60. Christbaum auf Blosenkopf leuchtet über dem Achertal
»Der Christbaum bei der Blosenkopf-Kapelle ist eine Tradition unserer Väter, die setzen wir gerne als Erbe der Elf-Uhr-Messe fort.« Für Robert Fischer und andere aus den Kappler Gewannen Steinebach und Bernhardshöf ist es Ehrensache, im Advent zum 60. Mal einen Christbaum aufzustellen.
Bei der Einfahrt ins Achertal ist der hell leuchtende Christbaum am Blosenkopf schon von weitem zu sehen. Mit der dortigen Kapelle ist er auch eine Aufforderung zum Frieden. Als die jungen Männer Otto Hund, Wilhelm Maier und Richard Schneider überglücklich aus dem Krieg in die Heimat zurückkehrten, fassten sie mit ihren Familien aus den Bernhardshöfen und dem Steinebach den Beschluss, im Gedenken an die Millionen Tote der Weltkriege eine Kapelle zu bauen.
1955 wurde der Grundstein für die Kapelle gelegt. Es waren vor allem Männer aus der sogenannten »Elf-Uhr-Messe«, die nach der sonntäglichen Messe in der Pfarrkirche im Gasthaus Rössel tagte und aus der sich viele gute Ideen entwickelten. Unter den Erbauern der Kapelle war neben Albert Sutterer, Nikolaus Maier, Karl Köninger und Manfred Klumpp auch Richard Fischer, Vater von Robert Fischer.
Abgemagert zurück
»Als mein Vater nach acht Jahren Krieg und Gefangenschaft aus Russland heimkehrte, erkannten ihn die Eltern nicht mehr, so abgemagert war er«, erzählt Robert Fischer, der das Christbaumstellen leitete. »Wir sind mit den Eltern in das Baumstellen hinein gewachsen und führen es gerne fort«, sagt Robert Fischer, der zum 60. Jubiläum einen besonders schönen, zwölf Meter hohen Baum aus dem Gemeindewald beim legendären Tanzplatz nahe der Kapelle schlagen durfte.
In Bernhardshöf und Steinebach wird das Gedenken an die Weltkriege von Generation zu Generation weiter gegeben. So waren der Sohn von Karl Köninger, Hubert Köninger, und der Enkel Philipp beim Christbaumstellen dabei.
Jeden Sonntag läuten
Als mit dem Pfingstsonntag, 20. Mai 1956, der große Festtag nahte, machten sich mehr als 1000 Menschen auf zum Blosenkopf, um die Weihe des Kleinods durch Dekan Hugo Gehrig mitzuerleben. Weithin war die Glocke zu hören, die Regina und Karl Hund stifteten, noch heute erklingt sie jeden Sonntag um 6 Uhr dank des außergewöhnlichen Dienstes von Christoph Lettner von den Berhardshöfen (wir berichteten). »Möge diese Gnadenstätte Krieg, Not und Elend fernhalten, und unserer Heimat eine immerwährende Beschützerin des Friedens sein«, steht auf der Urkunde im Grundstein.
Das halbe Dorf baute mit
Der Herbst 1955 war mild und die Arbeit auf dem Blosenkopf ging zügig voran, bis sich im Februar ein Kälteeinbruch mit Temperaturen von minus 25 Grad einstellte. Vier Wochen ruhte der Bau und die Winzer machten sich große Sorgen, denn ihre Reben wurden durch das eiskalte Wetter arg geschädigt.
Am 17. März 1956 stand der Rohbau der Kapelle, Richtfest wurde im »Adler« gefeiert. Die Rössel-Brauerei spendierte 75 Liter Bier, Sonnenwirt Friedrich Ebler, Metzger Arthur Nuss und Bäcker Alfred Dürr sorgten kostenlos für das leibliche Wohl der fleißigen Leute.
Die Muttergottes-Statue, die Säulen und Gedenktafeln mit den Namen der Gefallenen schnitzte Bernhard Schneider. Zur Deckung der Baukosten (3443 Mark) wurde in Bernhardshöf und Steinebach gesammelt. Von 76 Spendern, darunter 13 aus anderen Ortsteilen, gingen 2341 Mark ein. Das Bauholz wurde von den Familien gestiftet, Sandsteine vom Kniebis spendete das Forstamt Ottenhöfen. Auch Maurer, Zimmerer, Gipser, Blechner und Schreiner steuerten etwas bei.sp