Konzert: die Kooks in Ludwigsburg

Schnörkelloser Britpoprock

Jan Ulrich Welke
Lesezeit 4 Minuten
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07. Februar 2023
Der Kooks-Sänger Luke Pritchard

Der Kooks-Sänger Luke Pritchard ©Foto: Imago// Quinet

Die britische Indierockband The Kooks hat am Montagabend in Ludwigsburg ein Konzert gegeben. 2500 Besucher schauten zu – und bewunderten einen retrospektiven Stillstand.

Was zuerst da war, die Henne oder das Ei? Man weiß es nicht. Gut indes erinnert man sich noch an eines der vormals ehernen Gesetze des Unterhaltungsmusikgeschäfts, das da lautete: erst kommt das neue Album, darauf folgt die Tournee, um es vorzustellen, anschließend wird ein wenig gerastet, alsbald verlautet, dass an ersten neuen Songs geschrieben wird, ehe es dann wieder ins Studio geht, um das neue Album einzuspielen und den Kreislauf von neuem in Gang zu setzen. Doch da der Popmusik unserer Tage nicht zuletzt auch die Gewissheiten verloren gegangen sind, wollten die Kooks im vergangenen Frühjahr auf Tour gehen, drei Monate bevor im Sommer danach dann ihr aktuelles Album „10 Tracks to Echo in the Dark“ erscheinen sollte und tatsächlich auch erschienen ist; was allerdings ohnehin egal war, denn zunächst wurden die Tourpläne coronabedingt durchkreuzt, ehe sie nun an diesem Montagabend hierzulande auf der Bühne standen, um sechs Jahre nach ihrer ersten Best-of-Tournee jetzt die Tournee zum fünfzehnten Jubiläum ihres Debütalbums zu spielen.

Mal wieder ein volles Konzert

2500 Besucher sind gekommen, und zwar in jene Ludwigsburger Mehrzweckhalle namens MHP Arena, die immer dann herzuhalten hat, wenn der Umstand camoufliert werden muss, dass die sechstgrößte Stadt der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt seit nunmehr sechzehn Jahren keine Konzerthalle mit einem Fassungsvermögen von rund dreitausend Besuchern aufzuweisen hat – weil in ihr lieber über eine Opernsanierung für mindestens eine Milliarde Euro sowie die groteske Idee eines elitären Zirkus debattiert wird, neben der Liederhalle eine zweite Liederhalle mit zwei identisch großen Sälen zu errichten. Statt endlich darüber nachzudenken, neben der Schleyerhalle und der Porsche-Arena oder dazwischen oder sonst wo eben jene mittelgroße Halle endlich neu zu errichten.

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Erklärbar wird der ansehnliche Zuschauerzustrom allerdings dadurch, dass derzeit Schmalhans den Kochlöffel im Hexenkessel der Freunde jener Unterspielart der Popmusik rührt, die man als „Indie“ oder „Alternative“ bezeichnet, sprich: dass das Angebot interessanter und/oder relevanter Konzerte aus diesem Genre in der Region Stuttgart derzeit gelinde gesagt sehr überschaubar ist. Auch so gesehen sind 2500 Besucher also eine sehr formidable Besuchermenge für ein Konzert des britischen Quartetts, das in seinem nur knappe 85 Minuten währenden Auftritt nichts falsch macht, sondern den Jubiläumsanlass dahingehend auskostet, dass die vier Herren ihr Debütalbum nahezu komplett Revue passieren lassen, garniert mit drei Songs vom „neuen“ Album und ein wenig Beifang aus ihren anderen vier Alben. Das alles macht Laune und tut auch nicht weh, einerseits weil die vier Herren tatsächlich in Brighton auch einmal eine Musikhochschule von innen gesehen haben und somit über instrumentales Können verfügen, das sie in stets funktionierenden Dreiminütern umzusetzen vermögen. Bei dem man angesichts der in allen Belangen allzu artigen Darreichung jedoch viel vom genialen Songwriting (Radiohead/Blur), exaltiertem Gestus (Babyshambles/Oasis), griffigen Hooklines (Arctic Monkeys, Blood Red Shoes aus Brighton!) oder politischem Impetus (Young Fathers) anderer britischer Indie-Zeitgenossen vermisst.

Ambivalenz allerorten

So gesehen läuft man froh aus der Halle im Bewusstsein hinaus, endlich mal wieder schöne, wenngleich bei weitem nicht herausstechende Livemusik gehört zu haben. Und versucht sich umgekehrt ins Bewusstsein zu rufen, wo die Fortentwicklung gegenüber den letzten zwei Konzerten dieser Band zu sehen ist, die zuletzt im kleinen LKA und in der großen Porsche-Arena gastierte – die also auch diesbezüglich ihren Platz noch so ganz und gar nicht gefunden zu haben scheint.

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