Kabarett

Badener Jörg Kräuter kennt sich gut aus mit den Landsleuten

Bodo G. Toussaint
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26. Juni 2017
Treffsicher und tiefgründig: Kabarettist Jörg Kräuter.

Treffsicher und tiefgründig: Kabarettist Jörg Kräuter. ©Bodo G. Toussaint

Jörg Kräuter weiß seinen Badener Landsleuten sehr gut »aufs Maul zu schauen«. In Achern waren sie am Freitagabend ganz erpicht darauf, sich von ihm den Spiegel vorhalten zu lassen.
 

Der Kabarettist, Maler und Zeichner Jörg Kräuter, in Bühl lebend, Badener durch und durch und selbsternannter »König von Baden«, präsentierte im ausverkauften Bürgersaal erstmals sein neues Programm »Geht Baden!« Dabei hatte man schon vorher so einiges von ihm vernommen, ist er doch seit 1990 als Kabarettist mit Gitarrenbegleitung in der Region unterwegs und das mit großem Erfolg. Was ist es, das diesen Barden so erfolgreich macht? 
Da ist zunächst einmal sein nonchalantes Auftreten, so gänzlich frei von Manierismen, offenherzig und gepflegtes Badisch schwätzend. Das macht ihn sofort zu »einem von uns«, der, so seine Begrüßung, den »Funken« in unseren Augen sehen möchte. Wenn der nämlich erst nach der Zugabe überspringe, »dann weiß ich, dass etwas nicht stimmt«. 
Ein gewagtes Entree, möchte man meinen, denn was, wenn er tatsächlich nicht überspringt, dieser berühmte Funke? Daran zweifelt freilich niemand im Saal, am allerletzten er selbst. Ob er im fetzigen Rhythmus mit Gesang oder in freier Rede, zuweilen poetisch abgefasst, die spezifischen Eigenheiten der Badener skizziert, treffsicher scheint er damit tatsächlich zu sein. Würde man ihm sonst so spontan und begeistert applaudieren?
Er behauptet: »Wir Badener sind gemütlich«, und »dass Tradition für uns ganz wichtig ist«. Sein Großvater habe schon ein Dieselauto gefahren, sein Vater und natürlich auch er selbst, und zwar einen über 30 Jahre alten Mercedes Diesel, was ihn veranlasst, ein Loblied auf die gute alte Zeit anzustimmen, als er mit »seiner Traudl« nach Italien in Urlaub gefahren sei. 
Überhaupt: seine Ehefrau, diese Traudl! Ein ums andere Mal muss sie herhalten als Musterexemplar einer waschechten Badenerin, mit der er ganz offensichtlich ein herzliches Verhältnis pflegt. Mit ihr fährt er auch des Öfteren Fahrrad, aber kein E-Bike, betont er. Sie fahren noch selber und möchten nicht »getreten werden«. »Der Badener lässt sich nicht treten. Das entspricht nicht seinem revolutionären Wesen!«  

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Stiller Genuss

Als intelligenter Beobachter kann er auch zuweilen tiefgründig werden: »Selbsterkenntnis ist das letzte große Abenteuer, das man erleben kann. Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Wer steht mir im Weg, da, wo ich bin?«. Oder: »Das Spezifische beim Badener liegt im stillen Genuss, dessen Maßlosigkeit in Bescheidenheit gründet!« Etwas bissiger und hochaktuell wird es dann, wenn er das Staunen eines Syrers darüber beschreibt, dass man hier als Fahrradfahrer auf den Radwegen mehr Rechte habe als bei ihm zu Hause die Frauen. Die Integration von Ausländern sei den Badenern ja bereits in den 60er-Jahren »sehr am Herzen« gelegen, so dass die »badischen Türken« in zweiter Generation nun »annähernd modellgleich« mit uns seien. 
Am Ende beweist Jörg Kräuter in seiner »Ode an den Frühling« mit skurriler und gleichzeitig bravouröser Wortakrobatik sein exzellentes Sprachgefühl – auf Hochdeutsch. Auch das scheinen sie zu können, die Badener. 

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