Wenn Meisterhände spielen
Lebhaft feierten die zahlreichen Besucher das Artis Gitarren-Duo mit Julia und Christian Zielinski, die Werke aus drei Jahrhunderten von Johann Sebastian Bach bis zum noch lebenden Dusan Bogdánovic interpretierten. Überaus verschiedenartig waren nicht nur die Epochenstile, sondern auch die Darbietungsweisen der Werke.
Nach dem Beginn mit dem konventionellen „Grand Duo Concertant“ von Antoine de Lhoyer erklang die Version des Andante Cantabile aus dem Streichquartett A-Dur (opus 18) von Beethoven. Es handelt sich um einen auch bei Laienspielern beliebten Satz, weil er ein wunderschönes liedhaftes Thema fünffach variiert. Das leise Verklingen wurde im Solo von Julia Zielinski, mit Vibrato auf der letzten langen Note, eindrucksvoll gestaltet.
Nur in Fachkreisen bekannt ist Caspar Joseph Mertz (1806-56). Von ihm hatte das Duo vier Sätze mit diversen Gefühlsinhalten ausgewählt: „Barcarolle“ malt, von romantischen Harmonien umschwebt, die Wellenbewegung auf dem Wasser nach. „Unruhe“ vergegenwärtigt mit nervösen Synkopen das labile Gefühl, das sich im Mittelteil nur scheinbar besänftigt. „Ständchen“ verführt das Ohr mit schmeichelnd-melodiösen Wendungen.
Ideale Raum-Akustik
Welch ideale Resonanz die Fautenbacher Raum-Akustik bietet, genoss man bei „Tarantella“, dem aufrauschenden schnellen sizilianischen Paartanz. Das Duo, das nach der ersten der zwei Konzertstunden bereits Tausende von Noten auswendig dargeboten hatte, wurde schon da mit Applaus in die Pause begleitet.
Auch im zweiten Teil sah man kein Notenmaterial. Zum Verständnis der Werke half das Duo mit improvisierten Kommentaren. Die Mittelmeer-Länder gelten als Heimat der Gitarre. Mario Castelnuovo-Tedesco, der sich 1932, vor den Faschisten flüchtend, in den USA durchschlagen musste, dort 200 Filmmusiken für die MGM-Studios komponierte, war auch ein Freund der spanischen Gitarren-Legende Andrés Segovia. Er gedachte mit einer „Fuga Elegiaca“ wohl seiner Flucht: Aus zwölf Saiten schwillt ein Crescendo an, das in eine echte Fuge mündet. Wie mag er an Italien zurückgedacht haben, als er „Die Wohltemperierten Gitarren“ schrieb? Daraus spielte das Duo eine Nummer in Moll, eine fröhlich-kapriziöse in Dur.
Wahre Experimente der noch jungen und schon mit Preisen und Lob überschütteten Gitarristen begleiten ihre Tourneen. Wer würde moderne Opernmusik in Gitarrenklängen darbieten? Das geschah mit einer Auswahl aus „Minette“ von Hans Werner Henze. Dessen Zeitgenosse Jean-Yves Daniel Lesur ist der Autor von „Elegie“; sie beginnt mit einem lang ausgehaltenen Einzelton H, der bald zu einem Andante bewegt wird, während ihn die zweite Gitarre mezzopiano mit tieferen Sechzehntel-Arpeggien einhüllt. Welche akustischen Feinstrukturen!
Das letzte Werk machte klar, wie umfassend Gitarren auch für Percussion taugen, wenn sie von Meisterhänden synchron bedient werden. Die kühn und kompliziert gebaute „Sonata Fantasia“ von Dusan Bogdánovic riss nach dem fetzigen Schlussakkord die Zuhörer zum Beifallssturm hin.
Indes wirkte die Zugabe wie eine Loslösung aus Zeit und Raum: ein schlichtes Capriccio des noch ganz jungen Johann Sebastian Bach, die musikalische Bitte an seinen Bruder, das Elternhaus nicht zu verlassen.
INFO: Im Rundfunksender SWR 2 ist am 13. März um 13.05 Uhr eine Aufzeichnung des Konzerts in der Alten Kirche Fautenbach zu hören.