Hausacher Leselenz

Senthuran Varatharajah erzählt feinfühlig von Flucht

Jutta Hagedorn
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
08. Juni 2017
Senthuran Vanatharajah ist am Mittwoch, 12. Juli, bei der »Lesung für Alle« in der Hausacher Stadthalle zu Gast.

Senthuran Vanatharajah ist am Mittwoch, 12. Juli, bei der »Lesung für Alle« in der Hausacher Stadthalle zu Gast. ©Archiv Bachmann-Preis

Senthuran Varatharajah ist der zweite Gast des Chamisso-Preisträgers Michael Stavaric beim Hausacher Leselenz. Stavaric unterhält sich mit dem Chamisso-Förderpreis-Träger 2017 bei der »Lesung für Alle« am 12. Juli.
 

»Alter Hase trifft Newcomer« könnte man das Gespräch von Michael Stavaric mit Senthuran Varatharajah beim Hausacher Leselenz am 12. Juli salopp überschreiben. Die beiden teilen ein gemeinsames Erlebnis: Sie waren Chamisso-Förderpreisträger. Stavaric 2008, Varatharajah 2017. Doch während Michael Stavaric inzwischen der besagte »alte Hase« im Literaturbetrieb ist und gerade einen weiteren Roman – »Gotland« – veröffentlicht hat, ist Senthuran Varatharajah ein fast unbeschriebenes Blatt. 
Dennoch hat der Doktorand der Philosophie bereits für Aufsehen gesorgt. 2014 stellte er sich einer der strengsten Jurys – der beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt. In der Tasche hatte er nichts weiter als ein paar Seiten eines Manuskripts von »Vor der Zunahme der Zeichen«, seines jetzigen Debütromans. 

Lob und Kritik

Zuvor hatte Varatharajah  nichts veröffentlicht. Niemand kannte ihn. Doch er hielt die Kommentare aus, die zwischen überschwänglichem Lob und abwertender Kritik schwankten. Die einen bewunderten die sprachliche Feinfühligkeit, die ihm in Klagenfurt den 3SAT-Preis einbrachte, die anderen schmähten sie als »artifiziell« und »aufgeblasen«.
»Vor der Zunahme der   Zeichen« ist einer von vielen Flucht-Romanen, der Plot quasi eine Neuauflage von »E-Mail für dich«. Nur, dass sich die Protagonisten Senthil Vasutheran, ein Tamile, und Valmira Surroi, eine junge Frau aus dem Kosovo, diesmal über Facebook austauschen. Beide sind Flüchtlinge, beide haben den üblichen Weg eines Asylbewerbers durchlaufen und versuchen nun einen neuen Anfang in einer völlig neuen Welt. 
Die Form des Briefromans, die ohne allwissenden Erzähler auskommt, kann das, was die Protagonisten fühlen und verarbeiten müssen, unmittelbarer weitergeben. Und damit anders berühren. Etwa durch Anekdoten. 
Der Roman erzählt von Herkunft und Ankunft, von Erinnerung, die verblasst, von Erlebnissen, die mit niemandem mehr geteilt werden können. Vor allem aber von Sprache, über die man die Erinnerung bewahren könnte, die verblasst. 

- Anzeige -

Verhältnis zur Sprache

Was den 2016 erschienenen Roman auszeichnet, ist der Umgang mit Sprache. Er habe einen Text schreiben wollen, der sich wie Prosa verhalte, aber mit den Mitteln der Lyrik arbeite, erläuterte Vanatharajah. Er habe nach »unserem Verhältnis zur Sprache als Medium der Erkenntnis« fragen wollen. 
Senthuran Vanatharajah, 1984 in Jaffna im Inselstaat Sri Lanka geboren, floh mit seiner Familie in den 80er-Jahren vor dem Bürgerkrieg nach Deutschland, wo er Philosophie, Theologie und Kulturwissenschaft studierte. Er erhielt diverse Stipendien, neben dem Chamisso-Förderpreis 2017 auch den Förderpreis zum Bremer Literaturpreis und den Rauriser Literaturpreis sowie 2016 den Kranichsteiner Literaturförderpreis.

Senthuran Varatharajah, Vor der Zunahme der Zeichen, S. Fischer Verlag, 19,99 Euro.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kultur

