Satirische Giftpfeile
Der Krieg in der Ukraine ist präsent aber nicht das Hauptthema im Jahresrückblick des Kabarettisten Frederic Hormuth.
Kriegstreiber Putin scheint ohnehin von allen guten Geistern verlassen, taugt allenfalls dazu, das Frustpotenzial zu erhöhen. Der Mann aus Heppenheim an der Bergstraße, arbeitet sich akribisch an den Schlagzeilen und Aufregern des gerade zu Ende gegangenen Jahres ab. Er zieht satirische Giftpfeile aus dem Köcher und lässt dabei immer wieder durchblicken, wie sehr unsere Welt für ihn einem Tollhaus gleicht. Um die aufkommenden Depressionen zu bekämpfen und Haltung zu bewahren, setzt er sich zwischendurch immer wieder an den Flügel und streut einen polemisch angelegten Popsong ein.
Corona ist vorbei, es geht wieder aufwärts, das ist selbst in der schwer gebeutelten Kulturbranche zu spüren, die wie auch der Lahrer Kulturkreis wieder steigende Besucherzahlen vermeldet, ein vorsichtiges Wiedererwachen der Neugier. Frederic Hormuth, ein seit Jahren gern gesehener Gast im Lahrer Stiftsschaffneikeller, bleibt bei der Besucherresonanz nur knapp hinter dem Freiburger Lokalmatador Matthias Deutschmann zurück, der Anfang Dezember zum ersten Mal wieder für ein volles Haus gesorgt hat.
Wir haben den Angriff des Virus und die politischen Kapriolen von Karl Lauterbach überstanden, sind in der Isolation des heimischen Wohnzimmers zumindest nicht ganz verblödet. Die Aufarbeitung von 2022 setzt Frederic Hormuth trotzdem ordentlich zu. Es war ein Jahr, das neben der viel beschworenen „Zeitenwende“ viel Frustpotenzial mit sich gebracht hat. Die oft auch noch mitschwingende Absurdität macht Hormuth an der Klimadebatte fest und an der Fußballweltmeisterschaft in der Adventszeit.
Auch wenn mittlerweile die Gefahr besteht, dass wir alle bald unfreiwillig am Asphalt festkleben, die „Letzte Generation“ hat mit ihren Klebeaktionen, den Kunstattentaten mit Kartoffelbrei und Tomatensuppe Gespenster heraufbeschworen, die wir längst fast vergessen haben. Die „RAF“ ist wieder in aller Munde, der Ruf nach einem harten Durchgreifen der Staatsmacht.
Keine Rettungsgasse
Frederic Hormuth ordnet ein, wenn er daran erinnert, dass Polizei und Rettungssanitäter zum Unfallort laufen, weil es wieder einmal keine Rettungsgasse gibt, dass auf dem neuen Flughafen von Berlin auch ohne Klimaaktivisten neun Jahre lang kein einziges Flugzeug gelandet ist. Er blickt nach Katar, wo allenfalls halbherzig Position bezogen wurde, der Fußball wieder einmal bewiesen hat, dass er nahezu schmerzfrei im luftleeren Raum existieren kann. Es verkommt zu einer Anekdote am Rande, dass sich ein grüner Wirtschaftsminister für zusätzlich Gaslieferungen auch noch vor den Machthabern des Emirats verbeugen muss. Habeck schlägt sich trotzdem ganz ordentlich, wenn man bedenkt, dass es bisher gerade einmal drei Wirtschaftsfachleute an die Spitze des Ministeriums geschafft haben und einer davon vor allem für seine eher schlüpfrigen Herrenwitze berühmt war.
Hormuth streift vieles am Rande. Friedrich Merz, die politischen Ausdünstungen der CSU, das Ende der Doppelherrschaft im Vatikan und eine Energiepolitik, die Kernkraftwerke plötzlich als nachhaltig einstuft, die Wälder Europas zur Verbrennung in alten Kohlekraftwerken freigibt. Putin und der Krieg in der Ukraine werden nach der Pause doch noch zum Thema, das in Deutschland immer wieder reflexartig aufkommende Verständnis für die russischen Befindlichkeiten, das sich dann in offenen Briefen ausdrückt, dem von Sahra Wagenknecht verkörperten Schulterschluss über die politische Mitte hinweg.
Vom Thema „Meinungskorridor“ zur „kulturellen Aneignung“ ist es nicht all zu weit. Winnetou mag deutsches Kulturgut sein, die Bücher von Karl May haben Frederic Hormuth trotzdem schon als Teenager gelangweilt. Zum Abschluss gibt es dann noch eine Schlagerpersiflage und ein Hinweis auf den nächsten Jahresblick mit der „Schlachtplatte“, am 5. Februar im Lahrer Parktheater.