Quintett Azahar mit dem betörenden Klang der Orangenblüte
Nach den aromatisch-duftenden Blüten der Orangenbäume hat sich das spanische Azahar Ensemble benannt. Zum Auftakt der Oberrhein-Konzertreihe 2019/20 am Samstag bot das junge Bläserquintett in der gut gefüllten Oberrheinhalle einen meisterlichen und feurigen Hörgenuss.
So klangsinnlich der Name, so ausdrucksstark spielten auch die fünf Bläserinnen und Bläser des homogen wie sensibel agierenden Quintetts. Kennengelernt haben sich Frederic Sánchez Muñoz (Flöte), Maria Alba Carmona Tobella (Oboe), Yolanda Fernández (Klarinette), Antonio Lagares Abeal (Horn) und María José García Zamora (Fagott) im spanischen Nationalen Jugendorchester. Nach Studien bei dem Fagottisten Sergio Azzolini in Basel und nach dem Gewinn des Publikumspreises beim ARD-Wettbewerb in München 2014 startete das Bläserquintett seine internationale Karriere.
Zur zehnten Ausgabe der Oberrhein-Konzertsaison hatte das Azahar Ensemble überwiegend temperamentvolle Bearbeitungen mitgebracht. Das Repertoire zeigte sich mit dem Andalusier Turina und dem Franzosen Ravel (mütterlicherseits baskischer Abstammung) spanisch orientiert. Zunächst aber erwiesen die Musiker mit dem reizvollen „Adagio und Allegro für ein Orgelwerk in einer Uhr“ eine Reverenz an Mozart, mit dem sie den Konzertabend eröffneten. Der Großmeister hatte das kleine Stück mit seinen lebhaften und fröhlichen Tonfolgen im Winter 1790 für ein Wiener Wachsfiguren- und Kuriositätenkabinett geschrieben.
Neben den Bearbeitungen gab es mit dem Bläserquintett op. 43 des Mozart-Verehrers Carl Nielsen auch ein Original zu hören: Das einzige Kammermusikwerk für Bläser des dänischen Nationalkomponisten rückt die Persönlichkeit der fünf Instrumente auf meisterhafte Weise in den Vordergrund. Das Bläserquintett aus Spanien gab den einzelnen Stimmen genügend Raum sich vorzustellen. Die Sätze bauen sich immer wieder mit Spannung auf, um sich schließlich zu entladen. Vor allem der dritte Satz, Präludium, sticht durch reiche Variationen eines Nielsen-Chorals hervor. Hier möchten sich die Instrumente allerdings nicht überbieten. Der Ton wird vielmehr in den Dienst der gemeinsamen Sache gestellt.
Die lebendige Spielweise der im Stehen agierenden Musiker und das natürliches Miteinander im Ensemble steckt an. Das aufmerksame Publikum wartet nicht bis zum Schluss, sondern spendet nach jedem Satz Beifall. Dass im Quintett einige Musiker aus Katalonien vertreten sind, stellt man spätestens bei der Aufführung von Eduard Toldrás „Oració al maig“ (Gebet im Mai) fest.
Märchenhafter Ravel
Lautmalerisch wird es bei Maurice Ravel, der sich in seiner Musik oft mit der Welt der Kindheit beschäftigt hat. In seiner wunderbaren Suite „Ma mère l’oye (Meine Mutter, die Gans)“, ursprünglich für Klavier zu vier Händen, werden bekannte Märchen wie „Dornröschen“, „Der kleine Däumling“ oder die „Schöne und das Biest“ musikalisch umgesetzt. In diesen fünf fantastischen Impressionen aus dem Zauberreich schafften es die Azahar-Musiker die magischen Klangfarben und zerbrechlichen Strukturen wirkungsvoll wiederzugeben.
Das Beste folgte, wie so oft, zum Schluss mit „Cinco danzas gitanas“ des spanischen Komponisten Joaquín Turina in einem schlüssigen Arrangement für Bläserquintett. Maurische Einflüsse prägen hörbar die impressionistischen Instrumental-Kombinationen. Bei „Zambra“, „Sacromonte“ und „Generalife“ springt das spanische Feuer über.
Nach dem temperamentvollen Finale verlangt das Publikum nach einer Zugabe: Langanhaltender Applaus und Beifallsrufe als die letzten Töne von Astor Piazzollas berühmtem „Oblivion (Vergessen)“ verklingen. Unvergessen bleibt der betörende Klang der Orangenblüte: Azahar!