Festival in Bühl

Bluegrass mit furiosen Saitenduellen und klagenden Fiddle

Michael Müller
Lesezeit 3 Minuten
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21. Mai 2019
inen ganz großen Auftritt lieferten die US-Musiker Trey Hensley (links) und Rob Ickes.

inen ganz großen Auftritt lieferten die US-Musiker Trey Hensley (links) und Rob Ickes. ©Michael Müller

Deutschland gegen Amerika – das gab’s am Wochenende nicht nur bei der Eishockey-WM, sondern auch beim Bühler Bluegrass-Festival. Und wie auf dem Eis waren auch auf der Bühne die Amerikaner die großen Abräumer. Aber die Deutschen hielten sich mehr als achtbar.

Deutschland war diesmal ein Programmschwerpunkt beim Internationalen Bühler Bluegrass-Festival. Gleich drei der sieben Bands, die am Freitag in der Werkstatthalle der Landmaschinen-Firma Oechsle und am Samstag im Bürgerhaus Neuer Markt auftraten, waren deutscher Provenienz. Und sie schlugen sich gegen die Kollegen aus Nordamerika ganz beachtlich.

Allen voran Stereo Naked. Julia Zech (Banjo) und ihr aus Neuseeland stammender Partner Pierce Black (Bass), die von Joon Laukamp (Fiddle, Mandoline) verstärkt wurden, machen bezaubernden, etwas entrückten Indie-Folk, der an Peter, Paul & Mary oder Gillian Welch & David Rawlings denken lässt. Es sind Songs, die sich nie in den Vordergrund drängen. Ungekünstelt gesungen und sparsam instrumentiert, mit Texten mit Tiefgang, oft gewürzt von hintergründigem Humor. So ziehen die beiden den Zuhörer unwiderstehlich in ihre Welt hinein. 

Auf geteiltes Echo stießen Dieselknecht aus Dortmund, beim Auftakt-Abend. Americana nennt man gemeinhin das, was sie machen – ein Verlegenheits-Label für eine Musik, die sich in keine Schublade pressen lässt und die aus Country, Folk und Rock gleichermaßen ihren Honig saugt. Sie singen auf Deutsch – und das machen sie klasse: mit der typischen Ruhrpott-Lakonik, Lust an ironischen Wortspielen und jenseits aller Klischees. Manchmal allerdings übertrieben sie es mit der Tempobolzerei. Aber diese Band muss man definitiv weiter im Auge behalten. 

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Dritte deutsche Band war Bluegrass Breakdown aus Berlin. Sie spielten am Samstag einen soliden, schnurrigen Set, in dessen Verlauf sie auch Songs wie »Highway to Hell« von AC/DC auf Bluegrass-Format bügelten. Mit Carola Adams haben sie eine Sängerin, die mit einer fulminanten Gospel-Stimme gesegnet ist, und die die Band öfter in den Vordergrund stellen könnte.
Die ganz großen Auftritte lieferten jedoch die Musiker aus Nordamerika. Allen voran Dobro-As Rob Ickes und Gitarrist Trey Hensley. Die beiden trieben sich immer wieder zu furiosen Saiten-Duellen an. Vor allem die bluesigen Nummern hatten Saft und Kraft im Überfluss. Ihre Fassung von Stevie Ray Vaughns »Pride & Joy« kann man nur als sensationell bezeichnen. Den Gegenpol bildeten dann Songs wie das wundervoll-melancholische »That’s What Leavin’s For«. Da zeigten sie ihre andere Seite: zurückhaltend, sparsam, aber mit enorm viel Feeling. Ganz großes Kino war das.

Tränenzieher

Einen souveränen Auftritt legten Banjo-Virtuose Jeff Scroggins und seine Band Colorado hin. Klassischer Bluegrass mit allem was dazu gehört. Egal ob Tränenzieher wie »Pathway of Teardrops« von Webb Pierce, melancholische Reminiszenzen wie »Just a Few Old Memories« von Hazel Dickens oder schwungvolle Gospel-Nummern: Alles was sie machten hatte Klasse.
Oldtime Music in modernem Gewand präsentierte die Lonesome Ace String Band aus Toronto mit meisterhafter Instrumental-Arbeit und zupackenden Vokal-Harmonien. Ihre Songs erzählen bewegende Geschichten wie »O’Grady Road«, in dem Bassist Max Heinemann den Niedergang des Farmhauses Revue passieren lässt, das einst seinen Eltern gehörte und in dem er aufwuchs, begleitet von einer waidwund klagenden Fiddle – zum Steinerweichen schön! 

Abgerundet wurde das Programm von den Henhouse Prowlers aus Chicago, die auch oft im Auftrag des US-Außenministeriums als Botschafter des Bluegrass unterwegs sind – vermutlich die einzige Band, die je den Bluegrass nach Kirgistan gebracht hat. Von vielen ihrer Auslandsaufenthalte haben sie Songs mitgebracht, von denen sie einige am Freitagabend präsentierten. »Der alte Klischee-Spruch stimmt schon: Musik ist eben doch eine universelle Sprache«, meinte Banjo-Spieler Ben Wright hinterher. Wo er recht hat, hat er recht.

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