Renitenztheater startet Sommerprogramm

„Auch mit Abstand kommt Stimmung auf“

Adrienne Braun
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06. Juli 2020
Sebastian Weingarten empfängt wieder Publikum im Renitenztheater.

Sebastian Weingarten empfängt wieder Publikum im Renitenztheater. ©Foto: Michael Dostler

Sebastian Weingarten, der Intendant des Stuttgarter Renitenztheaters, findet, dass er und seine Kollegen zu Beginn der Corona-Krise allzu brav waren. Damit ist jetzt Schluss.

Stuttgart - Natürlich ist man sofort auf andere Kanäle ausgewichen, hat auf YouTube oder Spotify sein Publikum unterhalten. Jetzt kehrt das Kabarett wieder auf die Bühne zurück: das Renitenztheater startet sein Sommerprogramm. Der Intendant Sebastian Weingarten hat das Haus gut durch die Krise gebracht – und fürchtet doch, dass die große Krise für die Kultur noch kommt.

Herr Weingarten, im Renitenztheater wird gern gelacht. Wie ist die Stimmung bei Ihnen?

Die Stimmung ist den Umständen entsprechend sehr gut, weil wir kurz vor dem Neustart stehen mit unserem Sommerprogramm. Die Künstler freuen sich, endlich wieder vor echtem Publikum zu spielen. Es ist ein großes Abenteuer für uns.

Was war in den vergangenen Monaten das Schlimmste für Sie?

Anfangs waren wir in einer Schockstarre und mussten lernen zu begreifen, dass dem Theater von jetzt auf nachher der Stecker gezogen wurde: aus, finster, vorbei. Der nächste Lernprozess war die Umstellung der Strukturen. Aus der Arbeit die Bühne zu bespielen und dafür Tickets zu verkaufen, wurde Kunden benachrichtigen, dass wir absagen oder verschieben. Parallel wurden – aufgrund des täglichen Programmwechsels – circa 140 Gastspiele bis jetzt verschoben oder abgesagt. Wir haben seit Mitte März keine Planungssicherheit. Entscheidungen können nur auf Sicht getroffen werden.

Das Renitenz spielt einen großen Teil des Etats selbst ein. Wie haben Sie das finanziell gemacht?

Wir haben bisher 68 Prozent selbst eingespielt, aber die Einnahmen sind natürlich total zusammengebrochen. Das war die nächste Herausforderung. Wir haben in den letzten Jahren gut gewirtschaftet und eine stabile Grundlage, weshalb wir nicht in eine existenzielle Notlage geraten sind. Aber das hängt davon ab, wie es jetzt weitergeht.

Sie haben keine Kurzarbeit gemacht?

Doch, wir haben den Betrieb heruntergefahren und die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt.

Wollten die Besucher ihr Geld zurück?

Das ist sehr erfreulich, bestimmt 80 bis 90 Prozent der Leute haben umgebucht auf Ersatztermine. Es gab auch eine sehr erfreuliche Spendenbereitschaft, das hat mich sehr gefreut und berührt.

Jetzt geht es wieder los – und Sie haben eine neue Dependance: den Hospitalhof. Warum das?

Unsere erste Berechnung war, dass wir bei einem Abstand von 1,50 Meter nur 52 Leute ins Renitenz bringen, was nicht tragbar gewesen wäre. Der Paul-Lechler-Saal im Hospitalhofhat dagegen 800 Plätze, dort kriegen wird 186 Zuschauer rein. Damit können wir in unserem Genre schon besser arbeiten.

Funktioniert Kabarett mit Abstand?

Der Abstand ist unabdingbar, aber ich glaube schon, dass da Stimmung aufkommt. Wir haben ja viele Routiniers, die seit Jahren auf der Bühne stehen. Der Künstler hat Kontakt zum Publikum, da kann man gut Stimmung erzeugen.

Sie starten mit Ihrem Hausprogramm „Wohin mit Stuttgart?“ Musste das Programm uminszeniert werden?

Es lag uns sehr am Herzen, es noch mal zu präsentieren, weil es vermutlich zum letzten Mal gespielt wird. Wir haben natürlich Veränderungen eingebaut und auf die aktuelle Situation reagiert.

Haben Sie sich während der Corona-Krise von Politik und Verwaltung unterstützt oder allein gelassen gefühlt?

In der Politik wurde das Wort „Kultur“ gefühlt in den ersten acht Wochen öffentlich nicht erwähnt, das war aber nicht nur in Deutschland so. In Stuttgart gab es zur Kulturverwaltung von Anfang an einen guten und ermutigenden Kontakt. Irgendwann wurden die Theaterleiter aktiv und sind gemeinsam auf die Gemeinderäte zugegangen. Danach ist der Austausch intensiver geworden und wurde uns Unterstützung zugesichert. Das war sehr erfreulich und gab einem das Gefühl, dass man vielleicht doch „systemrelevant“ ist.

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