Martina Geist zu Gast im Künstlerkreis Ortenau: "Augenlust".
vor 6 Stunden
Offenburg
Die Galerie im Artforum in Offenburg präsentiert Werke von Martina Geist. Ihre Bilder sind angesiedelt zwischen Druck, Zeichnung und Malerei.
Margret Koell und Stefan Temmingh verfügten bei ihrem Konzert über ein Instrumentarium, das über fünf Oktaven hinauswuchs.
vor 6 Stunden
Achern - Fautenbach
Mit ihren "Sound Stories" präsentierten Stefan Temmingh und Margret Koell in der Alten Kirche Fautenbach Werke aus fünf Jahrhunderten europäischer Musikgeschichte.
Dietrich Mack
vor 6 Stunden
Kulturkolumne
Musik ist nicht nur eine Himmelsmacht, sondern auch eine Macht auf Erden, die vielen Menschen hilft und einigen schadet.
Kam rockig daher: Musiker Alastair Greene beim Blues Caravan.
16.04.2024
Offenburg
Starke Stimmen und epische Gitarrenläufe: Blues Caravan in der Offenburger Reithalle mit Katarina Pejak, Eric Johanson und Alastair Greene.
Beliban zu Stolberg gastiert am Donnerstag bei "Wortspiel" und liest aus "Zweistromland".
16.04.2024
Literaturtage Wortspiel
Um die kurdische Bürgerrechtsbewegung und eine mutige Frau geht es in "Zweistromland" von Beliban zu Stolberg. Sie liest am Donnerstag, 18. April, in Offenburg in der Stadtbibliothek.
Charlotte Gneuß schaffte es mit ihrem Erstling auf die Longlist des Deutschen Buchpreises – heute liest sie in Offenburg.
15.04.2024
Literaturtage Wortspiel
Mit ihrem Romandebüt "Gittersee" hat die Autorin Charlotte Gneuß eine heftige Debatte entfacht. Zugleich erhielt sie mehrere Literaturpreise. Am Dienstagabend liest sie bei "Wortspiel" in Offenburg.
Dirigent Rolf Schilli (von links), Komponist Leonard Küßner und Musikschulleiter Peter Stöhr bei der Übergabe der Partitur von "Zeitenwende".
15.04.2024
Offenburg
Die Partitur ist übergeben: Nun probt die "Philharmonie am Forum" für die Uraufführung des Konzerts für Altsaxofon und Orchester des Komponisten Leonard Küßner am 5. Mai in Offenburg.
José F.A. Oliver.
15.04.2024
Kulturkolumne
So wie „spring“ im Englischen Frühling „m:eint“, lade ich Sie ein, hineinzuspringen – mitten in diesen Kolumnentext! In die Zeilen. Zwischen die Zeilen.
Barbara Ehrmann und Dieter Konsek stellen gemeinsam beim Kunstverein Offenburg/Mittelbaden aus. 
12.04.2024
Kunstverein Offenburg/Mittelbaden
Barbara Ehrmann zieht es ins Wasser, Dieter Konsek in den Wald. Die Bilderwelt der beiden Künstler zeigt eine gemeinsame Ausstellung beim Kunstverein Offenburg/Mittelbaden.
Die schweizerisch-österreichische Malerin Angelika Kauffmann vollendete das Ölgemälde "Klio, Muse der Geschichtsschreibung" um 1775. 
10.04.2024
Ausstellung in Basel
In der Ausstellung „Geniale Künstlerinnen“ zeigt das Kunstmuseum Basel Gemälde und Druckgrafik von Frauen von der Renaissance bis zum 18. Jahrhundert.
Hotel Rimini macht Popmusik, hält die Tür aber in alle Richtungen offen.
09.04.2024
Konzert
Das junge Sextett Hotel Rimini sucht noch nach der unverwechselbaren Handschrift. Das Konzert im Foyer der Offenburger Reithalle hatte trotzdem eine positive Resonanz des Publikums.
Der holländische Gitarrist und Songschreiber Bertolf Lentink bringt seine hochkarätige Tourband mit nach Bühl.
09.04.2024
Bluegrass-Festival
Bei der 20. Ausgabe des Bühler Bluegrass-Festivals am ersten Mai-Wochenende gibt es erstmals eine Matinee. Stargast beim Hauptkonzert ist die John Jorgenson Bluegrass Band.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Alles andere als ein Glücksspiel: die Geldanlage in Aktien. Den Beweis dafür tritt azemos in Offenburg seit mehr als 20 Jahren erfolgreich an.
    17.04.2024
    Mit den azemos-Anlagestrategien auf der sicheren Seite
    Die azemos Vermögensmanagement GmbH in Offenburg gewährt einen Einblick in die Arbeit der Analysten und die seit mehr als 20 Jahren erfolgreichen Anlagestrategien für Privat- sowie Geschäftskunden.
  • Auch das Handwerk zeigt bei der Berufsinfomesse (BIM), was es alles kann. Hier wird beispielsweise präsentiert, wie Pflaster fachmännisch verlegt wird. 
    13.04.2024
    432 Aussteller informieren bei der Berufsinfomesse Offenburg
    Die 23. Berufsinfomesse in der Messe Offenburg-Ortenau wird ein Event der Superlative. Am 19. und 20. April präsentieren 432 Aussteller Schulabsolventen und Fortbildungswilligen einen Querschnitt durch die Ortenauer Berufswelt. Rund 24.000 Besucher werden erwartet.
  • Der Frühling steht vor der Tür und die After-Work-Events starten auf dem Quartiersplatz des Offenburger Rée Carrés.
    12.04.2024
    Ab 8. Mai: Zum After Work ins Rée Carré Offenburg
    In gemütlicher Runde chillen, dazu etwas Leckeres essen und den Tag mit einem Drink ausklingen lassen? Das ist bei den After-Work-Events im Rée Carré in Offenburg möglich. Sie finden von Mai bis Oktober jeweils von 17 bis 21 Uhr auf dem Quartiersplatz statt.
  • Mit der Kraft der Sonne bringt das Unternehmen Richard Neumayer in Hausach den Stahl zum Glühen. Einige der Solarmodule befinden sich auf den Produktionshallen.
    09.04.2024
    Richard Neumayer GmbH als Klimaschutz-Pionier ausgezeichnet
    Das Hausacher Unternehmen Richard Neumayer GmbH wurde erneut für seine richtungsweisende Pionierarbeit für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die familiengeführte Stahlschmiede ist "Top Innovator 2024".