Kassel

Streit um den documenta-Obelisken

dpa
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
05. März 2018
Der Obelisk von documenta-Künstler OluOguibe auf dem Königsplatz in Kassel.

Der Obelisk von documenta-Künstler OluOguibe auf dem Königsplatz in Kassel. ©dpa - Swen Pförtner

Von einem Ankauf des documenta-Kunstwerks Obelisk ist man in Kassel weit entfernt. Über einen Monat nach Beginn einer Spendenaktion seien 93 000 Euro eingegangen, sagte Susanne Völker, Kulturdezernentin der Stadt, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Vereinbart worden waren mit dem Künstler Olu Oguibe 600 000 Euro. Die Spendenbereitschaft wird durch eine Debatte gebremst, die um die Steinsäule entbrannt ist. Doch gerade deswegen sei der Obelisk ein sehr erfolgreiches Kunstwerk, erklärt Völker. Der Ankauf von documenta-Werken hat in Kassel Tradition: 16 Installationen stehen in der nordhessischen Stadt, in der alle fünf Jahre die weltweit bedeutendste Ausstellung für moderne Kunst stattfindet. Oft sind es Publikumslieblinge, die über Spenden angekauft werden. In diesem Jahr ist das anders: Die vom nigerianisch-amerikanischen Künstler Oguibe geschaffene Steinsäule spaltet die Meinungen.

«Der Obelisk wird auf inhaltlicher und ästhetischer Ebene diskutiert», sagt Völker. Einige finden die Steinsäule schlicht hässlich, andere den Standort in der Innenstadt unpassend. Auch eine Debatte um den Wert von Kunst ist entbrannt. Einen Tag nach Beginn der Sammlung schmierte eine Mann die Frage «600 000? Seid ihr blöd?» auf die Säule.

Selbst politisch ist das Kunstwerk, das sich mit Flucht beschäftigt, Gesprächsthema. Es trägt die in Deutsch, Englisch, Arabisch und Türkisch verfasste Inschrift «Ich war ein Fremdling und ihr habt mich beherbergt» aus dem Matthäus-Evangelium. Ein AfD-Politiker bezeichnete die Säule im vergangenen Jahr als «entstellte Kunst» und sorgte so für einen Eklat. «Man muss aber auch deutlich machen: Nicht jeder, der sich gegen den Obelisken ausspricht, ist Rassist», sagt die Kulturdezernentin.

- Anzeige -

Trotz oder gerade wegen der Konflikte sei der Obelisk ein gutes Kunstwerk: «Kunst, die keine Debatte auslöst, hat ihre Klasse verloren», erklärt Völker. Sie hält es für möglich, dass die Kasseler am Ende doch ihren Frieden mit dem Obelisken machen. Auch Joseph Beuys' «7000 Eichen» aus dem Jahr 1982 waren zunächst umstritten. Die Baumpflanzungen an Straßen mit Basaltstein daneben wurden als «Verschandelung» beschimpft. Heute gehören die Eichen zu Kassel. «Die Stadt ist sehr stolz darauf», sagt Völker.

«Die Inschrift des Obelisken zur Migration greift ein Problem auf, das nicht nur in Kassel, sondern auch in Deutschland und weltweit offensichtlich ist», sagt Volker Schäfer, Vorsitzender der Stiftung «7000 Eichen» in Kassel. Das Kunstwerk mahne «zu einer offenen Diskussion um gesellschaftliche, um humane Lösungen und sollte deshalb unabhängig von der Frage nach seinem Standort in Kassel bleiben». Eine Kulturstadt müsse solche Kontroversen aushalten. Die Debatte um die «7000 Eichen» habe Kassel damals gut getan.

Noch bis Ende April soll in Kassel Geld gesammelt werden. Bisher haben vor allem Privatpersonen und eine Stiftung gespendet. Auch ein Verfehlen der Ankaufsumme muss laut Völker nicht das Verschwinden des Kunstwerks aus Kassel bedeuten: «Das mit Oguibe vereinbarte Prozedere sieht vor, dass das Ergebnis offen ist.»

