Visionärin Hildegard von Bingen faszinierte das Publikum
Das Schauspiel „Hildegard von Bingen – Die Visionärin“ zog am Freitagabend die Besucher in der sehr gut besuchten Stadthalle in ihren Bann. Die Biografie verschmolz mit Live-Musik, Video-Projektionen und Choreografien sowie erstklassigen Schauspielern zu einem großartigen Ganzen.
Hildegard von Bingen ist heute vor allem als Pionierin der Kräuterheilkunde bekannt. Das knapp zweieinhalbstündige Stück von Susanne Felicitas Wolf erzählte die prägenden Episoden aus dem Leben dieser ungewöhnlichen Frau. Sie wurde vor 920 Jahren als zehntes Kind einer adeligen Familie geboren. Ihre Voraussagen machten ihrem Umfeld Angst. Daher wurde sie früh ins Kloster geschickt, wo sie sehr viel lernte und bald Magistra wurde. Von einer „Stimme im Himmel“ wurde ihr aufgetragen, ihr Gesehenes aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Als Sprachrohr Gottes erlangte sie sogar das Wohlwollen von Abt Bernhard von Clairvaux.
Widerstand gegen Kloster
Ihre Visionen und Schriften machten Hildegard von Bingen zu einer der bedeutendsten geistlichen Figuren des Mittelalters. Doch ihr „göttlicher Auftrag“, auf dem Rupertsberg ein eigenes Frauenkloster zu bauen, rief zunächst massiven Widerstand hervor. 1150 zog Hildegard mit ihren Mitschwestern dort ein.
Die Lage des Rupertsberges am Rhein lag näher an den Kommunikationswegen, was Hildegard nutzte. 390 Briefe mit vielen Größen ihrer Zeit sind von ihr überliefert, daneben hatte die mündliche Kommunikation eine hohe Bedeutung. Hildegard unternahm vier Predigtreisen, was in der damaligen Zeit für eine Frau eigentlich ein unmögliches Unterfangen war. Ihre Autorität bezog sie daraus, dass sie nicht als Frau, sondern als Prophetin Gottes, als seine „Posaune“, sprach. Am 17. September 1179 starb Hildegard mit 81 Jahren. Obwohl man schon früh von der „Heiligen Hildegard“ sprach und schon 1228 päpstliche Untersuchungen eingeleitet wurden, wurde sie erst am 10. Mai 2012 unter Papst Benedikt XVI im Katalog der Heiligen eingetragen.
Es war ein überwältigendes Gastspiel der Theaterlust München, inszeniert von Thomas Luft. Anja Klawun meisterte in der Rolle der Hildegard den schauspielerischen Kraftakt mit durchgehender Bühnenpräsenz mit Bravour. Viele Originalzitate, die heute aktueller denn je sind, regten zum Nachdenken an. Der Schauwert des Stücks ist aufgrund fein inszenierter Choreografien, schön illuminierter Stimmungen, dem Spiel mit Licht und Schatten und seiner Symbolik sehr hoch.
Inszeniert wurde das Schauspiel von Thomas Luft. Bei der Beschäftigung mit der Titelfigur stellte er fest, „dass man mit Hildegard von Bingen weit mehr zu verbinden hat als nur Tees, Kräuter und Kekse“. Dies sei nämlich nur die gewerblich genutzte und zum Label gewordene Hildegard von Bingen. Aber dass sie eine der größten geistigen Instanzen des hohen Mittelalters war und welch umfassendes Werk sich mit Hildegard von Bingen verbindet, wisse man oft nur vom Hörensagen. Wäre es gelungen, etwas mehr nach dem Bewusstsein Hildegard von Bingen zu leben, hätte man sich schon vor 40 Jahren Gedanken über alternative Antriebe gemacht, ist sich der Regisseur sicher.
Eine weitere Vorstellung des Schauspiels ist am Mittwoch, 20. November, 20 Uhr, im Bürgerhaus Neuer Markt in Bühl zu sehen.
Weitere Vorstellung
Eine weitere Vorstellung des Schauspiels „Hildegard von Bingen – Die Visionärin“ ist am Mittwoch, 20. November, 20 Uhr, im Bürgerhaus Neuer Markt in Bühl zu sehen.