Französische und deutsche Künstler gestalteten gemeinsam Plakatwände

Malerin Christiane Bricka vor dem gewaltigen Bild, das sie zusammen mit Werner Schmidt erarbeitet hat. ©Regina de Rossi
Künstler aus Deutschland und Frankreich gestalteten in der Kunsthalle Griesheim – jeweils als Duo – eine Plakatwand zum Thema »Fraternité/Brüderlichkeit«.
Vorsichtig zieht Bernard Laturner seinen Pinsel an der Schablone entlang. Hier ein Bogen, dort ein Quadrat. Exakt arbeitet er mit klaren, reinen Farben. Im Elsass gehört er zu den ganz bekannten Künstlern. Harald Gruber aus Karlsruhe sitzt hoch konzentriert an seinem Teil der Arbeit. Auch ihm hat es das exakte künstlerische Tun angetan, das nichts dem Zufall überlässt. »Gut, dass wir uns gefunden haben«, sagt er über seinen Partner. Denn das Los hat entschieden, wer mit wem zusammenarbeitet. Das war für so manchen Herausforderung pur.
Jeweils sechzehn Künstler aus Frankreich und Deutschland malten in der Kunsthalle in Offenburg-Griesheim als Duo gemeinsam eine Plakatwand von 260 mal 360 Zentimeter. Im Rahmen des europäischen Kulturerbe-Jahres 2018 gilt es für den Verbund der Gedenkstätten im ehemaligen KZ-Komplex in Natzweiler e. V., kurz VGKN, in Zusammenarbeit mit dem »Committee on the Elimination of Racial Discrimination« (CERD), dem französischen Kunstverein »Quinz’Art Strasbourg« und der deutschen Künstlergruppe »Plakat Wand Kunst« ein gemeinsames Projekt zum Thema »Fraternité/Brüderlichkeit« umzusetzen.
Dorothee Roos, die erste Vorsitzende der VGKN, zeigte sich erfreut über das Engagement der Malerinnen und Maler: »Das Thema bezieht sich einerseits auf die stets gefährdete Brüderlichkeit und Solidarität der Häftlinge in den Konzentrationslagern, andererseits leitet es sich aus dem Text der heutigen Europahymne ab und verweist auf die Wurzeln des europäischen Einigungsprozesses aus der Erfahrung von Krieg und Entrechtung!«
Parallelausstellung in Natzweiler
Das Kunstprojekt mündet in eine Parallelausstellung bei der Gedenkstätte in Natzweiler/Frankreich und im »Haus der Wirtschaft« in Stuttgart. Anschließend wandern die Kunstwerke zu 14 Außenlager-Gedenkstätten. Aus der Ortenau sind es Isolde Wawrin, Gabi Streile, Werner Schmidt, Johannes Mundinger, Vincent Krüger und Rainer Braxmeier, die sich mit beteiligen.
Jost Schneider aus Karlsruhe und Jacques Thomann betrachten ihr Werk mit Abstand. »Wir sind fast fertig« sagt Schneider, den Zigarettenstummel im Mundwinkel. Ihre Dynamik, Kraft, das extravagante Farbspiel faszinieren. Ein Auftrag weißer Farbe von Jost Schneider wird sogleich von Jacques Thomann mit dem Schwamm nachbearbeitet. Ja, leicht sei es nicht gewesen, geben sie zu, aber man habe zum Glück gleiche Ansätze: »Loslassen muss man, weg vom Ego und hinabtauchen, um zusammen aufzutauchen«.
Das Resultat der Künstlergruppen ist beeindruckend. Gabi Streile und El Ham Etamadi setzten dem Thema ein lebensfrohes, buntes Bild voller Mystik und wärmender Farbwahl entgegen. Ein hoffnungsvolles Zeichen an einem Ort des Grauens. An Licht- und Leuchtkraft arbeitete German Roesz mit Sabine Brand Scheffel, während Haleh Zahedi und Rainer Braxmeier erschöpft, aber zufrieden vor ihrem »Narrenschiff« sitzen. Himmel, Meer und ein Schiff mit gesichtslosen Menschen – das Bild wirkt beklemmend. Unschwer entsteht der Vergleich mit der aktuellen Flüchtlingsthematik.
Tosende Farben
Daneben ein Bild voll wütender Kraft und tosender Farben. Werner Schmidt hat hier agiert. Er bildete ein Duo mit der zart wirkenden Künstlerin Christiane Bricka: »Ich dachte zwischendurch, wenn er jetzt noch einmal diese dicke Farben aufträgt, gehe ich dazwischen!« Sie hat es getan, und sie haben sich arrangiert. Das Werk ist gewaltig.
Organisator Luc Demissy hat sein Ziel erreicht. Verbindung schaffen, aufrütteln, zusammenführen, eins werden durch eines der schönsten Mittel, die Kunst. Am 24. Juni darf man sich auf diese besondere Ausstellung auf dem Struthof einstellen. Die Kunsthalle Griesheim, Griesheimer Straße 1a, lädt am 12. Mai um 18 Uhr zu einer Vernissage mit kleinformatigen Arbeiten des Künstlerkollektivs ein.