Bonn

Beatles, Bond und Brexit: Der deutsche Blick auf die Briten

dpa
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
09. Juli 2019
Das Tigerfell aus dem Sketch «Dinner for One».

Das Tigerfell aus dem Sketch «Dinner for One». ©dpa - Federico Gambarini

Da liegt es also, das Original-Tigerfell aus «Dinner for One», über das Butler James so kunstvoll stolpern kann. In Großbritannien kennt den Sketch kein Mensch, in Deutschland gehört er seit Jahrzehnten so selbstverständlich zu Silvester wie Feuerwerk und Sekt.

Das Haus der Geschichte hat das Tigerfell jetzt bei den Nachfahren des Schauspielers Freddie Frinton (1909-1968) aufgespürt, der den Butler vor 60 Jahren verkörperte. Es soll dort noch im Wohnzimmer gelegen haben. In Bonn wird es wie ein wertvolles Kunstwerk hinter Glas gezeigt - in der neuen Ausstellung «Very British - ein deutscher Blick».

Insgesamt haben die Deutschen wohl ein sehr positives Bild vom Inselvolk. Es ist geprägt von Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, von der Popkultur seit den Tagen der Beatles, von James Bond, Monty Python, Harry Potter und natürlich den Royals. «Das deutsche Interesse an Großbritannien ist weit größer als umgekehrt», stellt Museumschef Hans Walter Hütter sicher zurecht fest.

Die vielleicht beste Ausstellung seit Jahren in Bonn

Die Ausstellung ist vielleicht die beste seit Jahren in dem Bonner Museum. Das liegt in erster Linie an den hochkarätigen Ausstellungsstücken. Der Ball des WM-Endspiels in Wembley von 1966 ist da - er darf allerdings nur zwei Wochen bleiben -, die Handtasche von Maggie Thatcher, das Bühnenkostüm von George Harrison und sogar ein Abendkleid, das die Queen bei ihrem umjubelten Staatsbesuch 1965 in Deutschland trug. Es wurde dem Haus der Geschichte «mit ausdrücklicher persönlicher Zustimmung von Queen Elizabeth» zur Verfügung gestellt. Überhaupt hätten alle britischen Institutionen in vorbildlicher Weise kooperiert, hebt Hütter hervor.

- Anzeige -

Großen Raum bekommt das beiderseitige Verhältnis, das auf britischer Seite immer noch stark von der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg geprägt ist. Spitzen gegen die «Fritzen» gehören bis heute zum britischen Alltag. Im Museum zu sehen ist ein Werbespot der Biermarke Carling: Im Urlaub lassen sich die Deutschen früh morgens vom Ruf der Kuckucksuhr wecken, um rechtzeitig alle Liegen am Pool zu belegen. Doch der einzige Brite im Hotel - im Gegensatz zu ihnen ein athletischer, gut aussehender Typ - kommt ihnen zuvor, indem er sein Handtuch mit einem Meisterwurf aus dem Fenster schleudert. Nachdem es kurz auf dem Poolwasser aufgetischt ist, landet es auf dem besten Platz und entrollt sich dort von selbst. Anschließend genehmigt sich der coole Brite ein Carling und fragt die Deutschen provozierend: «Schön hier, oder?»

Eine Großmacht mit globalen Ambitionen

Zu sehen sind aber auch bewegende Zeugnisse der Versöhnung. Das beeindruckendste ist ein Messgewand, das sich 2017 der Bischof von Coventry anfertigen ließ. Coventry mitsamt seiner Kathedrale wurde 1940 von deutschen Bombern zerstört. Der Chormantel zeigt aber nicht nur Bilder aus Coventry, sondern ebenso aus dem von britischen Bombern in Schutt und Asche gelegten Dresden.
Die Ausstellung hat natürlich großes Terminglück. Sie dauert bis zum 8. März 2020 - in diese Zeitspanne dürfte nach menschlichem Ermessen der Brexit fallen. Als erste Sonderausstellung werde diese dann aktualisiert und umgebaut werden, kündigt Hütter an. Die Geschichte wird weitergeschrieben.

