Basel

Zeitreise: Metallica live in Basel

Max Orlich
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
07. Juli 2014
Bildergalerie ansehen

(Bild 1/5) James Hetfield ist und bleibt der Mastermind von Metallica. ©Max Orlich

Gut 21 Jahre ist es her, dass Metallica zuletzt im Basler St. Jakob rockten. Am Freitag war es wieder soweit und die vier alten Herren des Metal zeigten den 40 000 Zuschauern bei ihrem Wunschkonzert, dass man auch jenseits der 50 Jahre noch ein starkes Rockbrett in den Gewitterhimmel jagen kann.

Bereits bei den ersten Akkorden von »Battery«, mit dem Metallica ihr Konzert in Basel eröffnen, ist klar: Es wird laut, druckvoll, präzise und – eine Zeitreise. Fans aus alten Tagen hoffen anfangs auf eine komplette Master of Puppets-Show, folgt nach dem Opener doch der Titelsong und anschließend noch das epische »Sanitarium«. Doch etwas gemischter ist die Setliste dann doch. Zusammengestellt hat sie nicht die Band, sondern das Publikum. Ticket-Besitzer konnte für ihre Favoriten abstimmen. »Metallica by Request« nannte sich das. Irgendwie modern. Oder doch Ausverkauf?

Hetfield wird brav

Offenbar liegt der Geschmack der Fans und der der Band wenigstens eng beisammen: Spielfreudig ackern sich Sänger und Gitarrist Hetfield, Lead-Gitarrist Kirk Hammett, Basser Robert Trujillo und Drummer Lars Ulrich durch ihr zweieinhalbstündiges Set. Hetfield gibt immer noch den klassischen Shouter, sucht den Kontakt zu den Fans, schreit, gröhlt. Doch er ist ruhiger geworden, fast ein wenig brav. Aus 1993er-Sprüchen wie »You guys sound tired to me, so you are ready to go home, fuckers« ist ein »You make us feel good, Basel« geworden. Für sein »Metallica loves you, Basel« hätte er sich damals wohl noch selbst aus der Band geworfen.

Stimmlich ist Hetfield voll auf der Höhe, kraftvoll und geradeaus wuchtet er die Lyrics in die Basler Sommernacht. Singen kann er sicherlich besser als beim letzten Besuch im Joggeli, einzig die markante Schärfe in der Stimme ist verloren gegangen. Er verausgabt sich nicht mehr so, wie zu den Zeiten, als er tendenziell volltrunken auf der Bühne stand. Gut so, denn sonst stünde er heute wohl nicht mehr dort.

Im Publikum viele Schwarzgewandete zwischen Mitte dreißig und fünfzig, aber auch einige Metalheads im Teenager-Alter sind dabei, feiern Songs wie »Creeping Death«, »Sad But True« oder »...And Justice for All«. Der Dresscode ist simpel: Band-T-Shirts mit Zombies oder Totenköpfen, idealerweise in Schweiß und Bier getränkt. Manch einer führt sogar das 1993er »Nowhere else to Roam«-Shirt nochmal aus.

Aprospos 1993: Die vom Publikum erstellte Setliste ähnelt erstaunlich der von vor 21 Jahren. Gut, damals spielte die Band noch vier Songs mehr, aber bis auf »St. Anger«, dem Cover »Whiskey in the Jar« und dem neuen Song »Lords of Summer« findet Metallica nach 1991 auch 2014 nicht statt.

- Anzeige -

Der Band scheint’s egal, vielleicht hält das ja auch jung. Hammett jagt seine Gitarren-Soli schnell wie eh und je durchs Wah-Wah-Pedal in den Nachthimmel, Basser Trujillo ist zwar unauffälliger als seine Vorgänger Newsted und Burton aber grundsolide und Drummer Ulrich spart sich die üblichen Schnitzer. So eingespielt und technisch brilliant das alles ist, manchmal kommt es etwas blutleer daher, es fehlt an Biss, an Wut. Etwas zu routiniert wirkt das Ganze, wie mit Distanz zu den eigenen über 20 Jahre alten Songs. Dazu passen die ausgefeilten Video-Animationen wie beim Kriegs-Epos »One«, die den Songs mehr Dramatik verleihen soll. Früher gab es diese Show nicht – und Metallica brauchte sie auch nicht.

Ride the Lightning

Die beste Show liefert aber ohnehin der Himmel: Zu Zeilen wie »Take a look to the sky just before you die« entlädt sich ein gewaltiges Sommergewitter, Blitze zucken über das Stadion, Regen flutet den Zuschauerraum. Die Stimmung elektrisch, der Publikums-Chor bei »Enter Sandman« gänsehaut-tauglich. Das sind die Momente, in denen man nahe dran ist am Metallica-Gefühl.

Den Abschluss bildet dann der Klassiker »Seek and Destroy«. Dass die Schweizer mitten im Song um Punkt 23 Uhr das Stadionlicht anschalten, verbucht man nach diesem Rock-Gewitter irgendwo zwischen egal und peinlich.

