Einbahnwege und Walkie-Talkie-Absprachen
Stuttgart - Dass es so schnell gehen würde, damit haben dann doch die wenigsten gerechnet. Vom heutigen Mittwoch an dürfen die Museen in Baden-Württemberg wieder öffnen. Und auch wenn die Ausstellungshäuser auf diesen Moment hingefiebert haben, benötigen die meisten nun doch noch etwas Zeit, um sich auf die Situation einzustellen. Das heißt: Die Hygiene- und Abstandsregeln müssen eingehalten werden, es herrscht Maskenpflicht für Publikum und Mitarbeiter, der Besucherstrom an der Kasse muss geregelt sein und Ein- und Ausgänge sollten „getrennt voneinander ausgewiesen werden“, wie es in einer Mitteilung des zuständigen Ministeriums heißt.
In der Staatsgalerie Stuttgart herrscht von nächster Woche an ein Einbahnstraßen-System. „Wir haben längst alles vorbereitet“, sagt die Direktorin Christiane Lange und ist froh, dass man nun endlich wieder das Publikum ins Haus lassen kann. Denn die Staatsgalerie traf die Schließung wegen Corona zu einem besonders ungünstigen Moment. Am 20. März hätten die Sonderausstellungen „Drucksache Bauhaus“ und Ida Kerkovius eröffnet werden sollen. Dann kam der Lockdown.
Im Landesmuseum Württemberg werden vorerst nicht alle Abteilungen geöffnet
Auch durch das Alte Schloss geht es nun erst einmal nur in einer Richtung – die Besucher werden über den Nord-Spindelturm ins zweite Obergeschoss geleitet und über die Reitertreppe entlassen. „Unser Vorteil ist es, dass wir jahrelange Erfahrungen haben, was die Besucherlenkung im Museum angeht“, sagt Astrid Pellegahr, die Direktorin des Landesmuseums Württemberg. Vorerst wird allerdings nur die Schausammlung „Legendäre Meisterwerke“ eröffnet. Der Eintritt ist frei, weil es wegen des Umbaus des Foyers Unannehmlichkeiten gibt.
Dass die großen Museen trotz Vorbereitung erst nächste Wochen an den Start gehen, liegt vor allem daran, dass man mit Aufsichten externer Dienstleister arbeitet, die erst wieder mobilisiert werden müssen. In der Staatsgalerie oder auch dem Linden-Museum wird man vor allem im Eingangsbereich mehr Personal einsetzen. Auch die Hygiene erfordert höheren Aufwand, weil Geländer und Türgriffe häufiger gereinigt werden müssen. Audioguides wollen die Häuser vorerst nicht ausgeben und die Medienstationen mit Touch-Funktionen nicht in Betrieb nehmen.
Das Desinfektionsmittel wurde noch nicht geliefert
Sorgen macht mitunter noch die Beschaffung der Desinfektionsmittel. „Das ist nicht ganz einfach“, erzählt Joachim Rüeck, der Pressesprecher vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg. „Es geht eng zu mit den Lieferzeiten, aber wir hoffen, dass alles rechtzeitig kommt.“ Das Naturkundemuseum hat unter anderem Desinfektionsmittel und Plexiglasscheiben für die Kassenzone und den Shop bestellt, „aber noch ist nicht alles eingetroffen“, sagt die Direktorin Johanna Eder.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Aufsichten sind in den staatlichen Museen ausreichend Masken vorhanden, die Staatsgalerie will aber auch Masken über den Shop verkaufen, falls Besucher ihre vergessen haben.
Auch wenn es in den großen Häusern leichter ist, die Abstandsregeln einzuhalten, werden etwa im Museum am Löwentor und im Schloss Rosenstein die Besucherzahlen begrenzt – gezählt wird mit Postkarten, die man am Eingang erhält und beim Ausgang wieder abgibt.
Im Weißenhofmuseum wird man an der Klingel abgeholt
In kleinen Häusern wie dem Hotel Silber müssen die Aufsichten darauf achten, dass sich in einem Raum immer nur eine „Einheit“ befindet, wie zwei Besucher nun offiziell heißen. Besonders beengt sind die Verhältnisse im Weißenhofmuseum im Haus Le Corbusier. Deshalb werden die Museumsleiterin Anja Krämer und ihr Team mit Funksprechgeräten und einem Schleusensystem arbeiten. „Die Besucher müssen am Gartentor klingeln und werden dort abgeholt, um die Personenzahl im engen Kassenraum zu begrenzen, sagt Krämer. Da keine ausländischen Touristen in der Stadt sind, rechnet sie nicht mit großem Andrang wie gewöhnlich.
Ein Museum bleibt vorerst komplett geschlossen: das Mercedes-Benz-Museum. Auch aus dem Stadtpalais Stuttgart war noch keine verbindliche Information zu bekommen, wann der Betrieb wieder losgeht. Im Porsche-Museum hat man die Schließzeit genutzt für Umbaumaßnahmen. Weil diese noch nicht ganz abgeschlossen seien, senke man nun vorübergehend die Eintrittspreise um die Hälfte, heißt es im Museum. Zudem würde die Gültigkeit der Jahreskarten um zwei Monate, also um die Dauer der Museumsschließung während der Corona-Krise, verlängert.
Azteken-Ausstellung im Linden-Museum ist verlängert worden
Nicht nur in den Abläufen, auch beim Programm hat Corona vieles durcheinander gebracht. Die Kunsthalle Tübingen kann nun nicht wie geplant die Sammlung der Kunsthalle Emden zeigen, da die Werke nicht angeliefert werden konnten. Stattdessen hat man nun eine Ausstellung von Lunar Ring organisiert, einer Gruppe von vier Tübinger Wissenschaftlern, die Medienkunst zeigen. Das Linden-Museum hat kurzfristig entschieden, die erfolgreiche Azteken-Ausstellung bis August zu verlängern und auch die Öffnungszeiten auszuweiten, damit nun möglichst viele Besucher die Chance haben, sie noch zu sehen.
„Ich bin froh, dass das Museum wieder öffnet“, sagt Ulrike Groos, die Direktorin des Kunstmuseum Stuttgart, „aber ich bin auch gespannt, wie es funktionieren wird.“ Wie es weitergehe hänge eben auch vom Verhalten des Publikums ab. Groos wird sich in den ersten Tagen viel selbst im Foyer aufhalten – nicht nur, um zu schauen, dass die Sicherheitsabstände eingehalten werden. „Der Austausch mit unserem Publikum fehlt mir sehr.“