Kammerchor interpretierte vertonte Psalmen

Der Offenburger Kammerchor sang in der Mutterhauskirche in Gengenbach. ©Iris Rothe
Der Offenburger Kammerchor sang am Wochenende sowohl in Gengenbach als auch in Offenburg-Weingarten Psalm-Vertonungen aus den letzten drei Jahrhunderten.
Gesanglich für den Offenburger Kammerchor nicht immer ganz einfach, für den Zuhörer aber ein Genuss war das Konzert mit Psalm-Vertonungen am Wochenende in Gengenbach und Offenburg. Die 36 Sänger begannen, von Reinhardt Bäder schwungvoll und präzise geleitet, mit Psalm 98 »Cantate Domino« des Litauers Vitautas Miskinis (* 1954).
Sehr bewegt, beinahe im Staccato, wurden Beginn und Schluss vorgetragen, während der Mittelteil in sanftem Legato floss. Ausgewogen und dynamisch fein abgesetzt gestaltete der Chor die lateinischen Texte.
Eine Herausforderung war Max Regers »Ach Herr, strafe mich nicht« von 1913. Die manchmal quälende Chromatik und Atonalität ließ die damals drohende Weltkriegs- Katastrophe erahnen. Nur im völlig harmonischen Mittelteil spricht der Beter vom Frieden, von Gottes »Schild« und sicherer Wohnung. Er weiß zwar, dass Gott den »Weg zum Leben in Fülle« weist, aber die Wirklichkeit dieser Welt spiegelt sich in hochkomplizierten Fugen und einem atonalen Abstieg.
Dieser Stimmung setzte Dieter Benson an der Orgel eine Choralbearbeitung von Franz Lehrndorfer (1928-2013) entgegen, die von Bach inspiriert war. Sogar seine Registrierung klang barock. An Mendelssohn orientierte sich im 19. Jahrhundert der jüdische Kantor Louis Lewandowski, dessen Psalm 23 – vor Jahren sang ihn der Kammerchor in der Synagoge von Kippenheim – Viola de Galgóczy im Wechsel mit dem Chor vortrug. Alle Sänger hatten sich auf die Empore zur Orgel begeben, was einen völlig anderen Klang ergab. Hervorragend die Artikulation der Schlüsselbegriffe »Glück und Heil«.
Harren und Hoffen
Psalm 130, »Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir«, war in einer Komposition von Heinz Kaminskis (1886-1946) zu hören. Das Flehen wurde im dreimal gesteigerten »Herr« betont, Beatrix Schaub (Sopran) setzte einen Akzent auf »Harren und Hoffen«. Die »Erlösung von allen Sünden« erklang als reiner Dur-Schluss.
Mendelssohns »Drei geistliche Lieder« paraphrasieren den 13. Psalm. Chor und Orgel musizierten die gereimten Vierzeiler in einem ruhigen Dreiertakt, die »Sorgen« in der zweiten Strophe wurden von der Solistin de Galgoczy und dem Chor in einer Fuge hin und her gewälzt.
Für den 27. Psalm »Der Herr ist mein Licht und mein heil« von Karl Schmider waren zwei Trompeten (Armin Heinz, David Schmider), zwei Posaunen (Michael Fünfgeld, Andreas Rauber) und Winfried Oelbe am Orgel-Positiv gefragt. Der anwesende Komponist (* 1935 in Hausach) dankte den Musikern hernach für ihre feine Interpretation. Die sechs Sätze wurden von den Blechbläsern eingeleitet – man glaubte sich auf einem Kirchentag. Das Rezitativ erklang von der Empore, der Chor sang »aus der Tiefe«.
Die Komposition, gemäßigt neutönend, diente ganz der Text-Ausdeutung. Frei und kühn in der melodischen Erfindung, erinnerten die Stücke von Karl Otto Bäder doch an die Melismen der Gregorianik. Der Vater des Chorleiters ist vor zehn Jahren verstorben. Mit großer Eindringlichkeit musizierten Ulrich Steurer (Englischhorn) und Viola de Galgóczy seinen Psalm 126.
Hugo Distler, Edvard Grieg – mit einer norwegischen Sequenz aus dem »Hohenlied« und Eckard Bergen als Solist –, Bachs »Lobet den Herrn alle Heiden« und ein lateinischer Zungenbrecher des Brasilianers Ernani Aguiar (* 1954) zeigten noch einmal die Spannweite des Programms. Es gab reichlich Applaus von den Zuhörer und vom Chor als Zugabe Mendelssohns »Denn er hat seinen Engeln befohlen…«