---

Einen Mitschnitt des Konzerts in Basel am 23.6.1993 finden Sie hier bei Youtube.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kultur

Spiel mit geometrischen Elementen: Arbeiten von Jonas Göhringer.
08.12.2023
Offenburg
Gemeinsamkeiten und Gegensätze: Armin Göhringer, seine Schwester Petra und seine Kinder Jonas und Lea stellen beim Kunstverein Offenburg-Mittelbaden aus.
Als er nicht mehr Lehrer sein wollte, hat sich Nektarios ­Vlachopoulos vom Kleinkünstler und Poetryslamer zum Kabarettisten hochgearbeitet. 
05.12.2023
Kehl
Kabarettist Nektarios Vlachopoulos hat dem Publikum der Kehler Wortreich-Reihe selbstironisch den Spiegel vorgehalten.
Grau in grau: Eine Szene aus „1984“ im Lahrer Parktheater.
04.12.2023
Lahr
Orwells düstere Dystopie „1984“ kann nicht in heutige Zeit übersetzt werden. Das wurde bei der Aufführung im Lahrer Parktheater deutlich.
Sandra Wölfel (von links) wird von Marion Simeth vertreten, Conny und Hubert Seiler, Brigitta Herzog, Christel Zorn, Toni Matousek und Marga Kern laden zur Stubenmusik ein.
04.12.2023
Achern - Oberachern
Die Gruppe „BriMaTonVocal“ begeistert ihre Fans mit alpenländischer Musik. Zusammen mit den Bühlertäler Alphornfreunden singt und musiziert sie am 9. Dezember im Kloster Erlenbad.
Dietrich Mack.
30.11.2023
Kultur
Woran soll man sich in unsicheren Zeiten halten, wenn nicht an seinen Vorurteilen? Zwischen Menschen können sie problematisch, ja zerstörerisch sein, ob in der Ehe oder zwischen ganzen Völkern. Festhalten oder Loslassen – das ist hier die Frage. Auch in der Kunst.
Ein Tänzchen in der heiligen Nacht: April Hailer und Sewan Latchinian spielten ihre Rollen als Maria und Josef hervorragend.  
30.11.2023
Offenburg
Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte: Die Putzfrau Maria und der Wachmann Josef klagen sich ihr Leid und schlüpfen dann gemeinsam unter die Bettdecke.
Tragisches Ende im Büchermeer: Charlotte (Kate Lindsey) betrauert den toten Werther (Jonathan Tetelman) bei der Opern-Aufführung im Festspielhaus Baden-Baden.
28.11.2023
Herbstfestspiele Baden-Baden
Die Oper "Werther" von Jules Massenet nach dem berühmten Werk von Goethe hat das Publikum der Herbstfestspiele Baden-Baden tief bewegt.
Der Ausnahmegeigerin Tianwa Yang war bei der Oberrhein Konzertreihe in Offenburg kein Stück zu schwer.
28.11.2023
Offenburg
Geigerin Tianwa Yang und Pianist Haiou Zhang überraschten beim Oberrheinkonzert mit ihren Interpretationen von Beethoven und Ma Sicong.
Martin Schäuble gewann den Leselenz-Preis der Thumm-Stiftung für junge Literatur. 
27.11.2023
Hausach
In Martin Schäubles Romanwelt kehren Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit in unser Leben zurück, Autokraten und Kriegstreiber werden hofiert, die Welt steht einmal mehr am Abgrund.
Der Offenburger Claudio Esposito (links)  und Kernmaan legen als "The Soulutionists" ihr gemeinsames Album "Schöpferkraft" vor.
27.11.2023
Offenburg
Hip-Hopper Claudio Esposito hat mit seinem Album "Schöpferkraft" einen Gegenentwurf zum gängigen Rap vorgelegt. Die neue Musik geht auch mit einem persönlichen Wandel einher.
Der Fotograf und Modellbauer Frank Kunert erschafft „kleine Welten“. 
24.11.2023
Offenburg
Die Städtische Galerie Offenburg präsentiert Fotografien von Frank Kunert. In der Ausstellung „Wunderland“ müssen die Kunstinteressierten genau hinschauen.
Leonard Küßner stellte sich dem Kinopublikum im Offenburger Forum vor.
24.11.2023
Offenburg
Leonard Küßner hat die Musik zu Wim Wenders Film "Anselm – Das Rauschen der Zeit" geschrieben. Im Forum-Kino plauderte er über sich und seine Arbeit.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Die Firmenleitung von Stinus (v.l.): Ferdinand Weber, Jürgen Knapp und Christian Schoenenberg. 
    06.12.2023
    "Wer gut geht, dem geht es gut" – Stinus sorgt dafür
    Gegründet im Jahr 1905 ist die Stinus Orthopädie GmbH heute zum Unternehmen mit 85 Beschäftigten an sieben Standorten angewachsen. Der klassische Komplettbetrieb wird von der fünften Generation weitergeführt.
  • Das Stadtquartier Rée Carré bietet viele verschiedene Aktionen in der Adventszeit an.
    25.11.2023
    Offenburg: Aktionen und Events im Stadtquartier
    In der Adventszeit pflegt das Rée Carré lieb gewonnene Traditionen. Das Stadtquartier erstrahlt im Lichterglanz und bietet neben Glühwein und den vertrauten vorweihnachtlichen Düften ganz besondere Events, um die besinnliche Zeit zu begehen.
  • Petro Müller, Inhaber des Autohauses Baral in Lahr (rechts), und sein Sohn Gerrit suchen noch einen Mechatroniker, um das Team zu verstärken. 
    21.11.2023
    Im Suzuki-Autohaus Baral wächst die nächste Generation heran
    Das Suzuki-Autohaus Baral in Lahr hat sich auf Kleinwagen – neu und gebraucht - spezialisiert. Inhaber Petro Müller und sein Team setzen auf Beratung und Meisterservice in der Werkstatt.
  • Sie halten die Tradition des Bierbrauens hoch im Brauwerk (von links): Der neue Betriebsleiter und Braumeister Martin Schmitt, Geschäftsführer Oliver Braun, Ulrich Nauhauser, der ausgeschiedene Betriebsleiter und Braumeister, sowie Rick Pfeffer, der neue Braumeister.
    21.11.2023
    Brauwerk Baden: Immer am Puls der Zeit
    Die alte und neue Generation der Braumeister des Brauwerks Baden bieten den Kunden neben traditioneller Braukunst auch nachhaltige Ideen und neue Trends.