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«Before Easter After»: Patti Smith im Fokus

dpa
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17. Oktober 2019
Patti Smith, wie man sie noch nicht gesehen hat: «Before Easter After».

Patti Smith, wie man sie noch nicht gesehen hat: «Before Easter After». ©dpa - Lynn Goldsmith/dpa

In ihrer Autobiografie «Just Kids» erzählt Patti Smith die Geschichte einer Freundschaft. Die Geschichte ihrer Freundschaft mit dem Fotografen Robert Mapplethorpe, die beide nach bescheidenen Anfängen schließlich Ikonen werden sollten.

Die Zeit um ihr drittes Album «Easter» (1978) herum handelt Patti Smith dabei ziemlich kurz ab. Hier setzt perfekt als visuelle Ergänzung der wunderbare Bildband «Before Easter After» (Taschen) ein, in dem Hunderte bislang unveröffentlichte Aufnahmen der amerikanischen Rock'n'Roll-Fotografin Lynn Goldsmith versammelt sind - vornehmlich von 1975 bis 1978. Mit einem starken Fokus aber auf das Jahr 1977, einer Zeit des Umbruchs. Kurze Anmerkungen im Anhang helfen dabei vorzüglich bei der Einordnung.

Lynn Goldsmith war in den späten 60er Jahren mit ihrer Kamera in die Musikszene eingetaucht. Sie fotografierte Bruce Springsteen, Bob Dylan, Iggy Pop, die Rolling Stones oder U2 - und eben Patti Smith, die, fest verwurzelt im New Yorker Underground, mit «Horses» (1975) und «Radio Ethiopia» (1976) zwei wichtige Punk-Alben veröffentlicht hat, bis sie mit «Easter» und dem Superhit «Because the Night» im Mainstream ankam.

Inbegriff von cool

«Sie war der Inbegriff von cool - in ihrer Sinnlichkeit lag stets ein Hauch von Philosophie», schreibt Goldsmith im Vorwort. Und diese Coolness verband Patti Smith auf unnachahmliche Weise mit einer Hippie-Attitüde, New Yorker Punk-Shabby-Chic und der Pariser Bohème.
Sie sei stolz auf dieses Buch, schrieb Patti Smith kürzlich auf Instagram. Es sei «das Werk zweier Girls, die den guten Kampf kämpfen». Zwar tauchen in «Before Easter After» auch Lou Reed und William S. Burroughs auf oder sind Aufnahmen der Patti Smith Group zu sehen - aber im Mittelpunkt stehen doch zwei Frauen: Lynn Goldsmith hinter der Kamera und Patti Smith davor. Und so ist «Before Easter After» ebenfalls das Dokument einer wunderbaren Freundschaft geworden.

Patti Smith in einem Meer von Blumen. Patti Smith an der Schreibmaschine. Patti Smith mit einer Rose. Patti Smith mit einer Bauchredner-Puppe. Patti Smith in Strumpfhosen. Patti Smith ganz sie selbst. Jedes Bild wie ein Gedicht von Rimbaud - zwischen Natürlichkeit und Inszenierung.
An Lynn Goldsmith schätzt die Punk-Ikone vor allem, dass die Fotografin ihr den Raum gab, sie selbst zu sein, «um meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen».

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Poetisch, intim, eindringlich, nachdenklich, zuweilen witzig und sehr cool: Besonders smart wirkt Patti Smith in ihrer schwarzen Lederjacke, die sie Anfang der 70er Jahre in einem Laden der Heilsarmee gekauft hat. «Ich fühlte ihre Energie in dem Moment, als ich sie angezogen habe», schreibt sie. Eine großartige Energie, die auch der Bildband «Before Easter After» ausstrahlt.

Dabei kommt auch eine große Verletzlichkeit zum Ausdruck, vor allem nach dem schrecklichen Unfall 1977 in Tampa, Florida, als Patti Smith von der Bühne stürzte und sich unter anderem eine Halsfraktur und einen Lendenwirbelbruch zuzog. Auf mehreren Fotos ist sie mit Halskrause zu sehen - inklusive einer Röntgenaufnahme ihrer Schädelfraktur. Ein Gedicht hat sie dazugestellt. Momentaufnahmen des Leidens, des Schmerzes, der Ungewissheit und des Zweifels.

Provokant

Patti Smith erinnert sich zwar nicht mehr genau, wann und wie sie Lynn Goldsmith einst kennenlernte. Aber der Weg führte die beiden schließlich zum ikonischen Cover des Albums «Easter», das Patti Smith in einer leicht durchsichtigen Seiden-Camisole zeigt. Dazu provokant zur Schau gestellt: die Achselhaare - ihr ganz eigener Twist zum Thema Sinnlichkeit.

Info: Lynn Goldsmith und Patti Smith, Before Easter After, Hardcover in einer Schlagkassette, 26,9 x 37,3 cm, 296 Seiten, 600 Collectors Edition (No. 201-1.500), jeweils nummeriert sowie von Patti Smith und Lynn Goldsmith signiert. 

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