Ein optimistischer Intendant

Festspielhaus-Intendant Benedikt Stampa fehlt „der heiße Atem der Veranstaltung“, wie er im Interview sagt. ©Andrea Kremper
Benedikt Stampa ist überzeugt, dass das Festspielhaus Baden-Baden die Pfingstfestspiele feiern kann. Es tut ihm aber leid um die Projekte, die nicht verwirklicht wurden. Um die Maschinerie hochzufahren, brauche es vier Wochen, sagt er im Gespräch mit der Mittelbadischen Presse.
Wie schnell kann man ein Programm nach so langer Pause auf die Beine stellen? Bei einer Oper ist das vielleicht schwieriger als bei einer rein musikalischen Aufführung. Und was ist mit Künstlern aus dem Ausland?
Festspiele definieren sich ja über das Einmalige des Zustandekommens. So trifft die Krise uns doppelt hart. Das Einmalige eines nicht stattgefundenen Festivals kann nicht ersetzt werden. Deswegen ist es manchmal besser, neu zu denken. Und hier hat uns die Pandemie Schnelligkeit gelehrt. Nur eine Opernproduktion auf Festspielniveau ist mit allen organisatorischen Verflechtungen nicht einfach verschiebbar oder ersetzbar.
Die Frage stellt sich wohl nicht nur für diese Saison beziehungsweise dieses Jahr. Oder sind Sie da optimistischer?
Unser Optimismus íst unbesiegbar. So gehen wir hoffnungsvoll davon aus, spätestens zu Pfingsten wieder voll durchzustarten. Der Sommer wird schön und im Herbst geht es munter weiter. Aber unter aller Planung liegen verborgen viele alternativen Pläne. Man weiß ja nie.
Sie sind zum Stillstand gezwungen, können aber nicht „dichtmachen“. Jetzt bieten Sie Konzerte im kostenfreien Stream an. Finanziell kommt aber nicht viel bei raus. Warum lohnen sich derartige Streaming-Angebote dennoch und für wen?
Es geht uns um ein Zeichen der Sichtbarkeit und Vertiefung der Beziehung zu unserem Publikum. Auch die Künstler freut es, in professionellem Rahmen auftreten zu können.
Hätten Sie sich mehr Unterstützung von staatlicher Seite gewünscht, respektive was hätten Sie sich von staatlicher Seite konkret gewünscht?
Das Land Baden-Württemberg und die Stadt Baden-Baden haben uns in vorbildlicher Weise schnell und verhältnismäßig unbürokratisch geholfen. Die versprochenen Bundeshilfen stehen bis heute aus.
Was ist Ihnen im Verlauf des Jahres seit März 2020 so durch den Kopf gegangen? Es war ja stets ein Hoffen und Bangen.
Das große Ganze ist wichtiger als unser Partikularinteresse. Die akute Krise im Frühjahr 2020 bis hinein in den Herbst war im Vergleich zu der zähen Zeit jetzt besser zu verkraften. Und es tut mir persönlich leid um die vielen schönen Projekte, die nie das Licht der Welt erblicken durften. So viele Menschen haben an der Planung mitgewirkt. Sie wurden um ihren verdienten Lohn gebracht.
Gesprächspartner haben mir gesagt, die neue Situation sei ärgerlich, sie zwinge aber dazu, neue Konzepte zu entwickeln. Das klingt plausibel, aber ist das so einfach getan wie gesagt?
Etwas wohlfeil das Argument, weil wir in der Kultur schon seit Jahren immer „neue“ Wege gehen (müssen). Ein „Fidelio“ zu den Osterfestspielen oder eine „Salome“ im Herbst 2020 sind bei aller Kreativität unwiederbringlich verloren.
Leidet die Kreativität oder hat man auf einmal den Kopf frei für Dinge, die man bislang aufgeschoben hat?
Bei soviel permanentem Planungswechsel ermüdet man ehrlicherweise gesagt manchmal. Wir haben schon zu viel „für die Tonne“ geplant.
Wie schnell können Sie die Maschinerie eigentlich wieder hochfahren?
Um für unser Publikum berechenbar zu bleiben, sollten wir mit einem etwa vierwöchigen Vorlauf zur Wiedereröffnung rechnen dürfen. Für eine Opernproduktion reichen diese vier Wochen allerdings nicht aus.
Was wird auf der Strecke bleiben – wird etwas auf der Strecke bleiben?
Die Budgets ... und sehr traurig auch einige Künstlerkarrieren.
Was vermissen Sie am meisten?
Den heißen Atem der Veranstaltung.