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Bücherfrühling 2019: Familientragödien und Lebensanalysen

dpa
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03. Januar 2019
Der französische Autor Michel Houellebecqlegt nach.

Der französische Autor Michel Houellebecqlegt nach. ©dpa - Boris Roessler

Die Zuversicht ist ungebrochen. Trotz anhaltend rückläufiger Umsätze hofft der deutsche Buchhandel auf einen Aufwind.

Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, hatte unlängst gesagt, Buchhandlungen und Verlage arbeiteten hart daran, das Buch wieder stärker zu den Menschen zu bringen. Wie sieht der kommende, möglicherweise rettende Bücherfrühling aus? Um es vorweg zu nehmen, ein Topseller wie einst Harry Potter ist nicht in Sicht, aber viele gute Bekannte und vielversprechende Debütanten sind angekündigt. Ein Überblick:

Das Jahr wird von zwei höchst unterschiedlichen Franzosen eröffnet. Der Provokateur Michel Houellebecq («Unterwerfung») legt seinen neuen Roman vor, der Anfang Januar in Frankreich und Deutschland erscheint. Beim Verlag Dumont kommt das Buch unter dem Titel «Serotonin» heraus. Serotonin gilt gemeinhin als Glückshormon. Erste Hinweise auf den Inhalt gab Houellebecq (60) vor einiger Zeit dem französischen Nachrichtensender «France 2». Sein nächstes Buch werde mit Gefühlen zu tun haben. Er glaube, er werde mit der Politik aufhören. In «Unterwerfung» schrieb Houellebecq über eine fiktive Islamisierung Europas.

Der zweite Franzose, der ebenfalls polarisiert, ist der 26 Jahre alte Schriftsteller Édouard Louis. Wieder ist es eine autobiografische Geschichte, die im Januar im Fischer Verlag erscheint. «Wer hat meinen Vater umgebracht» ist der Titel dieses «emotionalen, persönlichen und hochpolitischen Buches». Sein Debütroman «Das Ende von Eddy» (2015) wurde für den Prix Goncourt nominiert.

Unter den deutschsprachigen Schriftstellern sind viele alte Bekannte für 2019 angekündigt. Es sieht aber weniger nach Romanen aus. Von Hans Magnus Enzensberger erscheint bei Suhrkamp «Eine Experten-Revue in 89 Nummern» als ein «Dialog zwischen der Natur und einem Unzufriedenen: Vom Dämon der Arbeitsteilung». Clemens J. Setz kommt mit Erzählungen zusammengefasst unter dem Titel «Der Trost runder Dinge» (Suhrkamp) in die Buchläden. Und Christoph Hein veröffentlicht in «Gegenlauschangriff» Anekdoten aus dem «letzten deutsch-deutschen Kriege» im selben Verlag. Durs Grünbein vereint Aufsätze und Notate in «Aus der Traum (Kartei)» bei Suhrkamp.

Liebesnovellen und andere Raubtiergeschichten, so lautet der Untertitel von Wolf Biermanns Erzählungen «Barbara», die bei Ullstein erscheinen. Der Liedermacher wird sie persönlich bei der Leipziger Buchmesse (21. bis 24. März) vorstellen. Der Schauspieler Axel Milberg (Kieler «Tatort») veröffentlicht mit «Düsternbrook» bei Piper einen Roman «über eine großbürgerliche Familie, die in Unordnung gerät». Axel Milberg wurde 1956 in Kiel-Düsternbrook geboren.

Die Familie ist auch Thema in Sarah Kuttners zweitem Roman. Die Moderatorin erzählt in «Kurt» von einer ganz normalen komplizierten Familie, davon, was sie zusammenhält, wenn das Schlimmste passiert, wie der Fischer Verlag ankündigt. Gespannt sein darf man auch auf Marion Braschs «Lieber woanders» - eine Geschichte vom Leben und Überleben (Fischer).

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Suhrkamp setzt noch einmal auf Elena Ferrante. Die italienische Erfolgsautorin landete in den vergangenen Jahren mit ihrer Tetralogie «Meine geniale Freundin» einen Weltbestseller. Jetzt erscheint der Roman «Frau im Dunkeln» über die Frage, was es bedeutet, Frau und Mutter zu sein.

Der Brite Ian McEwan - immer gut für einen Bestseller - veröffentlicht bei Diogenes «Maschinen wie ich». Darin stellt ein Roboter ein junges Liebespaar vor ein «gefährliches moralisches Dilemma».

Zum 200. Geburtstag von Theodor Fontane ist eine Vielzahl von Publikationen angekündigt, vom Meister selbst und über ihn. Etwas aus der Reihe dürfte das Buch «Heute ist irgendwie ein komischer Tag - Meine Wanderung durch die Mark Brandenburg» des Journalisten Cornelius Pollmer fallen. Der Penguin Verlag kündigt es als Country-Road-Movie an - «frisch, unverstaubt, rasant», von Fontane inspiriert.

Eine feste Bank für alle Krimifreunde sind die Bestsellerautoren des Frühjahrs. So lässt Donna Leon Commissario Brunetti in «Ein Sohn ist uns gegeben» seinen 28. Fall lösen (Diogenes). Der Schotte Martin Walker beschert seinem Chef de police Bruno mit «Menu surprise» den elften Fall in seiner französischen Wahlheimat (ebenfalls Diogenes). Im selben Verlag erscheint «Goldschatz» der großen alten Dame des deutschen Kriminalromans Ingrid Noll als «liebevolle ironische Kriminaltragödie».

Beste Spannung verspricht natürlich der preisgekrönte Friedrich Ani in «All die ungewohnten Zimmer». Er schlage einen Weg durchs Gestrüpp unserer politischen und individuellen Verfasstheit, heißt es bei Suhrkamp. Heinrich Steinfest kehrt nach Angaben von Piper nach vielen Jahren und Romanen zu seinem einarmigen Detektiv Cheng zurück. «Der schlaflose Cheng» heißt der neue Fall.

Schier unüberschaubar ist der Markt mit Ratgeber- und Sachbüchern, die fast kein Lebens- oder Politikfeld auslassen. Hervorgehoben sei unter den neuen Sachbüchern aber Ian Kershaws «Achterbahn - Europa 1950 bis heute» (DVA). Der britische Historiker setzt damit seinen preisgekrönten Bestseller «Höllensturz» fort, in dem er die Geschichte Europas von 1914 bis 1949 meisterhaft analysierte.

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