Kabarettistin Eva Eiselt schlüpfte in viele Rollen

Bald Päpstin oder Prinzessin: Kabarettistin Eva Eiselt lässt die Bundeskanzlerin »Angie« alb-träumen. ©Oscar Sala
Einen bunten Strauß von Neurosen hatte Kabarettistin Eva Eiselt am Samstagabend mit ihrem aktuellen Kabarett-Solo-Programm auf die Kehler Seebühne mitgebracht.
Die Intro-Musik dröhnt aus den Lautsprechern, doch wo bleibt die Hauptakteurin? »Sie sitzt noch in der Garderobe, der Notarzt pumpt ihr gerade den Magen aus«, entschuldigt sich ihre schrullig-neurotische Assistentin Sigrid (Eva Eiselt), die an diesem Abend wohl oder übel das Programm eröffnen muss. Ihre Chefin gehe es aber gut , sie habe sich nur mit Schopenhauers »Die Welt als Wille und Vorstellung« befasst, um eine neue Szene mit Anspruch »extra für Kehl« zu schreiben. Dabei hätte ihre Chefin »a bisserl« über die Stränge geschlagen und liege nun sturzbetrunken in der benachbarten Stadthalle. Sie werde aber gleich kommen, wird verkündet.
Doch Eiselt sorgt nicht nur als schwäbelnde Assistentin für Lacher, sondern brilliert durch ihren ständigen Rollenwechsel. Etwa als »Denglisch-Kauderwelsch« sprechende Marketing-Expertin bei der effekthaschenden Präsentation »der Weltneuheit Real Book«, das zum »Touchen und zum Usen« da ist. Eingestreute Szenen mit satirischem Einschlag geben Einblick in das »wahre Leben«. Das Publikum wird von Anfang an einbezogen.
In ihren amüsanten Nummern verkörpert die Kabarettistin immer wieder bekannte Persönlichkeiten, bei denen sie Hintersinn mit scharfer Zunge paart. Prompt schlüpft Eiselt in die Rolle von »Angie«. Mit rotem Blazer und herabhängenden Mundwinkeln sitzt sie beim »Tag der offenen Kanzlerin« hinter ihrem Schreibtisch und hört sich beim »Bürgerdialog« etwas widerwillig die Sorgen des Volkes an.
Busenfreund Barack
Köstlich ist, als die Bundeskanzlerin mit unverkennbarer Stimme von ihrem Albtraum erzählt, in dem sie sogar zur Päpstin gewählt wird. Doch Angie träumt vielmehr davon, Prinzessin zu sein, lässt sogar das Publikum darüber abstimmen. Als es bei einer Telefonkonferenz mit Putin im Hörer knackst, begrüßt sie gelassen Busenfreund Barack, der »überraschend« auch zugeschaltet ist. Ein liebesvolles »Motherf....« lässt sie sich beim Abschied nicht nehmen.
Manche von Eiselts Pointen wirken etwas betagt, andere wiederum nehmen brandneue Themen auf – der »Burkini« ist natürlich auch dabei. Bedeutungsschwere »philosophische« Passagen über die Zeit lassen die Köpfe mancher Zuschauer rauchen: »Die Gegenwart ist ehrlich gesagt von gestern – und Auszeit ist aus«. Nachvollzierbarer ist wiederum, dass man Zeit auch beim Metzger kaufen kann: Freizeit am Stück ist allerdings ausverkauft und Auszeiten ebenfalls vergriffen. Vorrätig ist nur noch abgehangenes Klimakterium.
Schein und Sein
Komisch sind Eiselts Gedankengänge allemal. Die Welt scheint für die wandlungsfähige Kabarettistin – frei nach Schoppenhauer – eine einzige Vorstellung zu sein. Sie führt ihr Publikum mit bissigem Wortwitz durch ihren neurotischen Garten, tanzt auf der Seebühne und balanciert zwischen Schein und Sein. Nicht selten macht sie sich auch über ihre Gäste lustig: »Wie heißt eigentlich Kaff auf Englisch?«, fragt sie ungeniert die Einheimischen. Das amüsierte Publikum nimmt es nicht übel und belohnt die Künstlerin mit noch mehr Beifall.
An Selbstironie ist Eiselt ohnehin kaum zu überbieten. Zu Beginn des Abends hatte ihr Alter Ego über Weltveränderung und die Sinnlosigkeit des Kabarettisten-Daseins sinniert: »Kabarett soll die Welt verbessern helfen? Kabarett verändert nichts«, lautete ihr Fazit.