Oberrheinischer Kunstpreis posthum verliehen

Klangkünstler Peter Vogel machte Kunst zum aktiven Prozess

Jutta Hagedorn
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23. Oktober 2017
Achim Vogel Muranyi (Mitte) bei der Preisverleihung. Links Oberbürgermeisterin Edith Schreiner, rechts Georg Fröhner, der Vorsitzende des Förderkreises Kunst und Kultur.

Achim Vogel Muranyi (Mitte) bei der Preisverleihung. Links Oberbürgermeisterin Edith Schreiner, rechts Georg Fröhner, der Vorsitzende des Förderkreises Kunst und Kultur. © Iris Rothe

Die Stadt Offenburg und der Förderkreis Kunst und Kultur haben gestern Peter Vogel posthum mit dem Oberrheinischen Kunstpreis geehrt. Vogel gilt als Pionier der Elektronischen Objekt-Klangkunst. Mit der Ehrung in der Reithalle wurde die Ausstellung in der Städtischen Galerie eröffnet.

Peter Vogel mit einer umfassenden Retrospektive in Offenburg zu würdigen und die vielfältigen Beziehungen seines Gesamtwerks zur Entwicklung der Elektronischen Klangkunst zu erschließen, ist uns ein großes Anliegen«, sagte Offenburgs Oberbürgermeisterin Edith Schreiner gestern in der Reithalle bei der Verleihung des Oberrheinischen Kunstpreises an Peter Vogel, den Pionier der Elektronischen Objekt-Klangkunst. Den posthum verliehenen Preis nahm stellvertretend dessen Sohn Achim Vogel Muranyi entgegen, der sich sehr bewegt bei Stadt, Förderkreis und allen Beteiligten bedankte. Der Preis sei für seinen Vater und auch ihn eine große Ehre. »Es ist bewegend, ihn so präsent zu sehen in dieser Ausstellung«, sagte Vogel Muranyi. »Er fehlt uns sehr«.
Der Preis war Vogel 2016 zuerkannt worden; eine Woche nach der Verkündung, am 8. Mai 2017, war Vogel im Alter von 80 Jahre in seinem Heimat- und Arbeitsort Freiburg gestorben.

Komplexes Werk

Eine Würdigung des Menschen und des Künstlers sowie des Gesamtwerks übernahmen Christiane Riedel, Geschäftsführerin des ZKM in Karlsruhe, sowie Kurator und Jurymitglied Franz-Bernhard Serexhe. Person und Werk seien so komplex und aufregend, dass sie sich nicht kurzfassen könne und wolle, sagte Riedel augenzwinkernd und gab in ihrer Festrede einen faszinierenden Blick in die Entwicklung der Kunstgeschichte. 

Peter Vogel, so ein Fazit der Professorin, habe Lessings Postulat, Bildende Kunst und Dichtung seien nicht vergleichbar, grundlegend widerlegt. Vogel sei es vielmehr gelungen, Zeit- und Raumkunst zusammenzuführen und Kunst damit zu erweitern. Den einst passiven Betrachter habe er zu einem mit dem Kunstwerk interagierenden Betrachter gemacht, oder, wie Serexhe es ausdrückte, zum Mit-Autor. 

»Meine Arbeiten sind auf einen aktiven Betrachter angewiesen«, hatte Peter Vogel gesagt. Denn seine Klangobjekte, Lichtreliefs und kinetischen Plastiken werden erst vollständig, wenn der Betrachter eingreift, mitspielt. Vogel gebe dem Betrachter die Möglichkeit, immer neue und andere Klangfiguren und Rhythmen zu improvisieren. Was letztendlich auch bedeute, dass Vogels Werk »offen« und nie vollendet sei. Vogel verwendete elektronische Bauteile, wie sie in der Bildenden Kunst noch unbekannt waren und entwickelte so seine elektronische Kunst, seine elektronischen Geräte zur Klangerzeugung, erinnerte Riedel. Er habe sich bewusst von der digitalen Kunst distanziert, erklärte Serexhe, da sie keine Transparenz erlaube. 

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Ständige Suche nach Neuem

Die »Expansion« der Kunst, ihre Ausweitung bezieht sich, so Serexhe, allerdings auch auf Vogels Forderung, dass Wissenschaft, Technik und Kunst zusammengeführt werden müssten, um ihrer jeweiligen Aufgabe gerecht zu werden. Der Wissenschaftler beteilige sich an der Kunst, der Künstler an den Wissenschaften. Vogel habe sich durch seine beständige Suche nach Neuem, seine Experimentierlust ausgezeichnet. Dadurch, dass er das Zusammenspiel von Mensch und Maschine ausgelotet habe. Vogel habe die Kunst zu einem aktiven Prozess gemacht zwischen Werk und Betrachter, zu einem Spiel mit allen Sinnen. Vielfach werde gefragt, so Serexhe warum Vogel in der Region so wenig bekannt sei – auch wenn er international gefeiert werde. »Peter Vogel wollte nicht auf einen Sockel.«

Georg Fröhner vom Förderkreis Kunst und Kultur riet schmunzelnd zum Schluss, die Ausstellung noch einmal zu besuchen, wenn »niemand da ist«. Denn sonst habe man den »Eindruck von vielen Orchestern gleichzeitig«.

Fein komponiert

Das Werk Vogels ist in der Tat faszinierend, wenn nicht gar magisch. Man sollte es vielleicht aber nicht nur in seiner  Dreidimensionalität betrachten, sondern auch als eindimensionales Bild. Dann offenbart sich eine weitere Ebene – die malerische. Und es wird deutlich, wie fein komponiert diese »Bilder« sind.
Ein Ausschnitt aus dem Film »Sounds of Shadows« veranschaulichte in der Feierstunde das Denken und Arbeiten Vogels. Ihm zu Ehren spielte Guillaume Chatel, ein Freund des Künstlers, das Solo-Schlagzeugstück »Rebonds A und B« von Iannis Xenais – ein Wunsch Vogels für die Preisverleihung.

Peter Vogel, Ausstellung zum Oberrheinischen Kunstpreis 2017, Städtische Galerie Offenburg, bis 4. Oktober 2018; Dienstag bis Freitag, 13-17 Uhr, Samstag und Sonntag 11-17 Uhr; Info: www.galerie-offenburg.de

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