«Was immer wieder zu Irritationen führt, ist das Verhältnis der Briten zu Europa», sagt Ausstellungsmacher Christian Peters. Das sei aber nichts Neues, wie die Ausstellung zeige. Zwar war Winston Churchill in den ersten Nachkriegsjahren einer der ersten leidenschaftlichen Befürworter einer europäischen Einigung - doch Großbritannien sollte dabei nur wohlwollender Zuschauer sein.
Um das zu erklären, zeichnete Churchill dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer 1953 drei Kreise auf, in deren Schnittpunkt er Großbritannien sah: das Commonwealth, die USA und das von ihm ersehnte «United Europe». In der Eigenwahrnehmung ist Großbritannien zwar Teil Europas, aber immer auch noch Großmacht mit globalen Ambitionen und einem innigen Verhältnis zur englischsprachigen Welt. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kultur

José F. A. Oliver
27.03.2024
Kulturkolumne
Einst las ich den Satz, die Zeit sei eine blinde Führerin. Übersetzt hieß das für mich nichts anderes, als dass wir diejenigen sein sollten, die diese an die Hand nehmen müssten. In einer Welt, die groß ist und klein zugleich: Die Welt ist groß. Die Welt ist klein ...
Berühmten Kollegen setzte Anna Haifisch ein Denkmal. So zeigt sie in einer Zeichnung den Karikaturisten Saul Steinberg (1914–1999) beim Kampf gegen eine Schaffenskrise.
26.03.2024
Ausstellung in Straßburg
Noch bis zum 7. April sind im Straßburger Musée Tomi Ungerer Werke der deutschen Zeichnerin Anna Haifisch zu sehen. Sie stellt Menschen gerne oft als Tiere dar und karikiert Kollegen.
Gäste im "Grand Hotel Grimm" mit unlauteren Absichten: ein Zwerg mit langem Bart, ein unscheinbarer Handlungsreisender und eine elegante junge Dame mit dem Namen Rotkäppchen.
26.03.2024
Puppenparade Ortenau
Die „Berliner Stadtmusikanten“ des Theaters Zitadelle sind in die Jahre gekommen. Mit „Grand Hotel Grimm“ boten sie bei der Puppenparade in Lahr dennoch eine erfrischende Vorstellung.
Im Mittelpunkt der Tragödie: die Schwestern Chrysothemis (Elza van den Heever, links) und Elektra ­(Nina Stemme).
26.03.2024
Festspielhaus Baden-Baden
Das archaische Thema der Oper „Elektra“ ließ das Publikum bei der Eröffnung der Osterfestspiele Baden-Baden frösteln. Umjubelt wurden Sängerin Nina Stemme und Dirigent Kirill Petrenko.
Dietrich Mack. 
26.03.2024
Kulturkolumne
„Hoffnungsglück“ hat Goethe die Aufbruchstimmung genannt, die der Frühling verbreitet..Dieses Gefühl genießt auch der Kolumnist, der verrät, warum für ihn Bach nicht nur der fünfte, sondern auch der beste Evangelist ist.
Sechshändig am Klavier: die Schwestern Alisa und Lia Benner aus Lahr und Ennco Sinner aus Kippenheim.
19.03.2024
"Jugend musiziert"
Eine Auswahl der Besten beim Landeswettbewerb in Offenburg stellte sich in der Offenburger Reithalle vor, oft begleitet von Vater, Mutter oder Geschwistern.
Harte Szene im Gemüsekrimi: Dietmar Bertram hobelt eine Gurke, um sie zum Reden zu bringen.
17.03.2024
Lahr
Ein Detektiv spielt mit Essen: Dietmar Bertram präsentierte „Hollyfood – Die Gemüsekrimis“ bei der Puppenparade Ortenau im Lahrer Schlachthof.
Am Abgrund: In "A long way down" wird über ein ernstes Thema gealbert. 
17.03.2024
Offenburg
Mit britischem Humor thematisiert die Tragikomödie „A long way down“ die Selbstmordgedanken gescheiterter Existenzen. Für die Aufführung in der Oberrheinhalle gab es viel Beifall.
Von Gier befeuert: Carsten Klemm (rechts) als Kunstfälscher Fritz Knobel und Luc Feit (links) als Skandalreporter Hermann Willié. 
17.03.2024
Lahr
Den Skandal um die angeblichen Hitlertagebücher des Kunstfälschers Kujau brachte die Landesbühne Esslingen mit „Schtonck“ auf die Bühne.
Arbeiten aus mehr als drei Jahrzehnten zeigt Karl Vollmer im Artforum.
17.03.2024
Offenburg
Karl Vollmer reflektiert das Zeitgeschehen und bezieht Position. Zwei Werke seiner Ausstellung „Wider Erwarten – Ortung“ beim Kunstverein Ortenau hat er Alexej Nawalny gewidmet.
Das Trio Van Beethoven erhielt frenetischen Schlussbeifall.
13.03.2024
Achern
Das Trio Van Beethoven eroberte am Sonntag mit Werken von drei weitgehend unbekannten Komponisten das Publikum in der Alten Kirche Fautenbach.
Mit ein bisschen Absurdität und jeder Menge Witz ließ das Theater Handgemenge seinen König auf Reisen gehen.
13.03.2024
Kehl
Das Schattenspiel um Herrn König bescherte dem Kehler Publikum einen großartigen Puppenparade-Abend

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.