Nachgetreten: Helene Fischer und die Liga der Paviane
In Amerika? Unmöglich! In Amsterdam? Niemals! Heutzutage werden die interessantesten Gespräche oft im Internet geführt. Anlass für heftige Diskussionen gab es nach dem skandalösen Verhalten von Fußballrowdies beim DFB-Pokalfinale. Schlagerheldin Helene Fischer (32) sollte mit einem Medley ihrer Megahits »Atemlos« und »Herzbeben« im Berliner Stadion die Fans von Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt unterhalten. Und dann das! Ein gellendes Pfeifkonzert übertönte die mächtigen Lautsprecher der schönen Blonden, weshalb die übertragende ARD zwecks hilfloser Contenance die eigenen Regler runterzog, um den Zuschauern vorm TV einen Hörsturz zu ersparen.
Das hat die Welt noch nicht gesehen, denn heute, im globalen Dorf, guckt jeder mit, egal, ob der nun in Ghana oder Gelsenkirchen wohnt. Eine Holländerin schrieb auf Facebook: »Die Holländer sind sehr tolerant, sowas wie in Berlin ginge gar nicht, ohne Hirn und Anstand. Die einzige im Stadion, die E... hatte, war Helene, professionell und saugut wie immer, jeder andere wäre beleidigt von dannen gezogen.« Nur in Deutschland wurde diese Megapeinlichkeit in den Medien auch hinterher noch mit allergrößtem Verständnis aufgenommen, garniert mit weiteren Schmähungen von Promis der C-Klasse aus dem unteren IQ-Bereich wie Oliver Pocher.
Sternstunden des Pöbels!
Der ehemalige Leiter des Berliner Archivs der Jugendkulturen Klaus Farin dürfte sich bestätigt fühlen. Schon vor Jahren hatte er vor einer Verrohung der Gesellschaft gewarnt: »Asozial ist in!« Inzwischen wird gemutmaßt, dass hinterm asozialen Lärmattentat auf die überaus erfolgreiche Schlagersängerin ein Frankfurter Wirt steckt. Er soll den Eintracht-Anhängern Freibier versprochen haben, wenn sie Helene Fischer übertönen. Die Schlagerkönigin war während des Auftritts und danach enorm souverän: »Ich muss sagen: Wette gewonnen. Glückwunsch dafür, die Wirte müssen jetzt ran!«
Wahrer Sportsgeist, über den der Sportvorstand der Eintracht nicht ansatzweise verfügt! Fredi Bobic meinte: »Das hat beim Pokalfinale nichts zu suchen, weil wir Fußball spielen, und die wahren Fans des Fußballs haben in der Halbzeitpause keine Lust auf Hollywood.« Erstens ist Bobic also kein Gentleman, der sich bei der Lady hätte entschuldigen und Größe zeigen können. Er ist also nur ein primitiver Balltreter; zweitens weiß er mangels Allgemeinbildung nicht, wo Hollywood liegt und wofür es steht.
In den USA ist übrigens musikalisch der Bär los, wenn die Red Sox beim Baseball oder die New England Patriots beim American Football antreten. Da sollte Provinzheini Bobic mal hin.
Es lohnt, noch weiteren Unsinn aus dem Weg zu räumen. Fußball und Rock ’n’ Roll waren für die Jungs aus der Unterschicht immer schon der Anreiz von ganz unten nach ganz oben zu gelangen – was Rockstars und Fußballfans wie Rod Stewart immer wieder betonten. Bekannte Musiker sind auch in Deutschland offizielle Fans ihrer Heimatvereine, wie etwa ein Wolfgang Niedecken beim 1. FC Köln.
Als Krönung aller dummen Rechtfertigungen für ein Verhalten, welches an Paviane in der Brunftzeit erinnert, muss dann last not least noch der »Schlager« herhalten. Musikkritiker des deutschen »Rolling Stone« merkten unlängst an, dass es heute mehr E-Gitarren beim Schlager als bei den Pudelmützen-Poppern der Gegenwart gäbe. Man muss die bei ihren Fans beliebte Helene Fischer nicht mögen, Musik ist Geschmacksache. Aber zwei Zigaretten und drei Bier in der Pause und dann zwei Songs an sich abperlen lassen – das wäre wirklich cool gewesen.
Das macht man nicht mit einer Lady, das war unterste Liga!