Ein Spieleredakteur aus Oberkirch erzählt von seinem Beruf
Spielt ihr auch so gerne Gesellschaftsspiele wie Robby Rheinschnake? Vielleicht habt ihr euch dann auch schon mal gefragt, wer die Spiele eigentlich erfindet beziehungsweise wie ein Spiel entsteht. Christian Hildenbrand, der in Oberkirch geboren und oft zu Besuch dort ist, ist Spieleredakteur. Im Gespräch mit Robbys Assistentin hat er verraten, was genau ein Spieleredakteur macht und wie ein Spiel entsteht.
Sie sind Spieleredakteur. Was genau macht man in diesem Beruf denn?
Christian Hildenbrand: In meinem Job bearbeite ich Spielideen von Spieleautoren, damit aus ihnen fertige Spiele werden, die dann bei den Spielern auf den Tisch kommen. Außerdem stehe ich im Verlag jederzeit zur Verfügung, wenn jemand Regelfragen hat, wenn was an einem Spiel ausgebessert werden muss oder wenn es einfach nur Fragen zu einem unserer Spiele gibt.
Wie wird man Spieleredakteur?
Hildenbrand: Tatsächlich gibt es keine Ausbildung – man muss einfach nur Bock drauf haben, sich den ganzen Tag mit Spielen zu beschäftigen. Wenn man dann noch das Glück hat, einen Verlag zu kennen, bei dem gerade jemand in der Redaktion gebraucht wird, dann klappt das eben mit dem Spieleredakteur. Ich hab schon eine ganze Weile für den Zoch-Verlag in München auf Spielemessen gearbeitet und Spiele erklärt. Dem Chef dort hab ich bei einem Abendessen mal gesagt, dass ich gerne Redakteur werden würde. Einige Zeit später bekam ich das Angebot dazu und hab mich in Sekunden entschieden, dass ich das machen will. Eigentlich bin ich nämlich gelernter Tierarzt.
Braucht man Talent, wenn man Spiele »erfindet«?
Hildenbrand: Ein paar wichtige Kniffe kann man beim Spieleerfinden sicher auch lernen. Aber aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen: Es gibt Autoren, denen fällt es deutlich leichter, ein Spiel »gut« zu machen, andere knabbern viele Jahre daran, bis es endlich zu einem veröffentlichten Spiel kommt. Also ja, Talent spielt schon eine Rolle, ist aber nicht alles.
Gibt es Schulfächer, in denen man besonders gut sein sollte, wenn man Spieleredakteur werden möchte?
Hildenbrand: Wichtig ist vor allem, dass man sich für viele verschiedene Dinge interessiert. In Spielen beschäftige ich mich mit so vielen Themen, dass ich mich immer wieder mal schlaumachen muss, wenn ich was nicht weiß. Auf jeden Fall sollte man rechnen können, da gerne mal herausgefunden werden muss, wie oft bestimmte Dinge in einem Spiel passieren können. Deutsch ist von Vorteil, weil ein Spieleredakteur natürlich auch eine Menge Spielregeln schreibt. Und Englisch schadet auch nicht, weil ich viel mit Autoren und Verlagen aus dem Ausland arbeite – und da ist Englisch die Sprache, die normalerweise benutzt wird.
Nun zu den Spielen: Wie entsteht ein Spiel?
Hildenbrand: Am Anfang ist immer die Idee im Kopf eines Spieleautors. Alles Weitere ist jedes Mal wieder komplett anders. Es wird viel ausprobiert und getestet, ob das Spiel funktioniert und Spaß macht. Spielmaterial und Ideen werden hinzugefügt und wieder entfernt. Irgendwann sind sich dann alle sicher, dass das Spiel fertig ist.
Es gibt ja Spiele für kleine Kinder, größere und Erwachsene: Sind dafür immer unterschiedliche Leute zuständig?
Hildenbrand: In manchen Verlagen ist das so, dass Kinder- und Familienspielredaktionen getrennt sind. Wir bei Amigo machen alle alles. Das macht es für mich auch spannender, weil ich noch mehr Abwechslung habe.
Wie lange dauert es denn ab der Idee, bis ein Spiel auf den Markt kommt?
