Alicia von Rittberg auf den Spuren von Audrey Hepburn
Stuttgart - Es kommt sehr selten vor, dass Filme im Auftakt zu scheitern scheinen und danach große dramatische Kraft entfalten. Maggie Perens „Hello again“ ist so ein Fall. Die Regisseurin und Drehbuchautorin erzählt die Geschichte der Mittzwanzigerin Zazie (Alicia von Rittberg), die unbedingt die Hochzeit ihres Sandkastenfreundes Philipp (Tim Oliver Schultz) mit der hochmütigen Franziska (Emilia Schüle) verhindern möchte – dabei hat sie vor Jahren den Kontakt zu ihm abgebrochen, und es ist zunächst unklar, warum. Bald zeigt sich, dass die liebenswerte Chaotin Zazie in einer tiefen Krise steckt und dass es keine Kleinigkeit ist, in die Lebensentscheidungen anderer einzugreifen.
Peren kettet die Wandlung ihrer Figur an eine Zeitschleife, wie man sie kennt aus „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (1993): Zazie wacht immer aufs Neue am Tag der Hochzeit auf, versucht immer andere Verhinderungsstrategien und erforscht dabei ihre eigenen Gefühle. Zu Beginn tut sie das in einer überspannten deutschen Komödie mit Schenkelklopfhumor und Erbrochenem auf dem Hochzeitskleid, in der Akteure hektisch herumrennen, atemlos Platituden von sich geben, und Torten ins Gesicht bekommen.
Zazie blickt in den Spiegel
Darin soll sich der innere Aufruhr der Protagonistin spiegeln, doch das stellt sich erst später heraus – anspruchsvollere Zuschauer brauchen also ein wenig Geduld. Die Montage lässt bereits hoffen: Peren hat den Auftakt rasant gestaltet wie in Jean-Pierre Jeunets „Amélie“ (1997), und der kraftvolle Soundtrack aus Popsongs erweist sich als durchdacht, sobald der ausgelutschte „Mr. Sandman“ nicht mehr im Original auftaucht, sondern in einer von vielen sehr unterschiedlich gestimmten Interpretationen.
Sobald sich der erste Platzpatronen-Pulverdampf gelegt hat, gewinnen die Figuren an Kontur, auch Zazies WG-Kollegen. Der nette, aber immer zur Unzeit in Sekundenschlaf fallende Narkoleptiker Anton (Edin Hazanovic) offenbart eine vielschichtige Persönlichkeit, der von Frauen umschwärmte Herzensbrecher Patrick (Samuel Schneider) ein großes Herz. Zazie selbst blickt in den Spiegel und sieht wie auch die Zuschauer auf einmal keine selbstbewusste Anarchistin mehr, sondern eine verletzliche junge Frau.
Rittberg zeigt nun wahrhaftige Emotionen, zauberhaftes Lachen, umwölkte Betrübnis. Ihre Figur betritt die Sphäre jener unglücklichen Mädchen in inneren Turbulenzen, deren Lichtgestalt Audrey Hepburn als Holly Golightly in „Frühstück bei Tiffany“ (1961) ist. Hätte Maggie Peren nur gleich dort angesetzt.