Isenheimer Altar wird für 1,2 Millionen Euro restauriert

Der Isenheimer Altar ©Archivbild Tourisme Alsace
Wenn Kunst in die Jahre kommt, schlägt die Stunde der Restauratoren. Beim Isenheimer Altar im Unterlindenmuseum in Colmar ist es nun auch soweit. Die Experten sollen die Farben der berühmten Gemälde wieder zum Leuchten bringen.
Er zählt zu den bedeutendsten Kunstwerken der abendländischen Kultur: der Isenheimer Altar mit den Gemälden von Matthias Grünewald und Skulpturen von Niklaus von Hagenau. Jahr für Jahr pilgern hunderttausende Kunstfreunde zum Unterlindenmuseum in Colmar, nur um Grünewalds Altarbilder zu sehen. Doch sehen sie dieses Meisterwerk der Spätgotik auch in seiner ursprünglichen Gestalt?
Eingehende wissenschaftliche Untersuchungen mit den modernsten Methoden belegen eine starke allgemeine Verschmutzung sowie eine Oxidation und Trübung der Farben der elf Tafelbilder. Grund ist die große Zahl von Firnisschichten, die seit der Entstehung der Gemälde aufgetragen wurden. Beispielsweise war der Himmel des ikonischen Kreuzigungsbildes ursprünglich nicht nahezu schwarz wie heute, sondern blau: Die Leuchtkraft der Farben wird von den Firnisschichten geschluckt. Das von Grünewald verwendete Kupfergrün oder auch gelbe Farbschichten haben sich im Laufe der Jahrhunderte ins Bräunliche verfärbt.
Infos per Powerpoint
Deshalb soll der kostbare Altar in den nächsten vier Jahren aufwendig und umfassend restauriert werden. Während der gesamten Dauer der Arbeiten müssen die Besucher immer nur auf einen der drei Teile des Altars verzichten. Über den Fortgang der Restaurierung informieren ein Bildschirm sowie eine Powerpoint-Präsentation neben dem Altar. Teile der Arbeiten werden am Standort des Altars vor den Augen der Öffentlichkeit ausgeführt.
Seit dem 18. Jahrhundert ist der Isenheimer Altar mehrfach instand gesetzt und mit einem neuen Firnis versehen worden. Hauptziel der aktuellen Restaurierung ist es, die Brillanz der Farben wiederzugewinnen und dem Besucher so einen Eindruck vom ursprünglichen Aussehen des Altars zu gewähren.
Schon im Jahr 2011 wurde einmal mit der Restaurierung begonnen. Seinerzeit sollten lediglich die oberen Firnisschichten der Bildtafeln abgetragen werden. Eine derartige Firnisdünnung ist bei Kunstwerken dieses Alters ein gängiges Verfahren ohne wirkliche Risiken. Dennoch führte massive öffentliche Kritik damals zur Einstellung der Arbeiten.
Pantxika De Paepe, die Direktorin des Unterlindenmuseums, räumt ein, dass das seinerzeitige Vorhaben möglicherweise nicht hinreichend kommuniziert wurde. Diesen Fehler wollte man dieses Mal nicht machen. Vor einer großen Schar von Medienvertretern erläuterte die Museumsleiterin gemeinsam mit Vertretern staatlicher Kulturinstitutionen, den beiden Chefrestauratoren und Thierry Cahn, dem Präsidenten der Schongauer-Gesellschaft, die den in Staatsbesitz befindlichen Altar verwaltet, das ehrgeizige Vorhaben.
Begonnen wird mit den Skulpturen und den dekorativen Elementen des Skulpturenschreins von Niklaus Hagenau. 16 Monate sind für die Restaurierung vorgesehen. Dabei geht es um die Fixierung der Skulpturen und die Festigung der konstruktiven Teile, aber auch um die Säuberung sowie die Behebung von Fehlstellen der Farbschicht der übermalten Skulpturen. Zudem wird die Rahmenkonstruktion der Skulpturen stabilisiert und gereinigt.
Neue Erkenntnisse
»Nichtstun wäre das größte Risiko«, warnte Juliette Lévy, die Chef-Restauratorin des Skulpturenschreins. Auch würden bei derartigen Arbeiten immer wieder neue Erkenntnisse für die kunstgeschichtliche Deutung von Werken gewonnen. Anthony Pontabry, Chefrestaurator der Grünewald-Bilder, pflichtet der Kollegin bei: Speziell bei den Gemälden bestünde die Hoffnung, vertiefte Einsicht in Grünewalds Maltechnik zu erlangen.
Finanziell unterstützt wird das Vorhaben durch Sponsoren und private Geldgeber. Rund zehn Prozent der Gesamtkosten in Höhe von 1,2 Millionen Euro, so hofft Thierry Cahn, sollen durch Crowdfunding im Internet aufgebracht werden.