels?
Kay Vess’ dauerhafter Begleiter ist Nix, eine liebenswerte Mischung aus Bulldogge und Leguan, die eine ganze Menge Talente hat, die sich im Gameplay als ausgesprochen unterhaltsam entpuppen. Nix kann Wachen bestehlen, ablenken oder angreifen, Schalter umlegen und brennbare Behälter explodieren lassen. Das kleine Arsenal an Fähigkeiten entpuppt sich schon bald als so vielseitig, dass es Erinnerungen weckt an das Spiel „Watch Dogs“ und aus eigentlich öden Räumen kleine Sandkästen zum Ausprobieren macht.
Fazit
„Star Wars Outlaws“ lässt die Kinnladen der Spielerinnen und Spieler zunächst nicht auf die Controller knallen. Grafik und Gameplay sind rund und ordentlich gestaltet, ohne neue Standards zu setzen. Aber trotzdem kommt jede Menge Spielspaß auf, dafür sorgen Kay Vess und ihr schnuckeliger Begleiter Nix, die Story und die bekannten Versatzstücke aus dem Star-Wars-Universum.
„Star Wars Outlaws“ ist auf PlayStation 5, XBox und PC erschienen und kostet je nach Edition zwischen 69 und 129 Euro.