»Art Unlimited« ist zu groß für die normale Messekoje
Die Art Basel, die noch bis Sonntag, 18. Juni, dauert, gilt als wichtigste Messe für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. In einer Sonderschau zeigt sie Arbeiten, die schon alleine wegen ihrer Größe den Rahmen eines Messestandes sprengen würden.
Wie von einem anderen Stern blickt ein Astronaut von einem Hügel auf Athen und die Akropolis hinab. Im Anschluss durchschreitet dieser Mensch im Raumanzug etwas verloren ein verlassenes Flughafenareal, wo er nicht nur auf ein gorillaartiges Wesen, sondern auch auf Menschen trifft, die dem Erscheinungsbild nach offensichtlich Zeiten angehören, in denen es Griechenland besser ging.
Von Besatzungszeit bis Finanzkrise
Zurück aus der Fiktion holen den Zuschauer der dreifachen Videoprojektion »Airport« (2016) von John Akomfrah (60) die Einspielungen historischer Tonaufzeichnungen von der deutschen Besatzungszeit bis hin zu Nachrichtenmeldungen anlässlich des Ausbruchs der Finanzkrise. Mit den eindrücklichen Filmbildern, die subtil musikalisch untermalt sind, wird keine Geschichte erzählt, sondern es entsteht eine fragmentarische Filmpoesie, die Erinnerungen an die Filme von Theo Angelopoulos und Andrei Tarkowski weckt. Zu erleben ist das einfühlsame 53-minütige Portrait des britischen Filmkünstlers auf der »Art Unlimited« in Basel.
Die Sonderschau der Art Basel wartet auch dieses Jahr wieder mit besonderen Arbeiten auf, die alleine aufgrund ihrer Größe den Rahmen einer Messekoje sprengen würden. Neben zahlreichen Film- und Videoarbeiten fällt die Fenster-
skulptur von Dong Song ( Jahrgang 1966) auf. Über Jahre hinweg sammelte der chinesische Künstler alte Fenster, deren Glas er durch Spiegel ersetzte und zu einem begehbaren Spiegelkabinett arrangierte. In dessen Inneren werden nicht nur die Besucher, sondern auch eine Vielzahl von der Decke hängender Lampen auf vielfache Weise reflektiert.
Malerei im Raum
Neben zeitgenössischen, sind auch zahlreiche historische Positionen in der Sonderschau vertreten. In »Spazio Ambiente« von 1970 bemächtigt sich die Malerei des Raumes, indem der italienische Künstler Enrico Castellani (86) weiß bemalte Leinwände durch Unterlegung – unter anderem mit Nägeln – in den Raum ausdehnt.
Eine psychedelische Wirkung entfaltet »La Longue Marche« von Julio Le Parc (88). In dem opulenten Panorama von 1974 lässt der argentinische Künstler ein Regenbogenband über zehn jeweils zwei mal zwei Meter große Leinwänden seine Pirouetten ziehen. Beeindruckend ist auch das Tableau von »Mutationen« des ehemaligen Düsseldorfer Akademieprofessors Klaus Rinke (78): Das Frühwerk umfaßt eine Serie von 112 Schwarzweiß-Fotografien, die seine allmählich verändernden Gesten des Oberkörpers festhalten.
Befreiungsschläge
Museal ging es mitunter auch auf den Messeständen zu. So fällt der Stand der New Yorker Galerie Fergus McCaffrey mit einer Gegenüberstellung Carol Rama (1918-2015) und Kazuo Shiraga (1924-2008) auf. Die beiden Positionen aus Italien und Japan lassen sich als Reaktionen auf den erlebten Totalitarismus verstehen. Es sind gewissermaßen Befreiungsschläge, die nicht nur motivisch, sondern auch in der Verwendung von Farbe und Material Assoziationen zu Blut und Körperorganen wecken. Besonders kommt dies in den Gemälden Shiragas zum Ausdruck, der eine der Gallionsfiguren der japanischen Performance-Bewegung Gutai ist: Er begann in den 1950er-Jahren mit den Füßen großformatig auf Leinwand zu malen.
Die Messe ist noch bis Sonntag täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Ein Parcours präsentiert 22 Kunstwerke rund um den Basler Münsterplatz, die frei zugänglich sind. Morgen, Samstag, gibt es eine Parcours-Night mit Live-Performances.