Acherner Gymnasiasten stellen ihre Kursarbeiten vor
Was wird eigentlich in einem Seminarkurs an einem Gymnasium gelehrt und gelernt? Seminarkurse sind nicht bestimmten Fachbereichen zugeordnet und es gibt für sie keine spezifischen Lehrpläne. Stattdessen stellt sich jeder Seminarkurs selbst unter ein Thema wie »Kindheit und Jugend«. Am Dienstagabend gewann ein interessiertes Publikum im Illenau-Arkaden-Museum einen Eindruck von der Vielfalt der Seminarkurse am Gymnasium Achern, denn vier Schüler referierten in Form einer Ringvorlesung über ihre Themen. Jeder, der einen Seminarkurs in der Kursstufe eins wählt, sucht sich sein Jahresthema, schreibt darüber eine wissenschaftliche Kursarbeit und stellt sich am Ende des Schuljahres in einem Kolloquium einer mündlichen Prüfung.
Sozialkritisches Thema
»Zwangsheiraten in Afghanistan – Menschenhandel oder Existenzsicherung« stellte Hannah Birner als Thema aus dem Seminarkurs »Kindheit und Jugend« vor. Sie machte deutlich, wie aussichtslos für 80 Prozent der afghanischen Mädchen die Hoffnung auf Schule und Bildung sei, weil sie mit zwölf bis 16 Jahren verheiratet würden, um der Familie einen Brautpreis einzubringen. Hannah Birner verurteilte nicht, sondern schilderte sachlich die Verhältnisse in Afghanistan und sah eine Verbesserung für die afghanischen Mädchen nur gegeben durch die Änderung der Verhältnisse.
Aus dem Seminarkurs »Aufbruch in die Moderne« referierte Felix Lander; er befasste sich mit der Rolle der neuen Medien im Wahlkampf. Dominic Kist aus dem Seminarkurs »James Bond – geschüttelt, nicht gerührt« gelang es sehr anschaulich, an Filmausschnitten zu vermitteln, wie sich in den James Bond-Filmen bis zum Ende des Kalten Krieges jede Menge Klischees von Ost und West widerspiegeln und wie die Bond-Thematik mit den 90er Jahren übergeht zur Thematik des Terrorismus.
In englischer Sprache referierte Victoria Brohl. Sie hatte sich im Seminarkurs »Complexity and diversity of human existence« mit dem Thema »Street Art« auseinandergesetzt und zeigte exemplarisch, inwiefern Straßenkunst ein Spiegelbild der Erscheinungen und Probleme der modernen westlichen Welt ist.
Flüchtlinge interviewt
Das Gymnasium hat auch eine Illenau-AG, aus ihr referierten Jule Steinert und Lion Gronmeyer über die Fluchterlebnisse dreier Jugendlicher aus Gambia, Eritrea und Afghanistan. Dafür hatten sie die inzwischen in Achern wohnenden 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen interviewt und trugen vor, welche Odyssee diese hinter sich haben und welchen Gefahren die Jugendlichen ausgesetzt waren, angefangen von der Skrupellosigkeit der Schleuser und auch mancher südosteuropäischer Zöllner über Überfälle bis zur Bedrohung von Leib und Leben. »Wir finden es unglaublich, was die gleichaltrigen Jugendlichen in ihrem jungen Leben schon alles über sich ergehen lassen mussten und wie sie die furchtbaren Fluchterlebnisse gemeistert haben. Wir wünschen ihnen von Herzen, dass sie ihr Leben nun in Frieden neu beginnen können«, lautete das Fazit der beiden Schüler.
»Wir konnten an diesen Vorträgen sehen, was für Leistungen Schülerinnen und Schüler vollbringen, wenn sie für eine Sache brennen«, lobte Schulleiter Stefan Weih am Ende der Ringvorlesung die Referenten.
Der Beifall des Publikums bestätigte seine Worte.