Hintersinnig und witzig
Durch diese Ausstellung kann man nicht „mal eben so“ gehen. Nicht nur, weil nach langer Zeit mal wieder eine Fotoausstellung in der Städtischen Galerie Offenburg präsentiert wird. Sie ist nämlich eine Schau, die sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Da muss man schon genauer schauen und vielleicht auch öfter. „Wunderland“ heißt die Ausstellung mit Fotografien von Frank Kunert, die heute, Freitag, 19 Uhr, eröffnet wird.
Kunert ist ein Meister der Irritation, der sinnlichen Täuschung. Ein großartiger Satiriker und Beobachter der Gesellschaft, des alltäglichen Lebens mit all seinen Tücken und Schönheiten. Seine Arbeiten sind „hintersinnig bis hinterhältig“, „kritisch, kommentierend und mit Augenzwinkern“, wie Kulturamtsleiterin Carmen Lötsch beim Presserundgang sagte. 2021 erhielt er als erster Fotograf den Heinrich-Zille-Karikaturenpreis, so Kuratorin Patricia Potrykus.
Die Ausstellung ist geschickt arrangiert, die Arbeiten sind thematisch in den acht Räumen und dem Flur der Galerie sortiert unter Oberbegriffen wie Reisen (Raum 1), Einsamkeit und Rückzug (Raum 2) oder Tod (Raum 5). Die Titel der Arbeiten sind ein Teil der Inszenierungen – denn das sind die Fotografien von Frank Kunert. Er ist Modellbauer und Fotograf, setzt mit Bastelmaterialien aller Art seine Themen ins Bild, teils wörtlich, teils im übertragenen Sinne, teils pfiffig um die Ecke gedacht.
"Mich reizt das Morbide"
Kunert baut Illusionen, will mit Architektur Geschichten erzählen, wie er gegenüber der Mittelbadischen Presse sagte. Die Modelle, die er in detailreicher Kleinarbeit für seine Fotografien erstellt, seien „Grundlage und Beiwerk“. Seine Intention sei „ein Blick in die Gesellschaft, mit Humor, der den notwendigen Abstand zur Wirklichkeit ermögliche. Seine Orte sind oft in desolatem Zustand, „mich reizt das Morbide“, sagt Kunert. Menschen findet man keine, lediglich ihre Spuren. Er präsentiere, „wo Leben stattgefunden hat. Ich mag die Patina.“
Manche Bilder sind recht böse, zumindest wird nicht jeder Betrachter darüber lachen können. Etwa bei der „Niederkunft“, bei der ein dickes Rohr vom Schornstein durchs Dach über ein Kinderbett führt. Oder „Vorsicht Kinder“. Hier endet eine Kinderrutsche direkt über einer Schnellstraße. Witzig ist das „Babyphon“. Das Geschrei des Babys in der Wiege auf dem Balkon wird über Mikrofon an zwei große Lautsprecher weitergeleitet, die das ganze Viertel beschallen.
Makaber, absurd, irrwitzig: Die Fotografien von Frank Kunert lassen nachdenken über Gefühle, gesellschaftliches Verhalten, den eigenen Egoismus. Und gleichzeitig sind sie „freundlich“, wie Carmen Lötsch es ausdrückte, sind unterhaltsam, lassen lachen oder zumindest schmunzeln.
Und sie lassen staunen. Denn Präzision, die Akribie, mit der Kunert zuerst in einer Skizze seine Ideen festhält und sie dann mit Modellbaumaterialien umsetzt, um sie dann so zu fotografieren, dass eben die optische Täuschung, die Irritation möglich wird, das ist bewundernswert.
Eine bemerkenswerte Ausstellung, die man sich nicht entgehen lassen sollte, zu der man aber etwas Zeit mitbringen sollte
INFO: Wunderland, Frank Kunert, Städtische Galerie Offenburg, Kulturforum; 25. November bis 7. April; Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 14 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 17 Uhr, vom 24. bis 26. Dezember, am 31. Dezember und 1. Januar sowie am 29. April geschlossen; www.galerie-offenburg.de.