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Liverpool im Beatles-Rausch

dpa
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19. Dezember 2018
Ian Doyle mit seinem «psychedelischen Taxi in John-Lennon-Farben».

Ian Doyle mit seinem «psychedelischen Taxi in John-Lennon-Farben». ©dpa - Silvia Kusidlo

Alles begann nach einem Auftritt bei einer Kirchenveranstaltung im englischen Liverpool. Damals stieg Paul McCartney in John Lennons Schülerband «The Quarrymen» ein. «Er sah aus wie Elvis, ich mochte ihn», sagte Lennon einmal.

Das Duo legte den Grundstein für eine Band der Superlative: die Beatles. Gemeinsam mit George Harrison und Ringo Starr lieferten sie Hits am Fließband, etwa vor 50 Jahren das Album «Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band». Auch 2019 feiert Liverpool die Jubiläumserfolge der Pilzköpfe.
Im kleinen Cavern Club hatten die Beatles fast 300 Auftritte. Es sei in dem Kellergewölbe dunkel gewesen und habe dort gestunken - «aber es war der großartigste Club der Welt», so eine Zeitzeugin in der Ausstellung «The Beatles Story» in Liverpool. «Der Schweiß rann buchstäblich die Wände herunter.» Die Original-Spielstätte ist zwar längst durch eine Nachbildung ersetzt worden. Aber das scheint den eingefleischten Fans egal zu sein. Als der für seine 76 Jahre erstaunlich fitte Paul McCartney im vergangenen Juli dort ein «Geheimkonzert» gab, waren seine Anhänger außer Rand und Band.

McCartney bot in der Rock'n'Roll-Location eine musikalische Zeitreise mit Hits wie «Drive My Car», «Lady Madonna» oder «Back In The U.S.S.R.». «Willkommen zu Hause!», rief ein Fan McCartney entgegen. Und der Senior antwortete locker: «Nett, dass du das sagst» - und spielte etwa zwei Dutzend Songs in der überhitzten Kellerbar.

Der Cavern Club und viele andere Erinnerungen an die Beatles sind ein Touristenmagnet in Liverpool: Einer Studie zufolge spülte das Beatles-Erbe bereits im Jahr 2014 netto etwa 82 Millionen Britische Pfund in die Kassen. Ausstellungen zu der Band, Festivals, spezielle Themen-Hotels, die den Beatles huldigen, Touren durch die Stadt: Mehr als 2300 Arbeitsplätze hängen vom Beatles-Hype in Liverpool ab - Tendenz steigend, wie die Studie damals ergab.

Die von zwei Hochschulen in Liverpool im Auftrag der Stadt erstellte Untersuchung ging von einem 15-prozentigen Wachstum pro Jahr aus. «Liverpool ist nicht nur der Geburtsort der Beatles, es ist auch ihre Wiege», sagt Mike Jones vom Institut für Popmusik der Universität Liverpool. Was die Beatles als Liverpudlians - so heißen die Einwohner der Hafenstadt - gelernt hatten, nahmen sie laut Jones mit in die weite Welt: Selbstbewusstsein und kulturelle Einflüsse.

Inzwischen kommen Menschen aus aller Welt nach Liverpool, um die Wiege der Star-Band zu bestaunen. «Vor allem die Kreuzfahrtschiffe bringen eine Menge Menschen hierher, die meisten sind Amerikaner», berichtet Ian Doyle, der Touren zu Beatles-Stätten in der Stadt anbietet. Auch Australier, Briten aus London und anderen Städten, Iren, Deutsche oder Italiener gehören zu den Touristen. Sein Fahrzeug nennt Doyle ein «psychedelisches Taxi in John-Lennon-Farben».

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Wer glaubt, die Beatles-Fans seien alle in die Jahre gekommen, der irrt. «Zwischen 16 und 68 Jahren ist alles dabei», sagt Doyle und singt und summt immer wieder zu den Beatles-Songs im Hintergrund - passend zu den Sehenswürdigkeiten. Dazu gehört auch der Song «Eleanor Rigby», der genauso heißt wie eine auf einem Friedhof der Stadt beerdigte Frau. «Das war der einzige Ort, an dem John Lennon und Paul McCartney als Schüler ungestört rauchen konnten», berichtet Doyle.

Nicht nur Liverpool lockt seit vielen Jahren Touristen auf die Spuren der Band, die ihren eigenen Beat kreierte. Spezielle Touren gibt es etwa auch in Hamburg: Dort hat die Band auf der Reeperbahn Anfang der 1960er Jahre nicht nur gespielt, sondern ist im Kiez der Seeleute, Bardamen und Huren erwachsen geworden, wie Lennon einmal sagte. Von dort kamen die Fab Four, von denen nur noch McCartney und Starr leben, übrigens mit neuen Frisuren zurück, den Pilzköpfen.

In Liverpool dürften die Kassen dank der Beatles auch 2019 kräftig klingeln. Ohnehin gibt es in jedem August ein Beatles-Festival, das Besucherscharen anlockt. «Im September wird das Album "Abbey Road" 50 Jahre alt - ich hoffe, das wird so richtig gefeiert», sagt Doyle. Die Liverpooler Philharmoniker planen gemeinsam mit der Band The Bootleg Beatles dazu sogar eine Tournee in Großbritannien.

Eine Ausstellung über Lennon und ein «weitläufiger Friedensgarten» würden im kommenden Frühjahr auf dem Areal von Strawberry Field eröffnet, sagt Jones von der Uni Liverpool. Dort gab es früher ein Waisenhaus, in dessen Nähe Lennon aufwuchs. Seine Erinnerungen daran verarbeitete er im melancholischen Song «Strawberry Fields Forever».

Und was ist 2020? 50 Jahre zuvor - also 1970 - trennten sich die Wege der Beatles. Wettbewerb untereinander und angeblich auch der Einfluss von Lennons Frau Yoko Ono, die noch heute viele Projekte in Liverpool fördert, sollen daran mit Schuld haben. «Die Auflösung ist kein Ereignis, das man feiern, sondern bedauern und beklagen sollte», meint Jones. Aber einen anderen Anlass zum Feiern sieht der Musikexperte dann doch: 1970 veröffentlichte Harrison mit «All Things Must Pass» sein erstes Solo-Album. «Es ist bis heute das am besten verkaufte Solo-Album eines Ex-Beatles», betont Jones.

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