Weitere Artikel aus der Kategorie: Kultur

José F. A. Oliver
27.03.2024
Kulturkolumne
Einst las ich den Satz, die Zeit sei eine blinde Führerin. Übersetzt hieß das für mich nichts anderes, als dass wir diejenigen sein sollten, die diese an die Hand nehmen müssten. In einer Welt, die groß ist und klein zugleich: Die Welt ist groß. Die Welt ist klein ...
Berühmten Kollegen setzte Anna Haifisch ein Denkmal. So zeigt sie in einer Zeichnung den Karikaturisten Saul Steinberg (1914–1999) beim Kampf gegen eine Schaffenskrise.
26.03.2024
Ausstellung in Straßburg
Noch bis zum 7. April sind im Straßburger Musée Tomi Ungerer Werke der deutschen Zeichnerin Anna Haifisch zu sehen. Sie stellt Menschen gerne oft als Tiere dar und karikiert Kollegen.
Gäste im "Grand Hotel Grimm" mit unlauteren Absichten: ein Zwerg mit langem Bart, ein unscheinbarer Handlungsreisender und eine elegante junge Dame mit dem Namen Rotkäppchen.
26.03.2024
Puppenparade Ortenau
Die „Berliner Stadtmusikanten“ des Theaters Zitadelle sind in die Jahre gekommen. Mit „Grand Hotel Grimm“ boten sie bei der Puppenparade in Lahr dennoch eine erfrischende Vorstellung.
Im Mittelpunkt der Tragödie: die Schwestern Chrysothemis (Elza van den Heever, links) und Elektra ­(Nina Stemme).
26.03.2024
Festspielhaus Baden-Baden
Das archaische Thema der Oper „Elektra“ ließ das Publikum bei der Eröffnung der Osterfestspiele Baden-Baden frösteln. Umjubelt wurden Sängerin Nina Stemme und Dirigent Kirill Petrenko.
Dietrich Mack. 
26.03.2024
Kulturkolumne
„Hoffnungsglück“ hat Goethe die Aufbruchstimmung genannt, die der Frühling verbreitet..Dieses Gefühl genießt auch der Kolumnist, der verrät, warum für ihn Bach nicht nur der fünfte, sondern auch der beste Evangelist ist.
Sechshändig am Klavier: die Schwestern Alisa und Lia Benner aus Lahr und Ennco Sinner aus Kippenheim.
19.03.2024
"Jugend musiziert"
Eine Auswahl der Besten beim Landeswettbewerb in Offenburg stellte sich in der Offenburger Reithalle vor, oft begleitet von Vater, Mutter oder Geschwistern.
Harte Szene im Gemüsekrimi: Dietmar Bertram hobelt eine Gurke, um sie zum Reden zu bringen.
17.03.2024
Lahr
Ein Detektiv spielt mit Essen: Dietmar Bertram präsentierte „Hollyfood – Die Gemüsekrimis“ bei der Puppenparade Ortenau im Lahrer Schlachthof.
Am Abgrund: In "A long way down" wird über ein ernstes Thema gealbert. 
17.03.2024
Offenburg
Mit britischem Humor thematisiert die Tragikomödie „A long way down“ die Selbstmordgedanken gescheiterter Existenzen. Für die Aufführung in der Oberrheinhalle gab es viel Beifall.
Von Gier befeuert: Carsten Klemm (rechts) als Kunstfälscher Fritz Knobel und Luc Feit (links) als Skandalreporter Hermann Willié. 
17.03.2024
Lahr
Den Skandal um die angeblichen Hitlertagebücher des Kunstfälschers Kujau brachte die Landesbühne Esslingen mit „Schtonck“ auf die Bühne.
Arbeiten aus mehr als drei Jahrzehnten zeigt Karl Vollmer im Artforum.
17.03.2024
Offenburg
Karl Vollmer reflektiert das Zeitgeschehen und bezieht Position. Zwei Werke seiner Ausstellung „Wider Erwarten – Ortung“ beim Kunstverein Ortenau hat er Alexej Nawalny gewidmet.
Das Trio Van Beethoven erhielt frenetischen Schlussbeifall.
13.03.2024
Achern
Das Trio Van Beethoven eroberte am Sonntag mit Werken von drei weitgehend unbekannten Komponisten das Publikum in der Alten Kirche Fautenbach.
Mit ein bisschen Absurdität und jeder Menge Witz ließ das Theater Handgemenge seinen König auf Reisen gehen.
13.03.2024
Kehl
Das Schattenspiel um Herrn König bescherte dem Kehler Publikum einen großartigen Puppenparade-Abend

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.