Barock-Ensemble Arco Musicale spielte für die »Nothilfe«
Benefiz-Konzert im Offenburger Kloster: Das Barock-Ensemble Arco Musicale aus Stuttgart musizierte hinreißend und verzichtete zugunsten des Vereins »Nothilfe« auf Gage.
Die gemeinnützige »Nothilfe« unterstützt Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind, damit sie wieder in die Eigenverantwortung zurückfinden. Das können Überschuldete oder Unfallopfer sein, erläuterte Dietmar Pinkawa, Vorsitzender des Vereins, und gab Beispiele gelungener Rehabilitation.
Muriel Bardon und Virginie Wong (Barockviolinen), Hélène Godefroy (Viola da Gamba) und Bernhard Fackelmann (Cembalo) spielten am Sonntag beim Benefizkonzert unter der Schirmherrschaft von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Werke aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
Weiche Klänge
Barockviolinen und Gambe, deren Darmsaiten mit einem wirklichen Bogen gestrichen werden, klingen deutlich weicher als heutige Instrumente. Die Tonart Moll (lat. weich), im 16. Jahrhundert der vornehme Gegensatz zu den Dur-Volkstänzen, beherrschte das Programm im Empfangssaal des Klosters, wo von einer Gemälde-Wand Maria-Theresia und ihre Kinder grüßen. Gleich die erste Komposition von Giovanni Maria Bononcini intonierte im »Grave« mit einem langen Seufzer die Grundstimmung leidgeprüfter Menschen. Der in Bologna arbeitende Kapellmeister veröffentlichte 1666 kaum 24-jährig in Venedig »i primi frutti del giardino musicale«, seine »ersten Früchte des Musikgartens«, denen viele Sonaten folgen sollten. Aber die Musik hilft den Schmerz auch überwinden. Und so schloss sich mit heiterem Schwung das Allegro und ein schneller Kanon an, der mit sicherer Feder fein und zart aufs Papier gezeichnet war.
Auch die e-moll-Sonate von Heinrich I. F. Biber begann mit einem langen hohen Ton, der wie ein Aufschrei in der Not wirkte. Dem folgten Melodie-Kaskaden wie ein Sturz in die Tiefe.
Doch auch ruhige, heitere und virtuose Passagen gab es in dieser suitenartigen Sonate, die wechselnde Stimmungen ohne Satz-Trennung aneinanderreihte. Die spitzen Koloraturen der Violine, die in unglaublich schnellen Verzierungen gipfelten, wurden von einer hart und trocken gestrichenen Gambe begleitet. Zur Abwechslung kamen lyrische Abschnitte, deren langsame Themen vom hüpfenden Bogen in muntere Variationen überführt wurden – rhythmische Kontraste auf engstem Raum. Ein sich steigernder Bogendruck der Gambe deutete eine dramatische Wendung an, aber das sehr schnelle Finale war doch eher eine virtuose Pirouette.
Spring-und-Lauf-Tanz
In der Suite von Johannes Schenck (1660-1704) beeindruckte die Gambistin solo mit Doppelgriffen, Riesen-Sprüngen und einem samtigen Klang. Die in Melodien schwelgende Sarabande wurde von einer flotten Gigue abgelöst, einem Spring-und-Lauf-Tanz, der wie ein Fang-mich-doch-Spiel aussieht.
Ehrlich: Wer kennt die 1665 geborene französische Komponistin Elisabeth Jacquet de la Guerre? Die Tochter eines Organisten, vom Sonnenkönig gefördert, war ein Cembalo-Wunderkind wie 100 Jahre später Mozart. Ihre g-moll-Sonate zeigte alle damals gefragten Emotionen, zum Beispiel ein Presto wie einen Streit von Primadonnen, Melodie-Läufe in allen Instrumenten und eine virtuose Stretta.
Im zweiten Teil des Konzerts, das Perle an Perle reihte, folgten Sonaten von Telemann, Bach und Händel, deren eleganter Klang uns vertrauter ist als die früheren Kompositionen, die von Arco Musicale hinreißend interpretiert wurden.
Lang anhaltender Applaus belohnte am Ende des Konzerts die Künstler, die zugunsten der »Nothilfe« auf ihre Gage verzichtet hatten.