Kabarett in Lahr

Mit Alfred Mittermeier auf der Suche nach dem Paradies

Jürgen Haberer
Lesezeit 3 Minuten
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13. Januar 2020
Scharfzüngig nahm Alfred Mittermeier Versprechungen der Religionen für ein Leben nach dem Tod aufs Korn.

Scharfzüngig nahm Alfred Mittermeier Versprechungen der Religionen für ein Leben nach dem Tod aufs Korn. ©Jürgen Haberer

Das Paradies ist ein Sehnsuchtsort ohne Garantieschein, das Leben eine einzige Aufnahmeprüfung mit zweifelhaften Erfolgsaussichten. Kabarettist Alfred Mittermeier widmete sich am Freitagabend imLahrer Stiftsschaffneikeller den Verheißungen auf ein Leben nach dem Tod.  

 Der Mann aus dem bayrischen Dorfen, der ältere Bruder des Komikers Michael Mittermeier, weiß auch nicht, ob es das Paradis wirklich gibt, wo es liegt und wie man dahinkommt. Alfred Mittermeier stellt aber unmissverständlich klar: „Ich will da rein!“. Das 2019 aufgelegte Soloprogramm „Paradies“, ein zweistündiger, immer wieder in Reimform abgleitender Parforceritt, begnügt sich nicht mit der satirischen Frage nach einem Leben vor dem Tode. 

Mittermeier hinterfragt süffisant und scharfzüngig die Verheißungen nahezu aller großen Religionen, die bereits im Kindesalter eingeimpften Benimmregeln, die einer lebenslangen Aufnahmeprüfung ohne Garantieschein gleichen. Er will wissen, wie wir es eigentlich mit dem Tod halten und mit den Wundern des Erlösers, die sich wie ein roter Faden durch das neue Testament ziehen, das zumindest in der christlichen Welt als ultimative Gebrauchsanweisung für den Weg ins Paradies gilt. 

Ein SUV rast mit 300 Stundenkilometer über die Autobahn, knallt in die Leitplanken und überschlägt sich ein dutzend Mal. Aus dem brennenden Wrack steigt ein stattlicher Mann mit wallendem Haar, hebt die Arme und teilt den gerade erst entstehenden Stau in eine Rettungsgasse für die Gaffer­ mit ihren Handys. Die Bilder des neuen Messias jagen um die Welt, heizen die religiösen Grundsatzdiskussionen an. 

Göttliche Ordnung

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Wie müssen wir uns eigentlich den jüngsten Tag vorstellen, wenn 60 Milliarden Menschen auf einmal auferstehen und entsprechend der göttlichen Ordnung den Kontingenten für den Himmel und die Hölle zugeordnet werden müssen? Ist überhaupt genügend Platz für alle und was passiert, wenn der Tod in einen Streik tritt oder gar verunglückt, seinen Job an eine Sensenfrau abgibt? Welche Rolle spielt der Nikolaus und die Drohung mit der Rute von Knecht Ruprecht, wenn es um die Benimmregeln auf dem Weg ins Paradies geht? 

Alfred Mittermeier macht es sich und seinem Publikum nicht einfach. Er klopft die Verheißungen der Religionen auf die praktischen Aspekte ab, behält dabei auch das irdische Jammertal im Auge. Gesellschaftsfragen und Politik  werden beleuchtet. Das satirische Florett richtet sich gegen all die Scharlatane, die ein Paradies auf Erden versprechen.

Und dann ist da noch der Brief einer Anwaltskanzlei, die ihm eine Millionenerbschaft verspricht, wenn er 3000 Dollar auf ihr Konto überweist. Auch hier eine Frage von Treu und Glauben. Mittermeier überweist dass Geld. Er könnte die Millionenerbschaft gut gebrauchen, wenn er am Ende doch auf dem „Highway to Hell“ landen sollte und etwas Kleingeld braucht, um den Chauffeur zu bestechen, eventuell auch den Türsteher an der Pforte zum Paradies. Ein Halleluja allein, ein paar Referenzen aus den Beichten der Kindertage reichen vielleicht nicht, wenn es um den Einlass in den ultimativen Verheißungsort geht. 

Das Publikum hat auf jeden Fall viel Spaß bei der Suche nach dem Paradies, auch wenn es am Ende der gut besuchten Vorstellung im Stiftsschaffneikeller keine neuen Informationen und Fakten erhalten hat.        

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