Hildenbrand: Oh, da gibt es keine wirklich passende Angabe. Ich selbst hatte schon alles, von »wenigen Wochen« bis »viele Jahre«. Meistens ist die Idee im Kopf des Autors ja auch schon längere Zeit da, bevor er sie einem Verlag vorstellt. Wenn ein Verlag festlegt, dass er ein bestimmtes Spiel machen will, dauert es in der Regel etwa ein bis eineinhalb Jahre, bis das Spiel dann wirklich auf dem Markt ist und von Kindern und/oder Erwachsenen gespielt werden kann.
Wer testet die Spiele und legt fest, ob sie erscheinen?
Hildenbrand: Als Erste spielen wir in der Redaktion die neuen Spielideen. Wir entscheiden dann, ob das Spiel eine Chance bekommt. Wir beurteilen, ob das Spiel gut genug ist, um viele Fans zu finden, und ob das Spiel auch umgesetzt werden kann. Manch ein tolles Spiel scheitert am Material, weil es nicht bezahlbar ist und zu teuer werden würde.
Welche Spiele haben Sie denn erfunden/entworfen?
Hildenbrand: Ich habe meine Finger in über 100 Spielen – aber auf keinem stehe ich als Autor drauf. Als Spieleredakteur bearbeite ich vor allem die Ideen der Autoren, meine eigenen müssen da ein bisschen hintenanstehen. Leider. Mein größtes Projekt, in das ich auch fast zwei Jahre Entwicklung mit reingesteckt hatte, war »Fauna«. Das ist ein Tierschätzspiel, bei dem die Spieler die Länge, das Gewicht und die Lebensräume von 360 Tieren einschätzen müssen. Da war es natürlich von Vorteil, dass ich mich im Studium schon so sehr mit Tieren beschäftigt hatte.
Sie waren jüngst auf einer Testspielwoche auf Mallorca. Was ist denn eine Testspielwoche?
Hildenbrand: Wir sind einmal im Jahr mit 25 Mitspielern für eine Woche zum Testspielen auf Mallorca. Da sind einige Freunde und Kollegen von anderen Verlagen mit dabei und wir spielen zusammen alle möglichen Spiele, die noch nicht ganz fertig sind. Die meisten der Spiele kommen dann im Herbst oder im nächsten Frühjahr auf den Markt. Und tatsächlich spielen wir eine Woche lang jeden Tag für etwa zwölf bis 14 Stunden Spiele – mit dem Pool vor der Finca und der Sonne über uns.
Was ist gerade angesagt?
Was ist denn derzeit in Sachen Spiele angesagt? Der Spieleredakteur Christian Hildenbrand verrät es: »Kinder wollen vor allem Spiele, bei denen Action angesagt ist und sie tolles Spiel-
material in den Händen halten können. Vergangenes Jahr haben wir mit ›Ice Cool‹ die Auszeichnung »Kinderspiel des Jahres« gewonnen. In dem Spiel schnippt man Pinguine über ein großes Spielfeld. Dieses Jahr hat mit ›Funkelschatz‹ ein Spiel gewonnen, bei dem ein Turm aus Ringen abgebaut wird und dabei jede Menge Edelsteine für die Spieler auf die Spielfläche fallen«.
»Bei Erwachsenen sind Spiele im Trend, die sich von Partie zu Partie entwickeln. Das nennt sich ›Legacy‹ und bedeutet zum Beispiel, dass durch Ereignisse, die in einer Partie passieren, der Spielplan beklebt oder beschriftet wird, neue Karten ins Spiel kommen und/oder Spielregeln verändert werden. Das ist sehr spannend, denn nach einigen Partien ist jedes Spielexemplar dann anders.«
Christian Hildenbrand selbst hat natürlich zahlreiche Lieblingsspiele: »Ich mag vor allem kleine Kartenspiele, die in jeden Rucksack passen. Besonders gerne spiele ich da im Moment ›Bohnanza‹ und ›Biberbande‹. Ansonsten mag ich Spiele mit tollem Material aus Holz. Eines meiner Lieblingsspiele ist da der ›Bausack‹. Da muss man aus vielen verschiedenen Holzteilen große Türme bauen.«km
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